Seit ein paar Tagen probiere ich ein iPad aus. Die Hochschule, an der ich arbeite, hat es angeschafft. Ob ich es mir selbst kaufen würde? Ich weiß es noch nicht. Vom Tablet selbst als Alternative zu einem Laptop bin ich begeistert. Aber mich dafür freiwillig in Apples überteuerten Kindergarten einsperren lassen? Ich warte lieber auf ein offenes Gerät wie das WeTab.

Verwendet habe ich das Gerät vor allem zum Lesen. Der GoogleReader lässt sich in der Desktopversion gut benutzen. Für Webseiten reicht das Format bequem. Der Bildschirm gibt Texte bei fast jeder Beleuchtung gestochen scharf wieder. Mein Sohn David mir gezeigt, wie gut man mit dem iPad Videos anschauen und z.B. Geschicklichkeitsspiele spielen kann. Wenn man unterwegs ist oder auf der Couch liegt und lesen oder Videos ansehen möchte, ist das iPad die klar bessere Alternative zum Laptop.

Das iPad erinnert an eine Schiefertafel. Als Lese- und auch als Schreibgerät hat es für mich etwas fast Antikes. Einen Text liest man auf einer solchen Oberfläche eher wie auf einer Schriftrolle als wie in einem Buch mit Seiten zum Umblättern. Zu einem Desktop oder Laptop passt das Lesen nicht wirklich; er behält immer etwas von einem Datensichtgerät. Beim iPad lenkt nichts vom Text ab, und man bewegt sich in ihm mit ganz einfachen Gesten, nicht mit Kommandos oder einem speziellen Input-Device wie einer Maus.

Noch mehr als die Leseerfahrung überrascht mich, dass ich mit dem iPad auch bequemen und schnell schreiben kann—jetzt zum Beispiel. Die virtuelle Tastatur ist groß genug; man schreibt problemlos mit 10 Fingern. Am Mittwoch habe ich das Gerät zu einem Projektmeeting mitgenommen und Notizen gemacht; ich habe meinen Laptop nicht vermisst. Ich muss mich beim Schreiben daran gewöhnen, dass ich mit den Fingern Objekte auf dem Bildschirm manipuliere und weder Pfeil- noch Befehlstasten zur Verfügung habe. Keine kleine Umstellung—die Computertastatur ist mir in den letzten 20 Jahren mental eingewachsen.

Zur zweiten Natur geworden ist mir inzwischen aber auch, dass ich mit einem Computer machen kann, was ich will, dass ich ihn frei steuern und programmieren kann. Das vermisse ich beim iPad, nicht nur, weil Apple allein entscheidet, was in den AppStore kommt und z.B. erotische Inhalte nur auf amerikanischem Sonntagsschulniveau zulässt. Ich vermisse, das ich mich frei bewegen und Dateien beliebig zwischen Verzeichnissen hin- und herschieben kann. Ich möchte mit GMail Dateianhänge verschicken können. Und ich hätte gerne eine Kommandozeile zur Verfügung, wenigstens um zu wissen, dass ich das Gerät kontrollieren kann, wenn ich will. Ich möchte nicht Apple-Bashing betreiben—das Design des iPad ist ausgefeilt, und Apple will offenbar verhindern, dass Interface-Konzepte und -Metaphern aus der Vor-Tablet-Zeit die neuen Möglichkeiten der Interaktion zwischen Nutzer und Gerät verwässern. Aber Apple nimmt den Benutzer an die Leine, überzeugt ihn nicht nur, sondern zwingt ihn. Damit wird sich Innovation nicht durchsetzen lassen.

Ein Kommentar zu “Revolution für Unmündige: Erste Erfahrungen mit dem iPad

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