Ich habe wiederum einige Tage damit verbracht, Material zum Thema „Systemtheorie und Webkommunikation“ zu suchen. Man findet – jedenfalls im Web – überraschend wenig. Ob das damit zu tun hat, dass die große Zeit der Systemtheorie tatsächlich vorbei ist? Oder ob der universitäre Diskurs der Systemtheorie und die Diskursformen im Web letztlich nicht kompatibel sind? (Vielleicht muss man, um vom Web her einen produktiven Zugang zur Systemtheorie zu bekommen, „von unten“ kommen, also zum Beispiel von der Beschreibung von Webpublikationen oder aus Gebieten wie der Theorie des Programmierens und der Social Software.) Erste Überlegungen zum Thema „Web Publishing und Systemtheorie“ möchte ich in diesem Eintrag publizieren. Er befindet sich in einem „Prä-Alpha“-Stadium; ich möchte, in den kommenden Wochen an ihm weiterzuschreiben. Ich hoffe, dass Leser auf diesen Text stoßen, die mit weiterhelfen können – auch wenn sie mir zeigen, dass ich einen Holzweg eingeschlagen habe.

Anmerkung: Dieser Text wird aktualisiert; die folgende Version stammt vom 20. 10. 2006 27.11.2006.

(Unkorrigierte Version mit Formatierfehlern)

Rekursive Kommunikation in Webpublikationen

Vorüberlegungen für ein Forschungskonzept


Abstract

Webpublikationen und Webkommunikation lassen sich nur sehr rudimentär
beschreiben, wenn man sie lediglich als Mittel begreift,
mit dem sich Ziele erreichen lassen, die es auch ohne
Webkommunikation geben könnte und die sich auch auf anderen Wegen,
z.B. mit den herkömmlichen Medien verwirklichen ließen. Das Web ist
nicht nur ein neues Kommunikationsinstrument, sondern ein Raum, in dem sich Kommunikation neu organisiert, so wie sich Kommunikation (und damit die Gesellschaft) früher durch den Buchdruck oder
die Schrift radikal
verändert hat.

In diesem Text beschäftige ich mich mit Möglichkeiten,
Webpublikationen soziologisch und kommunikationstheoretisch zu
untersuchen. Es handelt sich um theoretische Vorüberlegungen für die
angewandte Forschung an dem geplanten Master-Studiengang „Web
Content“ (Arbeitstitel) der FH Joanneum.

Ich suche nach Begriffen, mit denen sich die Kommunikation im
Web auf einer sozialen, nicht auf einer technischen Ebene
beschreiben lässt. Diese Begriffe müssen einerseits dem Web in
seiner technischen Seite gerecht werden. Andererseits soll sich mit ihnen
herausarbeiten lassen, was Webkommunikation von anderen Formen der
Kommunikation unterscheidet.

In diesem Text gehe ich vor allem auf die
Beobachtbarkeit“ und die
Anschlussfähigkeit“ von Kommunikation im Web ein. Ich
verstehe diese Begriffe in der im weitesten Sinn systemtheoretischen Tradition in
der Sozialwissenschaft an, für die der Gegenstand der
Soziologie aus „Kommunikationen“ besteht.

Ich befinde mich damit in einem frühen Stadium eines
work-in-progress„. Ich beanspruche nicht, Elemente
einer Theorie des Web Publishing vorzulegen oder
Forschungsergebnisse zu umreißen, die durch eine solche Theorie
ermöglicht werden. Ich möchte nur eine Forschungsperspektive zur
Diskussion vorschlagen[1].

Einleitend stelle ich kurz relevante Aspekte des
systemtheoretischen Verständnisses von Kommunikation dar. Danach beschäftige ich mich mit den besonderen Möglichkeiten der Beobachtung und der Anschlussfähigkeit von Kommunikationen im Web. Schließlich interpretiere ich Weblogs und Wikis als Publikationsformen, die diese Möglichkeiten in einer spezifischen Weise realisieren: Weblogs sind eine webspezifische Form des Anschlusses von Kommunikationen an Mitteilungen, Wikis eine webspezifische Form des Anschlusses von Kommunikationen an Informationen. Beide Formen ermöglichen es, dass potentiell unbegrenzt
weitere Kommunikationen an die vorhandenen Kommunikationen
anschließen können und mit denselben Mitteln beobachtet werden
können wie diese. Sie können damit eigene kommunikative Systeme oder Subsysteme bilden,
die sich auf sich selbst beziehen können und zugleich offen
sind.

Ich gehe in diesem Text nicht darauf ein, in welchem
Verhältnis Publikationsformen wie Weblogs und Wikis zur
Kommunikation in Open Source-Communities
stehen. Hier geht es in erster Linie um Begriffen mit denen sich
Webkommunikation allgemein beschreiben lässt. Es liegt nahe, auch die
Kommunikation im Open-Source-Zusammenhang — Kommunikation auf
dem „Basar“ statt in der „Kathedrale[2]
— als eine Kommunikation zu verstehen, welche die spezifischen
Chancen der Beobachtbarkeit und Anschlussfähigkeit im Web ausschöpft.

Kommunikationstheoretische Vorüberlegungen

Weder kann man von der Systemtheorie
noch von dem Kommunikationsbegriff der
Systemtheorie sprechen. Ich verwende den Begriff
Systemtheorie“ für eine Theorietradition, der sich
Heinz von Foerster, Niklas Luhmann, Dirk Baecker (neben vielen
anderen Autoren) zuordnen lassen. In der Weise, wie sie
Kommunikation beschreiben, knüpfen sie an Gerhard Ruesch und
Gregory Bateson[3] an. Der Begriff der
Kommunikation spielt in dieser Tradition eine zentrale Rolle; so
bilden für Niklas Luhmann „Kommunikationen“ den
Gegenstand der Soziologie. Doch erst Dirk Baecker hat in einer
Buchveröffentlichung 2005[4] explizit eine
systemtheoretische Theorie der Kommunikation vorgelegt. Er ordnet
seine Arbeit einer

Tradition soziologischer
Kommunikationstheorien zu, die die Möglichkeit der Kommunikation
weder in den Intentionen der beteiligten Individuen noch in
sonstwie bereits gegebenen Regelstrukturen verankert, sondern für
diese Möglichkeit aussschließlich die Rekursivität der
Kommunikation selber verantwortlich macht und sowohl Intentionen
wie auch Regeln als Strukturen dieser Rekursivität
begreift.

[5][6]

In dieser systemtheoretischen Tradition ermöglicht die
Rekursivität von Kommunikation deren Selbsterzeugung oder
Autopoiesis„: Kommunikation greift immer wieder auf
Kommunikation zurück, um als Kommunikation zu
funktionieren. (Autopoetische Systeme „sind Systeme, die
nicht nur ihre Strukturen, sondern auch die Elemente, aus denen
sie bestehen, im Netzwerk eben dieser Elemente selbst
erzeugen[7]
„. Da Kommunikation sich selbst
zirkulär voraussetzt, kann man sie nicht nur als Kombination
einfacher“ oder „elementarer
Bestandteile beschreiben: Kommunikation bildet eine eigene
Realitätsebene. Sie lässt sich nicht auf eine Ansammlung von
Elementen (z.B. Sender, Kanal und Empfänger) reduzieren, die
zusammengenommen etwas wie Kommunikation ergäben, sondern sie
erzeugt ihre Elemente, indem sie sich auf sich selbst bezieht und
zugleich von ihrer Umwelt unterscheidet. („Sender
und „Empfänger„, die oft zusammen mit einem
Kanal“ als Elemente von Kommunikation angesehen
werden, benötigen Kommunikation, um senden oder empfangen zu
können. Kommunikation lässt sich nur auf die Interaktion eines
Senders und eines Empfängers reduzieren, wenn man sie bereits
voraussetzt.)

