Gestern: Telefongespräch mit @brodnig über die Frage: Wozu Twitter? Ich habe schon einmal versucht, diese Frage nicht zu beantworten, und ich glaube noch immer, dass es keinen Sinn hat, nach dem Sinn, der wahren Bedeutung oder dem höheren Zweck von Twitter zu fragen.
Spätestens die Ereignisse nach der angeblichen Wahl im Iran haben aber gezeigt, was man mit Twitter besser machen kann als mit allen Werkzeugen, die es vorher gab: Man kann Nachrichten an eine beliebige Zahl von Followern verschicken, die die Nachricht weitergeben, wenn sie sie interessant finden. Twitter ist die Open Source-Version der Nachrichtenagentur. Dass Michael Jackson gestorben ist, habe ich gestern Nacht via Twitter erfahren. So wie jeder Informationen, die er für wichtig hält, in der Wikipedia veröffentlichen kann, so kann jeder via Twitter auf Ereignisse hinweisen. In der Wikipedia kontrollieren freiwillige Redakteure, ob die Information stimmt und relevant ist. Bei Twitter entscheiden die User, welchen Quellen sie trauen.
Mit Twitter kann man nicht mehr tun, als auf ein Ereignis hinzuweisen. Alle weiteren Informationen kann man nur verlinken. Twitter ist also eine Art Headline-Service.
Nachrichten zu veröffentlichen, ist im Web auch ohne Twitter möglich. Aber Twitter vereinfacht es radikal und bietet eine Infrastruktur, die es extrem einfach macht, Nachrichten zu folgen. Twitter ist — viel mehr als Blogging-Umgebungen — ein Werkzeug zum Publizieren wie zum Verfolgen von Nachrichten.

4 Kommentare zu “Twitter ist die Wikipedia der Nachrichten

  1. Bin deiner Meinung, nur: Twitter ist immer noch eine Firma, kein Foundation.
    Twitter und der Iran erinnert mich an den G8 Gipfel und indymedia 2001. Was sich veraendert hat: Damals hat niemand unabhaengige Nachrichten ernst genommen (man erinnere sich an Ferrero-Waldners Pauschalverurteilungen etc.). Wie sich spaeter herausgestellt hat, war die (damals schon fast Echt-Zeit-)Berichterstattung von indymedia die weit und breit einzige die mit Details aufwarten konnte, die spaeter erst relativ verschwiegen in lange Gerichtsverfahren aufgedeckt wurden.
    Wenn ich daran zurueckdenke, ist die heutige Funktion von Twitter als Quelle geradezu erstaunlich.

  2. Du hast Recht. Twitter ist eine Firma. Es sit schade, dass die offenen und föderierten Alternativen wie identi.ca noch nicht wirklich abgehoben haben.
    Zum Vergleich mit indymedia: Twitter ist eher ein „Metamedium“ oder Überblicksmedium, wie die Wikipedia ja auch. Es erlaubt es, in Echtzeit mehrere Quellen zu beobachten. Das macht es leichter u
    entscheiden, welche Quellen man für glaubwürdig hält.
    Followe jetzt jedenfalls indymediagermany (indymediagerman) on Twitter. Danke!

  3. Ich kenne Indymedia zu wenig. Es ist sicher aufschlussreich zu
    überlegen, was Twitter und Indymedia unterscheidet, und wie dabei
    technische und soziale Unterschiede ineinandergreifen. Ich vermute
    dass für den Erfolg von Twitter die Beobachtbarkeit und die leichte
    und spezifische Anschlusskommunikation entscheidendend sind. (Die
    Intentionen der Gründer sind vielleich gar nicht so verschieden von
    Indymedia, jedenfalls bei jemand wie Evan Williams.)
    Dein Posting finde ich sehr interessant. Im Ergebnis würde man dann
    das Twittermonopol mithilfe eines noch mächtigeren Monopolisten
    knacken. Wäre es nicht auch möglich, dass es so etwas wie eine
    „federated search“ von Microblogging-Diensten gibt?

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