Ich habe gestern schon kurz auf John Udells Seven ways to think like the web hingewiesen.
So präzise und verständlich habe ich Grundsätze der Kommunikation im Web noch nie formuliert gefunden. Eigentlich müsste man das ganze Post übersetzen. Wenn ich Zeit finde, werde ich das tun. Hier wenigstens die Grundsätze selbst in einer deutschen Version mit einigen eigenen Bemerkungen:

1. Sei die Originalquelle deiner eigenen Daten!
(Englisch: Be the authoritative source for your own data!). Jeder, der im Web kommuniziert, ist dort selbst für seine Identität verantwortlich. Indem man selbst an Stellen publiziert, die man kontrolliert, hilft man dabei, die Glaubwürdigkeit des ganzen Webs zu bewahren oder auszubauen. Die Originalquelle seiner eigenen Daten ist man z.B. nicht, wenn man sie ausschließlich in kommerziellen sozialen Netzwerken publiziert. Der beste Weg dazu ist immer noch eine eigene Website oder ein eigenes Blog. Anonymität kann im Widerspruch zu diesem Prinzip stehen, aber erzwungene Nicht-Anonymität lässt sich nicht daraus ablenken.

2. Gebe durch Verweis, nicht durch Wert weiter!
(Englisch: Pass by reference not by value!) Wenn man, statt Daten oder Dokumente, nur Links dazu weitergibt, hat man die Möglichkeit, die Daten zu aktualisieren oder zu optimieren. Die Daten sind immer an derselben Stelle unter einer festen Adresse erreichbar. Gibt man die Daten selbst weiter, indem man z.B. Dokumente als Email-Attachments durch die Welt schickt, sorgt man für Versionskonflikte und erschwert es, Informationen zu finden.

3. Kenne den Unterschied zwischen strukturierten und unstrukturierten Daten!
(Englisch: Know the difference between structured and unstructured data!) Unstrukturierte Daten, z.B. normale Textdokumente, können von Menschen benutzt werden, aber kaum von Maschinen. Will man erleichtern, dass Informationen gefunden und weiterverarbeitet werden, sollte man sie soweit es geht strukturieren. Das tut man z.B., indem man sauberes HTML verwendet. Zur Strukturierung von Daten tragen auch saubere Metadaten bei, die z.B. über Urheber, Datum und Rechteinhaber von Texten informieren.

4. Entwickle und verwende verbindlichen Benennungsregeln!
(Englisch: Create and adopt disciplined naming conventions!). Auch verbindliche und verständliche Regeln für Benennungen, erleichtern es, Informationen auszutauschen und zu finden, also vernetzt zu kommunizieren und zu arbeiten. Ein ganz einfaches Beispiel dafür sind Twitter-Hashtags, die für eine Veranstaltung festgelegt werden. Ein weiteres stellen verständliche URLs auf einer Website dar. Hierarchische Menüs dagegen, deren Labels für einzelne Websites festgelegt werden, erschweren die Verständigung.

5. Mache deine Daten so umfassend wie möglich nutzbar!
(Englisch: Push your data to the widest appropriate scope!). Man würde das Web nicht brauchen, wenn man die Möglichkeiten, die in Daten und Informationen stecken, im Vorhinein abschätzen könnte. Mehrsprachige Versionen von Verwaltungstexten im Netz werden zwar wohl kaum gelesen, helfen aber Google dabei, seine automatische Übersetzung zu verbessern. Epidemien können mithilfe von Twitter beobachtet und vielleicht auch vorhergesagt werden. Je mehr Daten zur Verfügung gestellt werden, desto größer die Chance, dass sie kreativ genutzt werden. Für dieses Prinzip gibt es den schönen Ausdruck datalove.

6. Nimm durch Veröffentlichung und durch Abonnements an Publikations- und Subskriptionsnetzwerken teil!
(Enlisch: Participate in pub/sub networks as both a publisher and a subscriber!) Dieses Prinzip formuliert die Basis der Verbreitung von Informationen im Web. Sie werden in Netzen ausgetauscht, nicht von einem Ort aus an Massen gleichartiger Empfänger geschickt. Die Netzwerke funktionieren dabei auch als Filter für die Informationen. Soweit menschliche Benutzer die Informationen austauschen, kann man von einer People Centered Navigation sprechen, die an die Stelle der One-to-many-Kommunikation der Massenmedien tritt.

7. Verwende Komponenten und Dienste wieder!
(Englisch: Reuse components and services!) Ein Service, der im Netz erreichbar ist, braucht nicht noch einmal erfunden zu werden. Die kreative Energie sollte in Innovationen und Verbesserungen, nicht in Wiederholungen gesteckt werden. Eine Online-Vorlesung z.B. muss nicht offline wiederholt werden. Ein soziales Netzwerk, das funktioniert, muss nicht durch eine me-to-Produkt ergänzt werden. Umgekehrt müssen die Komponenten so gestaltet werden, dass sie wiederverwendbar und kombinierbar sind, selbst wenn dadurch auf einige Möglichkeiten verzichtet wird. Twitter z.B. war in seiner Unbestimmtheit leichter wiedernutzbar als Konkurrenzprodukte mit mehr Funktionen.

Man kann an diese Grundsätze viele Überlegungen anschließen. Sie liegen einer OpenData/OpenGovernment-Politik ebenso zugrunde wie Post-Privacy-Überlegungen. Sie ergeben sich letztlich aus der Natur des Webs als eines verteilten hypermedialen Systems von der Größe des Internets (Roy Fielding). Sie sollten bei der Vermittlung von Medienkompetenz oder Web Literacy heute eine Hauptrolle spielen.

Ein Kommentar zu “"Sieben Wege, wie das Web zu denken"

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