Von Systemen wie
dem Leben oder dem Bewusstsein unterscheidet sich die Kommunikation durch durch eine für sie spezifische Operation oder Form und durch spezifische Voraussetzungen.

Die spezifische Operation der
Kommunikation
beschreibt Luhmann[8] als eine Einheit aus
drei aufeinander verweisenden Selektionen: Information, Mitteilung
und Verstehen[9]. Kommunikation spielt sich nur ab, wo sie verstanden
wird. Wer eine Kommunikation versteht, unterscheidet zwischen
einer Mitteilung und der
Information, die sie übermittelt. Verstanden
wird eine Mitteilung dabei immer in einem Kontext, der bei den an
einer Kommunikation Beteiligten nie derselbe ist. Das Verstehen
von Kommunikation ist ein Bestandteil der Kommunikation, auf
den sich weitere Kommunikationen, z.B. die Annahme oder Ablehnung
einer Kommunikation[10], beziehen. Durch Kommunikation verändert
sich der Zustand des gesamten Systems der an der Kommunikation
Beteiligten; deshalb reicht es nicht aus, Kommunikation einfach
als „Übertragung“ von Informationen von einem Sender
auf einen Empfänger zu begreifen. Nur über die Beschreibung des
Empfängers — die Beobachtung des Empfängers, der den Sender
beobachtet und zwischen diesem und einer Mitteilung unterscheidet
— lässt sich Kommunikation als Einheit beobachten.

Voraussetzung für
Kommunikation
sind damit Beobachter, die sich wechselseitig
beobachten. Ohne beobachtende Systeme, die ihr Beobachten selbst
beobachten können, ist Kommunikation nicht möglich. (Das Konzept
der Beobachtung des Beobachters ist der Ausgangspunkt für die
Kybernetik zweiter Ordnung„, die von Bateson, von
Foerster und anderen seit den späten 40er Jahren des letzten
Jahrhunderts entwickelt wurde. Sie thematisiert Systeme, deren
Selbstorganisation sich nur beschreiben lässt, wenn man sie als
sich selbst beobachtende Systeme versteht.)

Dirk Baecker beschreibt Kommunikation im Anschluss an den
Informationsbegriff Shannons[11] und den Kalkül George
Spencer-Browns[12] als eine Form, bei
der eine Bezeichnung („indication„) von einer
Unterscheidung („distinction„) unterschieden werden
muss, und bei der diese Unterscheidung mitkommuniziert
wird[13]. Näherungsweise lässt
sich das so verstehen: Jede Mitteilung (die Bezeichnung) setzt
eine Menge möglicher Mitteilungen (Unterscheidung) voraus. Der
Sinn der Mitteilung hängt von den ebenfalls möglichen Mitteilungen
ab. Die Menge der möglichen Mitteilungen wird also
mitkommuniziert, wenn überhaupt Kommunikation stattfindet. (Wenn
ich in einem österreichischen Kaffeehaus einen „Kleinen
Schwarzen
“ bestelle, unterscheidet sich diese Mitteilung
von anderen wie „Kleiner Brauner“ oder
Verlängerter„. Dieser Möglichkeitsraum gehört mit
zur Mitteilung. Wenn er nicht in irgendeiner Form mitgeteilt wird,
ist meine Mitteilung unverständlich.)

Systemtheoretisch gesehen ist die Kommunikation und damit
die Gesellschaft durch Rekursivität gekennzeichnet: Identitäten
entstehen, indem Kommunikationen sich auf andere Kommunikationen
beziehen:

Die Rekursivität der Autopoiesis der Gesellschaft ist nicht durch
Kausalresultate (outputs als inputs) und auch nicht in der Form
von Ergebnissen mathematischer Operationen organisiert, sondern
reflexiv, das heißt durch Anwendung von Kommunikation auf
Kommunikation. Jede Kommunikation setzt sich selbst der Rückfrage,
der Bezweiflung, der Annahme oder Ablehnung aus und antezipiert
das. Jede Kommunikation![14]

Als „autopoietisches“ Phänomen, als ein sich
selbst organisierendes System, hat Kommunikation als solche keinen
anderen Zweck als Kommunikation; sie bezieht sich immer auch auf
sich selbst und stellt Bedingungen her, unter denen sie sich
selbst fortsetzen kann. So steht Kommunikation nicht im Dienst des
Handelns, vielmehr ist Handeln — im Gegensatz zu bloßem Verhalten
— immer kommunikatives Handeln: Es findet bereits in einem Feld
statt, dass durch die Anwesenheit von Beobachtern bestimmt ist,
die sich als Beobachter beobachten. Ohne Kommunikation lässt sich eine Handlung
nicht von bloßem Verhalten unterscheiden; die Festlegung eines
Handlungsziels — und damit eines Ausganspunkts für weitere
Handlungen — ist auf Kommunikation angewiesen.

Nur unter sehr komplexen Voraussetzungen kann Kommunikation
zustandekommen; sie ist damit ein unwahrscheinliches
Phänomen. . Die
systemtheoretische Soziologie versteht Kommunikation als Bedingung
von Sozialität, als die Operation, durch die sich soziale Systeme
von ihrer Umwelt unterscheiden und sich auf sich selbst
beziehen. Die Evolution sozialer Systeme macht Kommunikation
weniger unwahrscheinlich; die historischen Veränderungen der
Gesellschaft sind an Gelegenheiten zur Kommunikation gebunden:

Ohne Kommunikation bilden sich aber keine sozialen
Systeme. Die Unwahrscheinlichkeiten des Kommunikationsprozesses
und die Art, wie sie überwunden und in Wahrscheinlichkeiten
transformiert werden, regeln deshalb den Aufbau sozialer
Systeme. So kann man den Prozess der soziokulturellen Evolution
begreifen als Umformung und Erweiterung der Chancen für
aussichtsreiche Kommunikation, um die herum die Gesellschaft
ihre sozialen Systeme bildet; und es liegt auf der Hand, daß
dies nicht einfach ein Wachstumsprozeß ist, sondern ein
selektiver Prozeß, der bestimmt, welche Art sozialer Systeme
möglich werden und was als zu unwahrscheinlich ausgeschlossen
wird.[15]

Man braucht keine detaillierte Analyse, um festzustellen, dass
das Web ein Medium ist, das die Unwahrscheinlichkeit von
Kommunikationen reduziert. Das Internet
und innerhalb des Internet das Web lösen Kommunikation von
Kontingenzen, an die sie bisher gebunden war[16]. Die Möglichkeiten zum
Anschluss an Kommunikationen und zum rekursiven Verarbeiten von
Kommunikationen nehmen explosionsartig zu.

Dass sich das Web als eine technische Infrastruktur beschreiben lässt, die die Unwahrscheinlichkeit von Kommunikation reduziert,
bedeutet aber nicht, dass sich die Kommunikation im Web mit
technischen Konzepten, etwa solchen der Signalübertragung oder der
Informationsverarbeitung, verstehen ließe. Die Kommunikation bestimmt
sich innerhalb des Web wie außerhalb selbst; bereits die technische
Infrastruktur des WWW lässt sich auch das Ergebnis sozialer Definitionen, also von
Kommunikationsprozessen, darstellen.

