Gestern hatte ich einen spannenden und sehr netten Abend: Bei den Minoriten sprachen Christoph Chorherr und Dieter Rappold über das Web 2.0; Georg Holzer moderierte. Gespräche an der Bar und dann im Opatija folgten. Frische Luft für das Gehirn!

Christoph Chorherr berichtete von seinen Erfahrungen mit Web 2.0-Tools; mit anderen Beispielen schloss er an seine Präsentation auf dem Grazer PolitCamp an. Wer sich für Dieter Rappolds Thesen interessiert, findet einige der Folien, die er gestern gezeigt hat, bei SlideShare.

Mir war vieles von dem neu, was Dieter Rappold über Social Media Marketing als Alternative zu herkömmlichen Werbemodellen sagte. Er kann mit Zahlen von Kampagnen, bei denen knallgrau beteiligt war, belegen, dass man mit sozialen Medien Zielgruppen kostengünstiger und nachhaltiger erreicht als mit herkömmlichen Kampagen. Das funktioniert bei so unterschiedlichen Themen wie dem BMW Concept X1 oder dem Europawahlkampf der SPÖ. Die BMW-Kampagne erzielte nach zwei Wochen Social Media-Marketing dasselbe Suchvolumen wie ein klassisch beworbener BMW nach einem Jahr. Auf das SPÖ-Angebot im Web stießen weit mehr User über Facebook und Twitter als über Zeitungen, und sie blieben auch deutlich länger auf den Seiten.

Facebook und Twitter können wie klassische Medien — oder besser als sie — Aufmerksamkeit generieren und Benutzer auf Webangebote lenken; dabei wirken aber nicht Anzeigen, sondern Inhalte und Konversationen, für die sich die Benutzer interessieren. Es geht also eher um PR als um Werbung — wenn man die alte Unterscheidung benutzen will.

Warum werden soziale Medien noch so wenig für das Marketing und die Kommunikation genutzt? Eines der Haupthindernisse sieht Dieter in einer unheiligen Interessenallianz von Medien, Media-Agenturen und Werbeagenturen. Sie alle verdienen am alten Modell gut, dabei profitieren sie nicht zuletzt von seiner Undurchsichtigkeit. Nichts widerspreche dem Geschäftsbaren in dieser Branche so wie das völlig offene, transparente Geschäftsmodell der Google Ads, in dem Kick-backs ausgeschlossen sind.

Meist muss lange argumentiert werden, damit Firmen und Organisationen diese Instrumente nutzen — und es sind kulturelle und organisatorische Veränderungen nötig, damit sie ihre Zielgruppen authentisch und natürlich (Dieter Rappold) ansprechen können. Rappold sieht es als eines der wichtigsten Ziele seiner Agentur, diese Veränderungsprozesse zu unterstützen. Ich bin mir sicher, dass viele unserer Absolventen, egal ob in der PR oder im Journalismus, ihr Geld mit Culture and Change Management verdienen werden.

2 Kommentare zu “Ohne Kick-backs

  1. Lieber Heinz, danke für deine Zusammenfassung des Abends, den auch ich genossen habe. An der Stelle auch Dank an Matthias Opis der mich eingeladen hat. Ich habe vor allem auch bei Christoph Chorherr einmal mehr gelernt und aufmerksam zugehört – diese Begeisterung und das Engagement sind beispielgebend und inspirierend.
    Was deine Abschlußthese angeht, so kann ich Dir nur vollends zustimmen. Eure Absolventen haben, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheint, einen riesigen Markt vor sich – es entsteht gerade gewaltiger Bedarf der noch nicht vollends bewusst und explizit ist. Der/Diejenige(n) die diesen antizipieren und verstehen werden die Profiteure von morgen sein.
    Aber nicht indem Sie den Märkten „value“ entziehen, sondern indem Sie „value“ schaffen und zur nachhaltigen Wertsteigerung beitragen.

  2. Lieber Dieter,
    Christoph war in Hochform – es ist jammerschade, dass er in der Politik eine so singuläre Figur ist. Und auf Georg bin ich leider auch nicht eingegangen. Ich habe mich auf deinen Vortrag konzentriert, weil mir da am meisten neu war, vor allem die Rolle, die Twitter und
    Facebook tatsächlich schon als „hubs“ spielen, und auch der Gegensatz zur Interessenlage des bisherigen Werbebusiness.
    Es wäre schön, wenn wir bald einen Workshop mit dir am Studiengang hinbekämen. Die Studis hätten sicher viel davon. Beratung beim Kultur-/Organisationswandel wäre ein gutes Thema.
    Be seeing you,
    H

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