Ich habe mich gestern am #TwitterBlackout beteiligt. Ich weiß, dass das eine naive Reaktion auf Twitters neue Policy ist, Tweets in bestimmten Fällen länderweise zu blockieren. Ich habe bei dem Boykott nicht mitgemacht, weil ich von Twitter enttäuscht war, sondern weil Twitters Ankündigung uns allen vorführt, wie abhängig wir von Twitter und damit von einer zentralisierten Infrastruktur sind.

Wir machen bei Google gerade ganz ähnliche Erfahrungen. Die Google-Dienste werden mit Google+ integriert, egal ob man das als User will oder nicht (wobei man bei der Suche die Personalisierung ausschalten, aber z.B. beim Reader anderen nur über Google+ folgen kann). Die Privacy-Regeln werden vereinheitlicht, und man kann ihnen nur noch für Google als Ganzes zustimmen, nicht mehr Service für Service. Auch hier zeigt uns eine Firma, dass wir als User gegen ein Monopol machtlos sind.

Am Abend habe ich mit mons7 gechattet, die ganz einfach zusammengefasst hat, um was es geht: »Uns gehört da nichts!« Das ist eine simple Erkenntnis, aber man verschließt gerne die Augen vor ihr. Ich habe sie jedenfalls ignoriert, obwohl ich die Warnungen von Leuten wie Dave Winer immer gelesen habe und obwohl ich auch nie daran gezweifelt habe, dass er Recht hat.

Einschub eins: Felix Stalder hat gerade in einem sehr klaren Vortrag die Doppelnatur des sozialen Web beschrieben: Einerseits wird es von wenigen, im Web großgewordenen Konzernen dominiert. Andererseits wird es von Kollektiven wie der Wikipedia-Community getragen, die nicht im Sinne der herkömmlichen Marktlogik agieren, sondern Inhalte frei bereitstellen und teilen. Beide Komponenten sind nicht voneinander zu trennen, und im Konflikt zwischen ihnen wird nach Stalder jetzt und in den nächsten Jahren entschieden werden, wie die Kultur im Netz aussehen wird.

Einschub zwei: Das Prinzip »The winner takes it all« gehört möglicherweise zur Ökonomie des Netzes. Was wir jetzt gerade mit Google, Twitter, Facebook und Apple erleben, lässt sich nicht auf dem Wege der staatlichen Monopolkontrolle verhindern.

Jedenfalls bin ich durch die Politik von Twitter, Google und auch Apple zu der Entscheidung gekommen, mich endlich wieder um eine eigene Infrastruktur zu bemühen. Ich möchte wenigstens die Möglichkeit haben, auf einen eigenen Server auszuweichen, wenn irgendjemand kontrollieren will, was ich publiziere. Um dabei so unabhängig wie möglich von lokalen Bestimmungen zu sein, habe ich mir einen Account bei dem isländischen Cloud-Provider Greenqloud angelegt, dessen Datenzentrum übrigens kein zusätzliches CO2 in die Atmosphäre schickt.

Ich muss mir einiges Wissen wieder neu aneignen, z.B. wie man einen Apache-Server konfiguriert. Ich hoffe, dass ich dieses Wissen auch weitergeben kann. Dabei werde ich mich auf dezentrale Publishing-Lösungen konzentrieren.

Ein Kommentar zu “Warum ich beim #TwitterBlackout mitgemacht habe

  1. hallo heinz. aber müsstest du nicht für richtige unabhängigkeit auch einen server in übersee / einem mikrostaat aufziehen um „halbwegs“ sichergehen zu können dass du von einem abschalten gefeit bist?
    im prinzip ist die letzte meile zum provider ja auch leicht abschaltbar, so wahrscheinlich auch bei greenqloud… die neuen gesetze sopa / pipa / acta machen es ja nötig dass die provider schnell einknicken gegenüber rechteinhabern,… 🙁
    schade dass es nicht schon dezentrale alternativen zu facebook und twitter gibt….

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