Als Form der Kommunikation kann eine Publikationsform im Web auf spezifische Restriktionen und spezifische
Möglichkeiten hin befragt werden. Für die Kommunikation im Web gelten nicht eigene
Gesetze. Systemtheoretische
Konzepte lassen sich auf sie anwenden, weil sie sich nicht
grundsätzlich von anderen Kommunikationsformen
unterscheidet. Auch wenn Webkommunikation von technischen Voraussetzungen abhängig ist, ist sie nicht technisch determiniert. Zugespitzt formuliert: Um
Webkommunikation als soziales Phänomen zu erfassen, muss man
nicht die technischen Mittel beschreiben, mit denen
Kommunikationen aneinander anschließen, sondern die
Strukturen, die sich aus diesem Anschluss ergeben.

Exkurs: Systemthorie und anwendungsorientierte Analyse von
Webkommunikation

Ist es überhaupt notwendig, sich auf diese theoretische
Abstraktionsebene zu begeben? Sind system- oder andere
kommunikationstheoretische Theoreme und Konzepte erforderlich,
um angewandte Forschung zu betreiben? Als „angewandte
Forschung
“ verstehe ich dabei in diesem Zusammenhang die
Entwicklung und Evaluierung von Webpublikationen und Formen von
Webpublikationen.

Eine systemtheoretische Untersuchung von Webkommunikation
kann für die angewandte Forschung auf diesem Gebiet in zwei
Hinsichten fruchtbar werden: Zum einen ermöglicht sie es, die
kommunikativen Eigengesetzlichkeit der Webkommunikation zu
beobachten und zu beschreiben. Kommunikation stellt die
Bedingungen für Anschlusskommunikationen selbst her; wer als
Individuum oder als Organisation im Web kommunizieren will, muss Anschlusskommunikation ermöglichen und erkennen, wo und wie er selbst an Kommunikationen im Web anschließt.

Einen zweiten Vorteil der Beschäftigung mit einer
Theorie der Webkommunikation sehe ich darin, dass sich auf diesem
Wege die Unterschiede zu
anderen Medien deutlicher erkennen lassen. Aus praktischer Sicht
bewahrt die Theorie vor der Illusion, das Web ließe sich verwenden
wie andere Medien. Umgekehrt legt die theoretische Analyse nahe,
dass Webkommunikation zur Bildung eigener selbstreferentieller
Strukturen führt, die nicht als Fortsetzung der Systeme außerhalb
des Webs funktionieren, sondern dieser transformieren und vielfach
auch gefährden — nicht nur aufgrund ihrer größeren Effizienz,
sondern weil sie als eigene soziale Strukturen funktionieren und
ihre eigenen Fortsetzungsbedingungen erzeugen.

Wer Webkommunikation als „autopoietisches„, also als
sich selbst strukturierendes Phänomen untersucht, muss deshalb
nicht ihre Beziehungen zu anderen Systemen, z.B. zur Wirtschaft oder
zur Wissenschaft ignorieren. Welche Wechselwirkungen zwischen
Webkommunikationen und anderen sozialen Phänomenen bestehen, lässt
sich aber nur erfassen, wenn man die Eigendynamik dieser
Kommunikationen berücksichtigt. Zu dieser Eigendynamik gehören die
Erzeugung von Zusammenhängen und die Auswahl von Kommunikationen,
das Anschließen von Kommunikationen an Kommunikationen und die
Evolution von Kommunikationszusammenhängen, die sich auf sich selbst
beziehen. Publikationsformen oder „Genres“ sind
Ergebnisse einer solchen Eigendynamik und setzen sie zugleich
wiederum in Gang.

Gerade wenn es sich als auch praktisch fruchtbar erweisen
sollte, Webkommunikation systemtheoretisch zu analysieren, ist es
notwendig, die Rolle und den Status diese Theorie bei der
Beschreibung von Phänomenen des Web genauer zu definieren. Das
kann in dem Stadium von Vorüberlegungen, wie ich sie hier
anstelle, noch nicht erfolgen. Bei der Theorie der
Webkommunikation handelt es sich um eine Beobachtung zweiter
Stufe, also eine Beobachtung von Beobachtern. Was von der
Beobachtung der ersten Stufe als Objekt oder Gegebenheit
beschrieben wird, erscheint auf dieser zweiten Stufe als ein
Ergebnis der Unterscheidungen auf der Seite des Beobachters. Auf
der ersten Stufe sind URIs, das HTTP-Protokoll oder auch Webserver
und Webclients Gegebenheiten, mit denen man praktisch umgehen
kann, und die man, z.B. statistisch, untersuchen kann. Auf der
Ebene der Beobachtung der zweiten Stufe müssen sie als soziale
Konstrukte beschrieben werden, die eine spezifische Form der
Kommunikation ermöglichen. (Als Beispiel für eine konsistente
Beschreibung der Architektur des WWW auf dieser zweiten Stufe kann
vielleicht die Dissertation Roy Fieldings[17] gelesen werden.)

Beobachtbarkeit von Kommunikation im Web

Nicht das WWW, sondern bereits das Internet hat die
räumlichen und zeitlichen Kontingenzen, denen die Verbreitung von
Mitteilungen bisher unterworfen war, für seine Teilnehmer
aufgehoben. Die Architektur des Internet macht den Zugang zu
Informationen und damit zu Kommunikationen tendenziell vom
physikalischen Raum unabhängig. Die Verbindung dieser
Infrastruktur mit Speichermedien (für die physikalische Grenzen
aus der Benutzersicht zunehmend keine Rolle mehr spielen)
ermöglicht asynchrone Kommunikation in einem bisher nie möglichen
Ausmaß.

Für das Web ist das Internet eine Basistechnik, die
Ausgangsprobleme der älteren Verbreitungsmedien löst, nämlich die
Ermöglichung von „unwahrscheinlicher
Kommunikation. Das WWW kann man als ein Mittel verstehen, mit dem
man die Daten, die im Internet zugänglich sind, asynchron
beobachten und innerhalb desselben Mediums an sie anschließen
kann. Zugänglich wären Daten auch über FTP oder über das fast
vergessene Gopher-Protokoll. Bei diesen Protokollen muss man sich
aber zum Verarbeiten der Daten und damit zur Kommunikation aus dem
Netz herausbegeben. Das Email-Protokoll erlaubt es zwar, innerhalb
des Netzes direkt an Kommunikationen anzuschließen, die
Informationen sind aber nur für einen beschränkten Adressatenkreis
zugänglich, und sie lassen sich nur sehr eingeschränkt miteinander
verknüpfen. Erst das WWW macht Internet-Kommunikation universal
beobachtbar und anschließbar; mit dieser Zielsetzung wurden seine
Basistechnologien entwickelt, und mit dieser Zielsetzung werden
sie auch heute weiterentwickelt.

Durch seine
technische Basis (HTTP-Protokoll, URIs, Markup-Sprachen) kann das
Web als ein Publikationsmedium funktionieren, in dem jede
Mitteilung an jedem Ort wahrgenommen werden kann, und das es
überdies ermöglicht, sie beliebig lange wahrzunehmen. Zu der
spezifischen Form des WWW gehört es außerdem, dass in ihm jede
Mitteilung mit jeder anderen so verknüpfbar ist, dass beide
zusammen beobachtbar sind. Kommunikationen im Web sind für einen
Beobachter von den anderen Kommunikationen in diesem Medium, auf
die sie sich beziehen, räumlich und zeitlich nicht
entfernt.

Beobachtbarkeit wird technisch dadurch sichergestellt, dass
Clients Repräsentationen von Ressourcen erhalten. Der Anschluss
von Kommunikationen an Kommunikationen wird technisch realisiert,
indem Ressourcen im Web mit anderen verlinkt werden.

