In den letzten Wochen haben ein paar Grazer Blogger Wahlempfehlungen gegeben. Ich setze diese Blogparade fort.

Ich werde in Graz die Piraten wählen. Dafür habe ich vor allem zwei Gründe:

  1. Die Piraten sind die einzige politische Partei, für die Netzpolitik ein Schwerpunkt ist. Alle anderen Parteien sind in der Zeit der Industriegesellschaft entstanden und haben Ideologien, die vor allem auf die Industriegesellschaft bezogen sind—selbst die Grünen, die die Industriegesellschaft kritisieren. Die wirtschaftliche und soziale Realität der Menschen wird aber bereits jetzt wesentlich vom Netz bestimmt. Datenschutz, Schutz der Privatsphäre, Netzneutralität und Urheberrecht sind nicht periphere Themen, sondern sie betreffen die Grundrechte und die alltägliche Lebensrealität jedes Einzelnen. Um diese Themen müssen sich Menschen mit netzpolitischer Kompetenz kümmern. Sonst setzen sich Lobbyisten, Pressure Groups und unkontrollierte Behörden hinter dem Rücken der Öffentlichkeit und der Bürger durch. Netzpolitik hat auch eine kommunale Dimension, z.B. hinsichtlich des Zugangs zum Netz, der Entwicklung von Netzkompetenz und der Förderung von Internetunternehmen. Eine Stadt wir Graz sollte beim Übergang zur Wissensökonomie eine Vorreiterrolle haben. Eine netzpolitisch orientierte Partei kann dabei als Katalysator wirken, auch wenn sie noch klein und in vielem unreif ist.
  2. Die Piraten arbeiten aktiv an neuen Formen politischer Partizipation, die die Möglichkeiten des Netzes ausnutzen. Liquid Democracy und LiquidFeedback werden zwar auch von anderen Parteien und Organisationen genutzt, aber für die Piraten sind sie essenziell. Die Piraten sind Vorreiter neuer Formen der Öffentlichkeit, die der Vernetzung und dem Echtzeit-Zugang zu Daten Rechnung tragen. Eine Netz- und datengestützte Partizipation lässt sich zuerst auf kommunaler Ebene realisieren. In Graz haben hier VertreterInnen anderer Parteien schon einiges bewirkt. Eine Stärkung der Piraten würde den Druck, mehr Transparenz herzustellen und die Verwaltung laufend durch die Bürger zu kontrollieren vergrößern.

Mir ist klar, dass die Gründe für meine Wahlentscheidung abstrakt sind und relativ wenig mit konkreten kommunalpolitischen Fragen zu tun haben. Dasselbe würde aber auch bei einer Entscheidung für eine andere Partei gelten—wobei weder Schwarz noch Rot deutlich machen, was sie nach den Wahlen tatsächlich tun werden.

Ich schätze die Grazer und die steirischen Grünen, und ich habe viele Bekannte und Freunde bei ihnen. Wenn es den Piraten gelingt, in den Grazer Gemeinderat zu kommen, werden die Grünen aber eher gestärkt als geschwächt. Die Chancen, dass die Grünen wie in den letzten Jahren in einer schwärzgrünen Koalition mitregieren, sind nach dem opportunistischen Koalitionsbruch durch die Volkspartei leider gering.

Ich weiss auch, dass die Piraten noch ganz am Anfang stehen und ihnen noch viele Kinderkrankheiten politischer Bewegungen bevorstehen. Aber mir sind die Kinderkrankenheiten lieber als die Altersbeschwerden der anderen Parteien.

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