Es ärgert mich, dass ich schon wieder über FH-Interna (aber sind es noch Interna?) schreibe. Im Moment habe ich den Kopf für andere Themen nicht frei. Gestern ist in der Presse ein Artikel über unseren Studiengang erschienen: Gefälschte Tests? Anzeigen gegen Grazer FH; heute eine APA-Meldung, die fast textgleich vom ORF und der Kleinen Zeitung übernommen wurde, in beiden Fällen auf der Startseite verlinkt. Die FH hat jetzt gerade mit einer Aussendung reagiert. Studierende haben eine Facebook-Page gestartet, die inzwischen über 100 Fans hat und mir als bisher beste—um nicht zu sagen: einzige—organisierte Initiative der Öffentlichkeitsarbeit gegen diese Kampagne erscheint.

Hier wird organisiert Rufmord betrieben—von jemand, der anonym agiert und damit rechnet, dass die FH nicht riskiert, öffentlich gegen ihn vorzugehen. Wer Namen nennt, muss mit Klagen rechnen; umgekehrt wird aber ein Name im übelsten Korruptionskontext genannt. Hier tritt jemand bewusst in den Unterleib um sich dann zu beschweren, wenn eine Hand gegen ihn erhoben wird

Eben habe ich einen Brief von Heinz M. Fischer an Michael Fleischhacker zur Kenntnis erhalten:

Sehr geehrter Herr Chefredakteur!
Lieber Michael!

Mit gewissem Erstaunen, wohl aber auch mit einer bestimmten Irritation habe ich in der heutigen Ausgabe der Presse den Artikel „Gefälschte Tests, unfaire Noten? Anzeigen gegen Grazer FH“ rezipiert; eröffnet er mir doch neue, bisher unbekannte Perspektiven von Qualitätsjournalismus, für den die Presse angeblich steht (oder gestanden ist), diesen Anspruch womöglich aber auch schon über Bord geworfen hat.

Einer der Autoren – Alexander Bühler – ist ein langjähriger Kollege jenes gekündigten Mitarbeiters der FH JOANNEUM, von dem diese Kampagne mutmaßlich losgetreten worden ist. Ich gehe aus, das ich Dir bekannt gewesen. Der Anwalt dieses Mitarbeiters hat dem Wissenschaftsministerium jedenfalls das ominöse Konvolut zukommen lassen. Die Presse hat es – natürlich zufällig – erhalten, und ebenso zufällig ist Alexander Bühler einer jener Journalisten, der sich dieses „Falles“ angenommen hat. Sehr saubere Konstruktion!

Es werden Behauptungen als Tatsachen hingestellt, ohne dass diese auch nur Ansatzweise hinterfragt werden (Aufträge für Parteien, Schmiergelder, Bestechung….). Weil dann hätte sich ja ergeben, dass diese Unterstellungen haltlos sind, und dann wäre die Story zusammengebrochen, und das wäre schade gewesen. Manipulation & Korruption an einer Hochschule klingt halt schon sehr fein.

Durch Formulierungen wie „…hätten die Alarmglocken schrillen müssen…“ wird suggeriert, dass großer Aufdeckungsjournalismus gefordert war, um einen „Skandal“ im Bildungsbereich freizulegen. Warum haben die Alarmglocken im Ministerium, Fachhochschulrat und anderen Stellen, die diese dubiosen Unterlagen erhalten haben, eben nicht geschrillt? Könnte das sachliche Gründe haben?

Die Qualität des großartigen Konvoluts, aus dem genüsslich zitiert wird, ist in keiner Weise hinterfragt worden. Warum auch? Vielleicht hätte sich herausgestellt, dass es sich um ein groteskes und absurdes Konstrukt handelt, das höchstens an einen Ort gehört – in den Mistkübel.

Dass ein Artikel derart unreflektiert – und es ist offensichtlich, wer und was dahinter steckt – in einem von Dir verantworteten Blatt erscheint, bloß um billigen öffentlichen Effekt zu erzielen, finde ich höchst erstaunlich. Aber es geht um meine Reputation, um jene eines Studienganges, den ich mit viel persönlicher Energie hochgezogen habe und der zu den erfolgreichsten FH-Studiengängen Österreichs zählt, und um den erstklassigen Ruf der FH JOANNEUM. Und dieses Image und dieses Prestige werde ich mir durch Journalisten, die meinen, grandiose investigative Leistungen erbracht zu haben, nicht beschädigen lassen.