Die mediale Kommunikation im Web ist — jedenfalls
soweit es darum geht, Kommunikationen weniger unwahrscheinlich zu
machen — in einem hohen Maß empfängergesteuert. Die
technischen Probleme — und nicht nur sie —
verschieben sich vom Sender zu den Empfängern, von der Mitteilung
zum Verstehen. Im Web ist es vor allem Sache des Empfängers, nicht
mehr des Senders, die Unwahrscheinlichkeit zu verringern, mit der
Kommunikation gelingt. Während bei den klassischen
Verbreitungsmedien der Sender mit hohem materiellem Aufwand
sicherstellen musste, dass Kommunikationen wahrgenommen werden,
muss im WWW der Empfänger mit hohem Softwareaufwand (und einer für
ihn unsichbaren Infrastruktur, etwa der Infrastruktur von Google)
dafür sorgen, dass ihn die Kommunikationen erreichen, die ihn
interessieren[18]. Medientechnisch wie gesellschaftlich
stellen sich durch das WWW vor allem Fragen, die mit der
Beobachtung von Kommunikation — statt mit ihrer Verbreitung
— zusammenhängen.

In allen älteren Medien wurde das Problem der Verbreitung
von Kommunikation durch Vervielfältigung gelöst. Noch im
herkömmlichen Broadcasting wird ein Medium an eine große Zahl von
Endgeräten übertragen. Im WWW sind Kommunikationen dagegen, soweit
ihre Adressierung betroffen ist, nur einmal vorhanden, und sie
werden durch eine Adresse, einen URI, identifiziert. Von
Vervielfältigung kann man nur für die Repräsentationen von
Ressourcen sprechen; anders als bei den identischen Kopien der
älteren Medien passen sich diese Repräsentationen aber den
Bedingungen an, unter denen sie abgerufen werdem; Client und
Server bestimmen in einem „Verhandlungs„-Prozess,
welche Repräsentation der Client erhält. Auf der Ebene der
materiellen Träger von Informationen reduziert das Web die
Redundanz, wenn man es mit den älteren „Massenmedien
vergleicht. (Die Informationen haben im Web einen abstrakten Ort;
dieser wird durch einen URI identifiziert. Physikalisch können sie
auf verschiedenen Rechnern und in potenziell beliebig vielen
Caches auf der Server- und auf der Clientseite vorhanden sein. Die
Architektur des WWW stellt sicher, dass es sich bei diesen
Versionen immer um Repräsentationen derselben Ressource handelt.)
Auch auf der Ebene der menschlichen Adressaten verringert das WWW
den Bedarf nach Redundanz. Es wird weniger wichtig, dass viele
Menschen dasselbe lernen und wissen, weil die Informationen im Web
gefunden werden können, wenn es nötig ist.

Softwareabhängigkeit der Beobachtung von Webkommunikation

Charakteristisch für das WWW ist es dabei im Vergleich zu
allen älteren Medien, dass die Beobachtung von Kommunikation an
Software gebunden ist[19]. Wie die älteren Verbreitungsmedien
Schrift und Druck setzt das Web voraus, dass Kommunikationen
gespeichert wird. Anders als bei diesen Medien werden Mitteilungen
im Web aber digitalisiert; anders als bei Radio und Fernsehen sind
sie asynchron zugänglich; anders als bei anderen Teilen des
Internet werden sie durch intelligente Beobachtungsinstrumente
erschlossen.

Auch beim herkömmlichen Broadcasting,
also bei Radio und Fernsehen, ist der Adressat auf technische
Geräte angewiesen. Radio- und Fernsehempfänger geben aber
Sendungen nur wieder; mit ihnen lässt sich nur sehr eingeschränkt
steuern, was und wie beobachtet wird. Im Gegensatz dazu sind PCs
und intelligente Mobiltelefone frei programmierbar. Auf der Seite
des Empfängers oder des Beobachters von Komunikation lässt sich
der Zugang durch Software potenziell unbeschränkt erweitern. Die
Beobachtung von — gespeicherten — Mitteilungen und
Informationen erfolgt dabei nicht nur durch Menschen, die
Informationen wahrnehmen, sondern auch durch Automaten, vor allem
durch Suchmaschinen. Die Technik zur Beobachtung von Informationen
kann weiterentwickelt und immer weiter optimiert werden. Ihre
Entwicklung geht Hand in Hand mit der Entwicklung von
Speicherungs- und Archivierungstechniken.

Zu Publikationsformen im Web gehört es sogar, spezifische
Formen von Beobachtbarkeit zu entwickeln; man könnte auch sagen:
die Entwicklung von Publikationsformen im Web besteht zu einem
großen Teil in der Entwicklung von Beobachtungsmöglichkeiten, die
sich ihrerseits wiederum auf in einer spezifischen Form
gespeichete Inhalte beziehen.

Kontextualisierung und Selektion

Das Web macht, wie eben beschrieben, Kommunikationen unabhängig von räumlichen
und zeitlichen Entfernungen zugänglich und damit unwahrscheinliche
Kommunikation wahrscheinlich. Damit verringern sich allerdings die
Chancen, dass Kommunikationen auch aufgenommen bzw. verstanden
werden. Die Beobachtbarkeit von Kommunikationen im Web steigert
die Ansprüche an Selektivität auf der Seite der potenziellen Adressaten. Es
wird schwieriger, mit Kommunikationen den erwünschten Erfolg zu
erzielen, wenn nicht sehr spezifische Interessen der Adressaten
beantwortet werden. Da das Angebot an
Kommunikationen nahezu unbegrenzt ist, verschiebt sich die Entscheidung darüber,
welche Kommunikation relevant ist, vom Sender zum
Empfänger.

Um Kommunikationen auswählen zu können, muss ein
Webbenutzer technische Hilfsmittel verwenden. (Rekursive Prozesse
spielen bereits für die Selektion eine entscheidende Rolle, wenn sich
die Software, die zur Auswahl von Informationen verwendet wird,
auswertet, welche Angebote von anderen Webnutzern genutzt werden.)

Der Beobachter bestimmt im Web über den medialen Kontext, in
dem er Mitteilungen versteht. Er kann Kommunikationen mit
Kommunikationen, auf die sie sich beziehen, gemeinsam
beobachten. Er kann selbst durch Kontextbildung Bezüge zwischen
Kommunikationen herstellen.

Anschlussfähigkeit von Kommunikationen und Verlinkung

Die entscheidende Komponente des systemtheoretischen
Konzepts der Kommunikation bildet die Anschlussfähigkeit jeder
Kommunikation. Wer Kommunikation beobachtet, also Information und
Mitteilung unterscheidet, kann in weiteren Kommunikationen
entweder an die Information oder an die Mitteilung
anschließen. Die Anschlussfähigkeit hängt dabei nicht von einem
Medium ab. Eine schriftliche Kommunikation kann an eine
mündliche anschließen, eine gedruckte an eine mit der Hand
geschriebene.

Kommunikationen im Web können auf andere Kommunikationen im
Web durch Hyperlinks verweisen; der Adressat kann dabei
Kommunikation und Anschlusskommunikation zusammen beobachten. Die
Verlinkung ist eine webspezifische Unterstützung des Anschlusses
von Kommunikationen aneinander, durch die sich das Web von anderen
Medien unterscheidet. Wenn man das Web als ein System versteht,
ist die Verlinkung dessen grundlegende Operation.

