Hm mir scheint, daß es auch in der aktuellen Diskussion (so man von einer sprechen kann) eine interessante Spannung zwischen den verwendeten Begriffen gibt. Zum einen versteht der Volksmund den Begriff Wissen schlicht im Sinne von „abrufbereite Information“. Wenn ich den Artikel richtig verstehe geht Breidbach nun davon aus, daß Wissen aber zugleich in der Fähigkeit besteht die vorhandenen Informationen zu verknüpfen und selbständig weiterzuentwickeln/anzuwenden und trifft den Nagel des altbekannten Problems „Theorie vs. Praxis“ auf den Kopf. Die von mh angesprochene Fähigkeit zur Abstraktion würde ich einmal wie folgt interpretieren: Damit ich auf einem spezifischen Gebiet sinnvoll arbeiten kann, benötige ich eine gewisse Basis an Faktenwissen. Das blose Vorhandensein verschiedener Daten, sagt aber noch nichts über meine Fähigkeit aus, mit denselben adäquat umzugehen. Und dort scheint er sich mit Breidbach zu treffen: „Von wissen spricht man erst, wenn er die Informationen in neuen Situationen anwenden kann.“ (siehe oben) Paradoxerweise scheint es da eine Verbindung zur praktischen Theologie zu geben, die zwischen Orthodoxie (rechter Lehre) und Orthopraxis (korrekter Handlung im Leben des Gläubigen) unterscheidet. Die in der Kirche stattfindende Verkündigung würde demnach Informationen vermitteln, ob diese sich dann aber mit dem Leben der „Bepredigten“ sozusagen verbindet und zu einer positiven Handlungsänderung herausfordert, scheint von anderen Faktoren abhängig zu sein. Und gerade das ist die interessante Frage: Wie funktioniert der psychische Prozeß des Verbindens von Informationen mit der Fähigkeit dieselben in neuen Situationen angemessen anzuwenden?
Interessant wäre, welche Erkenntnisse im Bezug auf die „Intelligenz der Massen“ sich aus der weiteren Vernetzung völlig unterschiedlicher wissenschaftlicher Disziplinen ergeben könn(t)en. Immerhin entwickelt sich momentan regelrecht eine neue Art von Geisteswissenschaft heraus, die momentan schwer zu bezeichnen ist. Fragestellungen sind meistens Verbindungsmöglichkeiten des Verhaltens von Usern mit neuen technischen Möglichkeiten und dessen gesellschaftlichen Auswirkungen. Cyber-Philosophie sozusagen :)) Interessant sind vor allem im amerikanischen Raum verbreitete Cross-Over-Themengebiete. Paradebeispiel der baptistische Pastor Rick Warren der mit seinem „Seeker Sensitiv Service“ den „weltanschaulichen Markt“ amerikanischer Glaubenskultur nicht mehr als reinen „Angebotsmarkt“, sondern als „Kundenorientierten Markt“ versteht und die Struktur seiner Gemeinde entsprechend angepasst hat… :)) Im Vergleich zu europäischen Verhältnissen eine – zugegeben ungewohnte – Sensation. Theologie als applied science sozusagen 😉
mfg