Beste Grüße und weiterhin viel Erfolg,
Heinz

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Update, 28.10.2010: Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen gegen Heinz Fischer inzwischen eingestellt.

In der Welt der Web-Markupsprache HTML hat sich spätestens seit der Gründung der WHAT WG eine Revolution abgezeichnet. Aber erst im vergangenen Jahr ist sie tatsächlich ausgebrochen. Die Vorstellung des HTML 5-fähigen Safari 4 markiert sie ebenso wie der Start von Google Wave, das HTML 5 verwendet. Jetzt beginnt YouTube damit, HTML 5 statt Flash anzubieten, und Apple setzt wie beim iPhone beim iPad auf HTML 5 statt auf Flash. Steve Jobs hat gerade erst Adobe als „faul“ verhöhnt (via @MichaelReuter). Für Robert Scoble entscheidet sich in den nächsten Wochen, ob Flash noch eine Chance hat— Google habe dabei mehr mitzureden als Adobe selbst.

Ich merke, dass ich mich im Unterricht mit HTML 5 beschäftigen muss. Bisher habe ich, so weit das überhaupt zeitlich geht, in XHTML 1.0 eingeführt, und meine eigenen Kenntnisse auf diesem Gebiet sind ziemlich eingerostet.

Vielleicht lag es am Videocamp 2010, dem ich ein paar Stunden via Livestream gefolgt bin—jedenfalls habe ich meine eigene HTML 5-Weiterbildung gestern damit begonnen, Artikel über das video-Element zu lesen. In ein HTML 5-Dokument kann man Videos und Audios mit den Tags <video> und <audio> einbetten, so wie man bisher schon mit <img> angibt, wo und wie in einer HTML-Seite ein Bild dargestellt werden soll. Der Browser muss es nicht mehr einer fremden Anwendung—derzeit bei Computern meist Flash—überlassen, das Video oder Audio darzustellen. Die Region, in der das Video erscheint, kann mit CSS gestaltet werden, und per JavaScript hat man Zugriff auch auf diesen Teil des DOM-Trees.

Firefox, Chrome und Safari verstehen die Elemente video und audio. Für den Internet Explorer 9 ist HTML 5-Support angekündigt; ich habe noch nicht herausgefunden, ob das auch für die Video- und Audio-Darstellung gilt. Bisher muss man beim Internetexplorer mit Skripten auf Flash zurückgreifen, wenn man die HTML 5-Elemente für Multimedia verwendet, oder man kann das Plugin Google Chrome Frame benutzen (ich habe das nicht getestet; zu den fall back-Möglichkeiten auch: html5 video fallbacks with markup und Video for Everybody).

Was mit HTML 5 möglich ist, sieht man, wenn man im Safari 4 diese Seite öffnet. Auf sie bin ich durch eine andere spektakuläre HTML 5-Demo gestoßen [via ReadWriteWeb].

Ich bin noch auf der Suche nach Reise- oder eher nach Sprachführern für das HTML 5-Land. Eine gute Zusammenstellung bieten wohl die Web Design References. Empfehlen kann ich schon jetzt Mark Pilgrims Kapitel Video on the Web in seinem Online-Book-in-Progress Dive Into HTML5. Pilgrim beschreibt genau, wie man Videos mit offenen Tools in offenen Formaten anbieten kann, und welche Rückfallmöglichkeiten es da gibt, wo Browser diese Formate nicht unterstützen. Ein anderes ausführliches Tutorial zur Verwendung offener Videoformate mit HTML 5 hier.