Allerdings darf die Verlinkung von Ressourcen im Web auf der
technischen Ebene nicht mit dem Anschluss einer Kommunikation an
eine andere im kommunikationstheoretischen Sinn verwechselt
werden. Das Anschließen an eine Kommunikation setzt voraus, dass
bei der beobachteten Kommunikation zwischen Mitteilung und
Information unterschieden wird. Ein Link ist nur eine Referenz auf
Daten, die aber als Anschluss an eine Mitteilung oder eine
Information verstanden werden kann. Wichtig ist, dass das Medium
Web durch die Verlinkbarkeit von Informationen den Anschluss von
Kommunikationen an andere Kommunikationen in diesem Medium und
deren gemeinsame Beobachtung privilegiert. Damit liegt es nahe,
die Webkommunikation als solche und Teile der Kommunikation
innerhalb des Web als eigene Systeme von ihrer Umwelt zu
unterscheiden.

Der hypermediale Charakter unterscheidet das WWW nicht nur
von den Print- und Broadcast-Medien, sondern auch von den anderen
Teilen des Internet. Weltweit erreichbar sind Informationen auch
in den anderen Teilen des Internet; auch für andere
Internetprotokolle ist charakteristisch, dass sich Kommunikation
nur mithife von Software beobachten lässt. Seine besondere
Stellung unter den Teilen (technisch ausgedrückt: unter den
Protokollen) des Internet besitzt das Web vor allem dadurch, wie
in ihm Ressourcen aufeinander bezogen und damit verlinkt werden
können. Das Web ist das erste und einzige universale Medium, in
dem Kommunikationen unabhängig von räumlichen und zeitlichen
Zufälligkeiten nicht nur zueinander in Beziehung gesetzt, sondern
auch zusammen beobachtet werden können. Dadurch wurde es zu
dem Medium für miteinander verknüpfte
Kommunikation.

In allen anderen Medien ist die nachvollziehbare Verknüpfung von
Kommunikationen nur mit Unterstützung des Gedächtnisses der Adressaten
(etwa bei Zitaten, Anspielungen und anderen Typen intertextuellen
Kommunikation) oder durch Verweise auf Medien in Bibliotheken und
anderen Archiven möglich. In beiden Fällen ist es sehr aufwändig, die
Verknüpfungen nachzuvollziehen; oft ist der Adressat solcher
Kommunikationen materiell privilegiert.

Im Web dagegen sind die Kommunikationen, an die eine
Kommunikation anschließt, für jeden beobachtbar, und zwar zusammen
mit den Kommunikationen, die sich auf sie beziehen. Anders als in
den traditionellen Medien ist es durch das Web auch jedem
Teilnehmer möglich, im selben Medium an vorangegangene
Kommunikation anzuschließen. Die vorangegangene Kommunikation ist
im WWW immer wieder aktualisierbar; dazu ist normalerweise nicht
mehr als das Traversieren eines Links erforderlich. So kann es in
kürzester Zeit zu ganzen Kaskaden von aufeinander bezogenen
Kommunikationen kommen.

Die unbegrenzte Anschlussfähigkeit von Kommunikationen
unterscheidet das Web ebenso von den Massenmedien wie die
benutzergesteuerte Beobachtbarkeit; durch sie wird das Web zu
einem dezentralen Medium. Für die
herkömmlichen Massenmedien war es dagegen charakteristisch, dass
die Anschlussfähigkeit auf einen „professionellen
Kreis von Medienmachern beschränkt war.

Die für das Web spezifische Form der Beobachtbarkeit von
Mitteilungen bestimmt auch die spezifische Form des medialen
Anschlusses von Kommunikationen aneinander. Die Anschlussfähigkeit von Kommunikationen im Web ist wie
ihre Beobachtbarkeit an ihre Adressierbarkeit gebunden. URIs
(Uniform Resource Identifiers) erlauben es, Informationen und
Kommunikationen als Ressourcen[20] in einem abstrakten Namensraum zu
lokalisieren. Diese Adressen dürfen dabei nicht mit physikalischen
Adressen auf einem Server verwechselt werden. URI sind ein
zentraler Bestandteil des sozialen Konstrukts WWW.

Die Anschlussfähigkeit von Kommunikation innerhalb des WWW
hat es ermöglicht, dass das Web eine „eigene
Geschichte
“ bekam. Kommunikationen im Web müssen an
Kommunikationen im Web angeschlossen werden, um in diesem Medium
Wirkung zu erreichen. Die Verknüpfungs- oder Netzstruktur, die
sich so ergeben hat, ist eine Voraussetzung weiterer
Kommunikationen im Web, die Webpublikationen auch
inhaltlich“ von Publikationen in anderen Medien
unterscheidet, solange diese nicht selbst auf Ressourcen im Web
verlinken können und damit zu Bestandteilen des Web werden. Schon
aus diesem Grund lassen sich Publikationsformen nicht einfach aus
anderen Medien in das Web übertragen.

Die von den Kontingenzen der räumlichen und zeitlichen
Verteilung von Mitteilungen unabhängige Anschlussfähigkeit von
Kommunikationen an Kommunikationen lässt das rekursive Prozessieren
von Kommunikationen explosionsartig zunehmen, und sie reduziert
zugleich den Bedarf nach Redundanz, die außerhalb des Web die
Bedingung dafür ist, dass nicht nur die räumlich und zeitlich
Anwesenden an eine Kommunikation anschließen können. Nicht nur ist
es nicht mehr erforderlich, dass Bücher gedruckt oder Abbildungen
und Schallplatten vervielfältigt werden, es ist auch nicht mehr
erforderlich, Redundanz zu erzeugen, indem viele Menschen dieselben
Informationen lernen und weitergeben.

Die Beobachtbarkeit und Anschlussfähigkeit von
Webkommunikation ermöglicht eine quantitative Zunahme rekursiver
Kommunikationen, die in eine neue Qualität umschlägt, wenn sie
selbstreferentiell wird: Im Web bilden sich
Kommunikationssysteme“ oder
communities„, die in ihrer Kommunikation auch über
sich selbst kommunizieren.

Rekursion als solche ist
— folgt man dem systemtheoretischen Kommunikationskozept
— für jede Art von Kommunikation charakteristisch:
Kommunikationen setzen immer Kommunikationen voraus, auf die sie
zurückkommen, und sie stellen selbst die Bedingungen für weitere
Kommunikationen her, die wiederum an sie selbst anschließen. Wenn
sich durch solche Rekursionen eine Unterscheidung zwischen
Selbsreferenz und Fremdreferenz ergibt, kann sich ein eigenes
soziales Subsystem entwickeln. (Es geht in diesen Überlegungen nicht
darum, ob man das Web oder Teile des Web tatsächlich als eigenes
Subsystem bezeichnen kann. Es geht lediglich um die Eingrenzung von
rekursiver Kommunikation im Web als ein eigenes Thema für eine
systemtheoretisch orientierte Erforschung von
Webpublikationen.)

Durch die rekursive Kommunikation im Web, durch das iterative
Weiterprozessieren von Kommunikationen, bilden sich im Web
Eigenwerte[21] heraus, die die Kommunikation im Web
strukturieren. Folksonomies und die Wikipedia lassen sich
möglicherweise als solche Eigenwerte verstehen, also als stabile
Entitäten, auf die sich anderer Kommunikationen beziehen. Sie
erreichen diese Stabiliät durch uneingeschränkte Rekursivität von
Kommunikationen.


Weblogs und Wikis: Beispiele für rekursive Publikationsformen im WWW

Die Überlegungen, die bisher
dargestellt wurden, verfolgen das Ziel, Publikationsformen zu
analysieren und neue Publikationsformen zu konzipieren, also die
Möglichkeiten des Publikationsmediums WWW durch die Entwicklung von
Anwendungen zu erforschen. Die Vermutungen über Beobachtbarkeit,
Anschlussfähigkeit und Rekursivität von Webpublikationen lassen sich
konkretisieren, wenn sie Publikationformen bezogen werden; erst
dabei kann sich zeigen, ob sie tatsächlich Phänomene im Web
erklären können. Ich beginne damit, kurz zu erläutern, was mit
Form“ gemeint ist. Ich versuche dann darzustellen,
dass sich Publikationsformen im Web durch spezifische
Möglichkeiten der Beobachtbarkeit und Anschlussfähigkeit
voneinander unterscheiden. Schließlich stelle ich die Hypothese auf, dass
Publikationsformen im Web rekursive Kommunikation in einer jeweils
spezifischen Weise organisieren.

In einem
Medium sind die Elemente „lose gekoppelt„. Für eine Kommunikation werden Elemente eines Mediums ausgewählt und fest gekoppelt; so wird eine Form hergestellt[22]. Diese Form
unterscheidet sich von der Information, die durch sie mitgeteilt wird,
und vom Verstehen, das weitere Kommunikationen ermöglicht, die sich
sowohl auf die Mitteilung und ihre Form als auf ihren Inhalt beziehen
können.

Wenn man diese Unterscheidung von „Medium
und „Form“ aufnimmt, um das WWW zu beschreiben,
stellt es sich als ein Medium dar, zu dessen lose miteinander
gekoppelten Elementen Elemente aller Kommunikationen gehören,
die bereits im Web stattgefunden haben und noch in ihm
beobachtet werden können. Von Formen kann man in Bezug auf
einzelne Publikationen, aber auch in Bezug auf Publikationstypen
sprechen: In einer Publikationsform sind einige Elemente
ausgewählt und miteinander verbunden; wer eine Publikationsform
verwendet, kann mit festen Erwartungen seiner Adressaten
rechnen. Zu den Erwartungen, die sich mit der Publikationsform
Unternehmenswebsite“ verbinden, gehört z.B., dass
man Informationen über die Unternehmensziele, über
Produktgruppen , die Unternehmensstruktur und Kontaktadressen
findet, und dass sich diese Informationen durch eine
hierarchische, von der Startseite ausgehende Navigation finden
lassen.

Die meisten Veröffentlichungen im Web
lassen sich einer Publikationsform zuordnen. Es gibt viele
Hinweise darauf, dass sich diese Publikationsformen unter den
Gesichtspunkten der Beobachtbarkeit und der Anschlussfähigkeit
unterscheiden, dass es sich dabei also um relevante Kategorien
für die Beschreibung von Publikationsformen und damit wohl auch
für die Entwicklung neuer Publikationsformen
handelt. Webspezifische Publikationsformen lassen sich
möglicherweise durch spezifische Formen der Beobachtbarkeit und
der Anschlussfähigkeit definieren, die rekursive Kommunikation
generieren und zugleich von ihr generiert werden. Beispiele sind
die beiden Publikationsformen, die in den letzten Jahren die
größte Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben, und die sich
— anders als die klassische Unternehmenwebsite —
nicht mehr in andere Medien übersetzen lassen, nämlich Weblogs
und Wikis.

Unter dem Gesichtspunkt der Rekursivität von Kommunikation ist
es signifikant, dass Wikis und Weblogs, also die beiden wichtigsten
webspezifischen Formen, sich durch jeweils eigene Möglichkeiten der
Beobachtung und der Anschlussfähigkeit von anderen Webpublikationen
unterscheiden.

Das bekannteste Mittel, um Weblogs zu beobachten, sind
Newsfeeds. Newsfeeds können zwar auch über Publikationen anderer
Typen, z.B. über Nachrichtenseiten informieren, sie sind aber in
ihrer Form so sehr auf Weblogs zugeschnitten, dass sie sich
sogar als Mittel zur Publikation von Weblogs
eignen[23]. Newfeeds und die auf
ihnen aufbauende Software, vor allem Feedreader oder
Aggregatoren, erlauben es, eine größere Zahl von Weblogs laufend
zu verfolgen. Es ist unwahrscheinlich, dass sich Weblogs ohne
dieses Beobachtungsinstrument als Form durchgesetzt hätten. In
den letzten Jahren kamen eine Reihe weiterer
Beobachtungsinstrumente für Weblogs auf den Markt, darunter
eigene Suchmaschinen und Websites, mit denen man in Echtzeit
beobachten kann, was Blogger zu einem bestimmten Thema
schreiben.

Zur „Blogosphäre“ gehören aber nicht nur eigene
Beobachtungselemente, sondern auch ein spezifisches Sortiment von Formen,
um an Informationen anschließen zu können. Kommentare am Ende jedes
Eintrags sind eine Anschlussform, die Weblogs mit anderen
Publikationsformen teilen. Trackbacks sind ein für Weblogs typisches
Mittel, um mitzuteilen, dass sich ein Eintrag in einem Weblog auf
einen anderen bezieht: Zu einem Blog-Eintrag gehört (in
Publikationssystemen, die Trackbacks unterstützen) ein URI, an den
eine Botschaft mit dem URI des Eintrags geschickt wird, der an ihn
anschließt. Auch Tags, wie sie von Technorati entwickelt wurden,
lassen sich als Mittel verstehen, Blogs miteinander zu
verknüpfen.

Wahrscheinlich lässt sich die Form des Weblogs als solche
bereits als eine Form der Anschlusskommunikation beschreiben;
Weblogs wurden in erster Linie entwickelt, um andere Kommunikationen
im Web zu kommentieren, zu diskutieren oder wenigstens die
Aufmerksamnkeit auf sie zu lenken.

Auch Wikis verfügen sowohl über bestimmte
Beobachtungsinstrumente wie über bestimmte Formen der
anschließenden Kommunikation, die dieses Genre
definieren. Allerdings beschränken sich die spezifischen
Beobachtungswerkzeuge noch meist auf ein einzelnes
Wiki. Wikisoftware erlaubt es vor allem zu beobachten, welche
Einträge wie verändert wurden und welche Einträge in einen Wiki
mit dem gerade vorliegenden Eintrag verlinkt sind. Diese
Beobachtungswerkzeuge machen Wikis übrigens wie Weblogs zu einer
zeitlich organisierten Publikationsform.

Charakteristisch für Wikis ist aber vor allem, dass sie das
Anschließen einer Kommunikation an eine andere so leicht machen wie
keine andere bisher bekannte Publikationsform im Web. Jeder Artikel
lässt sich beliebig verändern; Links auf einen Artikel in einem Wiki
werden durch einfachste Mittel erzeugt, etwa wenn innerhalb eines mit einem Großbuchstaben
beginnenden Wortes ein zweiten Großbuchstabe verwendet wird.

Weblogs und Wikis lassen sich also als Formen verstehen, die die
Beobachtung von Publikationen und die an sie anschließende
Kommunikation erleichtern und zugleich organisieren.

Im Anschluss an
Luhmanns Kommunikationsbegriff mit seiner Unterscheidung von
Information und Mitteilung kann man sagen, dass in der Blogosphäre
Kommunikationen primär an Mitteilungen anschließen, während bei Wikis
Kommunikationen an die Informationen der ihnen vorausgehenden
Kommunikationen anschließen. Wenn diese Mittel verwendet werden, um
Publikationen vor allem an sich selbst bzw. an andere Publikationen
der gleichen Form anschließen zu lassen, entstehen die
selbstreferentiellen Strukturen, die man von der Blogospäre kennt, und
die sich inzwischen auch bei der Wikipedia feststellen lassen.