Ein Linknest als Basislager für weitere Expeditionen (bzw. als Materialsammlung für meinen Unterricht):

John Gruber beklagt, dass sich bei den HTML 5-fähigen Browsern z.T. das Autobuffern (das Laden von Videos, bevor der Play-Button gedrückt wird), nicht unterbinden läst. Scott Gilbertson bedauert im Webmonkey zu Recht, dass YouTube jetzt zwar das video-element unterstützt, aber nicht die offene Codec Ogg Theora, die leider auch nicht Bestandteil des HTML 5-Standards werden wird. DailyMotion bringt 300.000 mit video eingebettete Videos, die mit Ogg Theora encodiert sind. Momente oder Abschnitte in Videos lassen sich in HTML 5-Dokumenten mit JavaScript ansteuern. Das Abspielen kann man, jedenfalls beim Firefox auch mit der Tastatur steuern. Es wurden eine Reihe alternativer Vorschläge dafür gemacht, wie Untertitel mit JavaScript hinzugefügt werden können; Bruce Lawson weist hier und hier, darauf hind, wie dringend dieses Problem gelöst werden muss, um Sites mit eingebetteten Videos barrierefrei zu machen.

Vor langer Zeit hat die SGML-Szene HyTime als Standard für zeitbasierte Medien ausgedacht. Mit HTML 5 werden vielleicht einige der Hoffnungen von damals Wirklichkeit.

Leider habe ich mir die Stelle nicht notiert—irgendwo habe ich zum Jahreswechsel gelesen, dass 2009 „Social Media“ als Buzzword „Web 2.0“ überholt hat. Ich habe den Eindruck, dass der Ausdruck, übrigens auch sein deutsches Pendant „soziale Medien“, oft schon selbstverständlich geworden ist. Mir selbst haben im letzten Jahr Internetausdrucker vorgeworfen, dass ich „Online-Journalismus“ und „Soziale Medien“ gleich setze. Anlässe, wieder einmal darüber nachzudenken, was mir diesem Ausdruck gemeint ist, und ob es sinnvoll ist, ihn zu benutzen.

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Christiane Schulzki-Haddouti hat ihre Liste journalistischer Kompetenzen vor ein paar Wochen um die “Haltung” als journalistische Kernkompetenz erweitert. Ich versuche, mich im Unterricht an diesen Kompetenzen zu orientieren, und lege sie auch dem Teilcurriculum Social Media zugrunde, an dem ich mich bei den Lehrveranstaltungen orientiere, an denen ich an unserem Studiengang beteiligt bin. Ich denke jetzt gerade wieder über diese Kompetenzen nach, weil ich ein Teaching Portfolio einrichten will — als Pendant zu ePortfolios der Studierenden.

Kann man Haltung als Kompetenz bezeichnen? Ober besser: Wie kann man—für Studierende einsichtig—beschreiben, um was es dabei geht? Ich würde die Kompetenz etwas anders formulieren: als Fähigkeit, das eigene Handeln in der Öffentlichkeit an einer reflektierten, expliziten journalistischen Ethik auszurichten und laufend auf sie zu beziehen. (Das ist noch holprig, ich weiß.) Wenn man sie so umschreibt, passt die Kompetenz in die Reihe der anderen von Christiane genannten Kompetenzen. Diese Kompetenz lässt sich tatsächlich unterrichten; man kann außerdem überprüfen, ob sie da ist, ohne dass man kontrollieren muss, ob die Studenten sich ethisch verhalten. Man kann sie übrigens auch von PR-Leuten verlangen—die wir hier ja auch ausbilden.

Zur journalistischen Ethik gehören die Normen, die Christiane Schulzki-Haddouti formuliert, vor allem die relative Unabhängigkeit. Die journalistische Ethik ist sicher nicht etwas überhistorisch Vorgegebenes, sie muss immer wieder in Diskussionen formuliert und überprüft werden—in Diskussionen, an denen sich auch das frühere Publikum beteiligen sollte, und in denen man die Frage der Begründbarkeit ethischer Normen ausdrücklich stellen sollte.

Die journalistische Haltung als Ziel der Lehre zu behandeln, bedeutet für mich: die spezifische ethische Rolle von Journalisten (und auch professionellen Kommunikatoren) immer wieder zu thematisieren und die übrigen Kompetenzen und skills, die vermittelt werden, auf sie zu beziehen. Zunehmend wird mir klar, dass man ohne diese ethische Dimension überhaupt nicht von journalistischer Professionalität sprechen kann. Mir hat dafür vor allem David Barstows Auftritt an unserem Studengang die Augen geöffnet.