Das Potenzial zur rekursiven Verarbeitung von Kommunikationen,
das durch das WWW — verglichen mit den älteren Medien — ins nahezu
Grenzenlose erweitert wurde, wird durch Genres oder Formen
realisierbar, die den Anschluss der Kommunikationen aneinander jeweils
eigenen Regeln oder Einschränkungen unterwerfen. Wer sich an ihnen
beteiligt und sich zusätzlich noch einer thematischen Einschränkung
unterwirft, gehört einer „Community“ an. Weblogs und
Wikis sind Beispiele solcher Formen; ihnen ging die Open Source
Community voran, die ebenfalls über spezifische
Beobachtungsinstrumente und Formen der Anschlusskommunikation
verfügt. Auch im E-Commerce ist es einzelnen Unternehmen wie Ebay und
Amazon gelungen, solche Formen zu etablieren; auch hier werden
Kommunikationen in einer spezifischen Form rekursiv
prozessiert.

Bibliography

[Shannon 1948] ClaudeE.Shannon: A Mathematical Theory of Communication (zuerst in Bell System Technical Journal27379-423 and 623-656), Juli und Oktober 1948

[Bateson/Ruesch 1951] GregoryBatesonJürgenRuesch: Kommunikation. Die soziale Matrix der Psychatriedeutsch Heidelberg1995 (zuerst amerikanisch 1951)

[Spencer-Brown 1969] GeorgeSpencer-Brown: Laws of Form — Gesetze der FormLübeck1997 (zuerst englisch 1969)

[Luhmann 1981] NiklasLuhmannDie Unwahrscheinlichkeit der Kommunikation in: Soziologische Systeme 3: Soziales System, Gesellschaft, Organisation, Opladen1981, 25-34

[Luhmann 1988] NiklasLuhmann: Was ist Kommunikation in: F.B.Simon: Lebende SystemeWirklichkeitskonstruktionen in der systemischen TherapieBerlin u.a. 1988,

[Luhmann 1996] NiklasLuhmann: Die Realität der Massenmedien, 2. AuflageOpladen1996

[Luhmann 1997] NiklasLuhmann: Die Gesellschaft der Gesellschaft, Frankfurt am Main1997

[Fielding 2000] RoyFielding: Architectural Styles and
the Design of Network-based Software Architectures
, Phil. Diss University of California, Irvine2000

[Raymond 2001] EricRaymond: The Cathedral & the Bazaar, , Sebastopol u.a,2.Aufl. 2001

[Baecker 2005a] DirkBaecker: Form und Formen der Kommunikation, Frankfurt am Main2005http://www.ics.uci.edu/~fielding/pubs/dissertation/top.htm

[Baecker 2005 b] DirkBaecker: Kommunikation, Leipzig2005


[1]
Dieser Text findet sich online unter der Adresse http://heinz.typepad.com/lostandfound/2006/09/in_arbeit_web_p.html. Ich
bitte dort um Kommentare und Kritik. Die Onlineversion soll regelmäßig
überarbeitet werden.

[5] Baecker 2005 b, p.35

[6] Einen guten Überblick über diese Tradition auch
für Nichtsoziologen gibt Baecker 2005a.

[7] Luhmann 1997,
p. 65″

[9] Luhmann 1981, passim, vor allem
pp. 55-69

[10] Luhmann 1997,
p. 229

[14] Luhmann 1997, p.141

[15] Luhmann 1981,
p.57

[16] In der philosophischen und
soziologischen Tradition spricht man von „Kontingenz„, wenn etwas weder notwendig noch unmöglich
ist. Kontingente Objekte und Ereignisse sind „zufällig„;
sie hängen von Bedingungen außerhalb ihrer selbst an.

[18] Die Funktion von
Verbreitungsmedien“ besteht darin, Mitteilungen
wahrnehmbar oder beobachtbar zu machen. (Im Anschluss an Talcott
Parsons stellt man in der Systemtheorie vielfach den
Verbreitungsmedien die „Erfolgsmedien“ oder
symbolisch generalisierten Kommunikationsmedien
gegenüber, mit denen sich erreichen lässt, dass Mitteilungen
tatsächlich das erstrebte kommunikative Ergebnis haben. Niklas
Luhmann versteht Macht, Geld, Liebe und Wahrheit als
Erfolgsmedien.) Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen
Verbreitungs- und Erfolgsmedien; Verbreitungsmedien ermöglichen
es, mit Abwesenden zu kommunizieren; Erfolgsmedien sollen
sicherstellen, dass die Adressaten die Kommunikation in
gewünschter Weise umsetzen; Macht sorgt z.B. dafür, dass
Aufforderungen als Befehle verstanden werden. Wenn ein
Zusammenhang zwischen Verbreitungs- und Erfolgsmedien besteht,
muss die Entwicklung des Web auch auf der Seite der Erfolgsmedien
zu Veränderungen führen; dazu könnte so etwas wie die parzielle
Ersetzung des Mediums Geld durch das Medium Aufmerksamkeit
gehören.

[19] Es führt nicht weiter,
Kommunikation im Web und „Computer
gleichzusetzen. Computer sind lediglich die bisher wichtigste
Schnittstelle zum Web. Sie werden zunehmend durch andere
intelligente Geräte ergänzt. Die Rechenkapazität selbst wird immer
mehr zu einem frei aus dem Netz abrufbaren Service
werden.

[20] Die Unterscheidung zwischen Ressourcen und ihren
Repräsentationen ist grundlegend für das von Roy Fielding entwickelte
REST„-Modell der Architektur des
WWW. „REST“ steht dabei für „Representational State
Transfer
„. Im Web werden in diesem Modell — sehr
vereinfacht gesagt — Ressourcen durch URIs
identifiziert. Webserver beantworten Anfragen eines Webclients, indem
sie eine Repräsentation dieser Ressource an den Client schicken; um
welche Repräsentation es sich dabei handelt, hängt von einem Prozess
der „Verhandlung“ zwischen Client und Server ab.

[21] dazu u.a. Luhmann 1997, p. 217f.

[22] Ich verwenden den Terminus „Form“ hier nicht im
Sinne von George Spencer-Brown, sondern als Bezeichnung für eine feste
Kopplung von Elementen, die in einem Medium nur lose gekoppelt
sind. Die Definition eines Mediums als Menge lose gekoppelter Elemente
geht auf Niklas Luhmann und über diesen auf den
Wahrnehmungspsychologen Fritz Haider zurück.

[23] Das neue Syndikationsformat Atom (http://www.atomenabled.org/developers/syndication/atom-format-spec.php)
verwendet dasselbe Format für Newsfeeds und für das Publizieren
von Weblog-Einträgen.

12 Kommentare zu “In Arbeit: Web Publishing aus systemtheoretischer Sicht

  1. Lieber Heinz,
    ich habe mir noch nicht das ganze aktuelle Posting zum Thema Systemtheorie (und Web Publishing) durchgelesen. Da ich aber diesen Aspekt bei meiner Diplomarbeit (Filmvermarktung 2.0) auch am Rande behandeln möchte, würde ich gerne ein wenig mehr darüber erfahren.
    Ich meld mich wieder, so bald ich zum Lesen gekommen bin. Jetzt ruft aber die Arbeit.
    Grüße aus Hamburg,
    Norbert

  2. Danke! Der Text ist noch embryonal. Ich möchte mich vor allem mit spezifischen Formen rekursiver Kommunikation beschäftigen, die so nur im Web möglich sind. Theoretisch will ich mich außer an Luhmann vor allem an Dirk Baecker orientieren, den ich dir hiermit ans Herz lege.

  3. Von Dirk Baecker hab ich noch nichts gelesen oder gehört. Parsons und Luhmann hatte ich schon bei meiner Seminararbeit im 5. Semester behandelt.
    Bin schon gespannt auf die finale Version deines Textes über dieses wirklich spannende Thema.
    Vielleicht ist übrigens bei meiner Linksammlung bei delicious (del.icio.us/norbsi) auch der eine oder andere Link dabei, der interessant sein könnte.
    Eine Frage zu delicious: wie funktioniert das link-sharen dort nochmal?
    Danke für die Tipps,
    Norbert

  4. Systemtheorie und Web 2.0
    Gerade eben entdeckt: Web Publishing aus systemtheoretischer Sicht. Hrt sich interessant an, und die ersten Zeilen lesen sich auch so. Allerdings hab ich heute Abend nicht mehr genug Energie, den Text zu lesen und durchzuarbeiten. Hole ich morgen…

  5. hallo heinz,
    ich würde auch gerne etwas zu deinem sehr interessanten artikel sagen. ich glaube, deine theoretischen grundannahmen werden von dir nicht konsequent weiterverfolgt, sodass es im weiteren textverlauf zu aussagen kommt, die ich so nicht teilen würde.
    1. die verschiebung von sender zu empfänger, von mitteilung zu verstehen (absatz „Beobachtbarkeit von Kommunikation im Web“): die kommunikation ist ein eigenständiges, autopoietisch geschlossenes system. nur sie selbst kann kommunizieren! der trick der kommunikationstheorie nach luhmann und baecker besteht gerade darin, den kommunikationsprozess von den beteiligten zu trennen! auch verstehen findet nun innerhalb der kommunikation statt, aber nicht beim „empfänger“, also bei den beteiligten, aber in der umwelt(!) der kommunikation vorfindbaren „bewusstseinen“.
    2. die unwahrscheinlichkeit der kommunikation: mit „unwahrscheinlichkeit“ meint luhmann keine räumlichen oder zeitlichen grenzen, an denen kommunikation „hängen bleibt“, sondern die möglichkeit der ablehnung. kommunikation kann immer abgelehnt werden, das macht sie (und das entstehen und fortbestehen von sozialen systemen) unwahrscheinlich. die evolution hat hierfür symbolisch generalisierte kommunikationsmedien (siehe auch wikipedia) entwickelt, die die annahmewahrscheinlichkeit erhöhen. der computer ist nur ein verbreitungsmedium, aber kein „unwahrscheinlichkeits-überrückungs-medium“.
    3. webkommunikation und kommunikation: mir ist nicht immer ganz klar, ob du hier verschiedene „kommunikationen“ vor augen hast, oder nur technisch unterschiedliche *möglichkeiten* von kommuninaktion. kommunikation ist ja erstmal nur die unterscheidung von information, mitteilung und verstehen, und somit unabhängig von interaktion, buch oder web gleich gebaut. ist für dich die webkommunikation nun eine andere form von kommunikation, oder etwas, das die struktur oder gar die theorie der kommunikation verändert? da bin ich mir nicht sicher, ob ich das richtig verstanden habe.
    ich finde deinen text sehr interessant und das thema generell spannend, und behandele es teilweise auch in meinem blog – wenn auch in deutlich kürzeren beiträgen und noch wissenschaftlich etwas weniger ausgearbeitet.
    gruß
    daniel

  6. lieber daniel,
    danke für die kritik! ich werde später, versuchen, ausführlich darauf zu antworten. ich würde mich sehr freuen, wenn es zu einem dialog über diese thematik käme.
    vorab zur „unwahrscheinlichkeit der kommunikation“: ich meine, dass die unwahrscheinlichkeit, adressaten zu erreichen, bei luhmann auch eine entscheidende rolle spielt und die evolution der verbreitungsmedien „motiviert“. beim googeln habe ich gerade folgende formulierung gefunden (aus dem „luhmann-glosar“):

    „(…) die Sprache bearbeitet die Unwahrscheinlichkeit des Verstehens, Verbreitungsmedien reduzieren die Unwahrscheinlichkeit, Adressaten zu erreichen, und symbolisch generalisierte Kommunikationsmedien bearbeiten die Unwahrscheinlichkeit der Annahme der Kommunikation.“ (GLU, S. 93) [Kommunikation – Diskurs.]

    hältst du das für ein missverständnis der luhmannschen theorie?
    viele grüße!
    heinz

  7. hallo heinz,
    das würde ich jetzt nicht als missverständnis von luhmanns theorie deuten, aber ich meine, für luhmann war die unwahrscheinlichkeit der annahme virulenter als die unwahrscheinlichkeit der erreichbarkeit. aber ich versuche, das nochmal genau nachzulesen, wenn ich was finde, und melde mich dann wieder. der entsprechende abschnitt dazu findet sich in „gesellschaft der gesellschaft“ (bd.1).
    gruß
    daniel

  8. Fundstück:In Arbeit: Web Publishing aus systemtheoretischer Sicht
    Bei meinen Webrecherchen habe ich eben folgenden Draft zum Thema Webkommunikation und Luhmannsche Systemtheorie gefunden.
    Ich habe wiederum einige Tage damit verbracht, Material zum Thema Systemtheorie und Webkommunikation zu suchen. Man…

  9. Hallo Heinz,
    sehr interessante Fragestellung. Auch wenn, wie von Daniel bemerkt, die Argumentation nicht streng systemtheoretisch nach Luhmann ist, gibt es auch innerhalb der Systemtheorie Ansätze dieses Frage nach der operativen Geschlossenheit des Netzes neu zu stellen. Ich denke Dirk Baecker geht zur Zeit eben dieser Frage nach. Es existiert aber auch einen älteren Artikel von Peter Fuchs über die spezifische Kommunikation im WWW. Zu lesen unter:
    http://www.medienobservationen.uni-muenchen.de/artikel/allgemein/World.html
    Es würde mich auch interessieren, wie Dein letzter Stand zu Deiner Forschungsfrage „Web-Publishing aus systemtheoretischer Sicht“ ist.
    Beste Grüße,
    Andy

  10. Zu Punkt 2. von Daniel
    Die Unwahrscheinlichkeit von Kommunikation, entspricht meines Wissens nach nicht der Gefahr der Ablehnung, sondern der Unwahrscheinlichkeit des Verstehens.
    Die Ablehnung entspricht der Vorstellung, dass: „Kommunikation gefährlich“ sei.
    Auch stimme ich nicht der Vorstellung zu, dass Kommunikation im Web wahrscheinlicher wird, sondern Anschlusskommunikation begünstigt. Allerdings jedoch in dem Sinne wahrscheinlicher macht, da durch Feedback und Rekursivität die Unterscheidung zwischen Information und Mitteilung begünstigt wird.

  11. Ich arbeite im Rahmen meiner Dissertation gerade an einem ähnlichen Thema und sehe aus dieser Sicht deinen Ansatz als wirklich gute erste Analyse an. Natürlich hängt es noch an einigen Stellen (besonders Punkt 3 im Kommentar von Daniel) halte ich für bearbeitenswert. Auch die immer wieder auftauchenden Begrifflichkeiten von Sender und Empfänger müssten anders dargestellt werden, um einen „Rückfall“ zu vermeiden und die Kommunikation nach Luhmann/Baecker zu sehen, wo eben ausschliesslich Kommununikation selbst kommunizieren kann.
    Vielleicht findest du ja noch mal die Zeit diesen vielverprechenden Ansatz weiter auszuarbeiten (Anschlusskommunikation ;-)).
    Mich würde es freuen 🙂
    Daniel

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