Wie in allen vergangenen Jahren gebe ich in dieser Woche wieder eine Einführung in HTML für die Bachelor-Studenten von JPR. In den letzten Jahren habe ich diesen Kurs zusammen mit Jutta Pauschenwein gegeben, dieses Mal — Jutta ist in einem Sabbatical — unterrichte ich mit Eva Goldgruber.


Ich habe immer versucht, ein paar Grundbegriffe von HTML zu erklären: Was sind Elemente? Wie werden sie hierarchisch angeordnet? Wie definiert man das Aussehen der Elemente? Mir war und ist es wichtig, die Trennung von Inhalt und Präsentation verständlich zu machen und den semantischen Charakter des Markups.
In diesem Jahr versuchen wir, einiges anders zu machen. Dabei merke ich übrigens, dass ich in meinen eigenen praktischen HTML- und CSS-Kenntnissen nicht weit über den Stand um 2005 (HTML 4.0, XHTML) hinausgekommen bin.
Bei dem Versuch, das Ganze zeitgemäßer zu machen, sind Eva und ich auf Thimble gestoßen. Thimble ist eine didaktische Entwicklungsumbegbung des Mozilla Webmaker-Projekts, ein

online code editor for learners & educators.

Thimble kommt den Bedürfnissen im Unterricht entgegen. Einige Vorteile:

  • Man arbeitet sofort in einem Projekt, zu dem unterschiedliche Dateien und Dateitypen gehören.
  • Man beginnt mit existierenden Projekten, die man remixt.
  • Man sieht sofort die Ergebnisse, und kann leicht die Beziehungen zwischen der gerenderten Version un dem Code erkennen.
  • Thimble „versteht“ Markdown und rendert Markdown-Dateien als HTML-Dateien.
  • Man hat Links zur Dokumentation.

Die Studenten sind gestern fast ohne Problem mit Thimble zurechtgekommen. Wir hatten den Eindruck, dass es wenigstens einigen durchaus Spaß gemacht hat. Bevor wir mit Thimble begonnen haben, haben wir die Studis lediglich ein extrem simples HTML-Dokument in einem Texteditor anlegen und in einem Browser öffnen lassen — nur um sie spüren zu lassen, dass man im Web mit einfachen Tools fast alles selbst machen kann.
Warum bringen wir den Studenten HTML bei und was unterrichten wir mit Thimble? Zum einen geht es darum, die Umgebung zu verstehen, in der heute Inhalte produziert und publiziert werden. Dabei sind HTML und die Webtechnologien insgesamt nur ein kleiner Teil — aber ein Teil, über den man gut Zugang zu anderen Entwicklungen (Techniken, Standards, wirtschaftlichen und politischen Elementen des „Netzes“) bekommen kann.
Mir geht es aber noch davor um etwas anderes, Näherliegendes: ein Verständnis der Autorenumgebung des Web. Wenn man HTML-schreiben kann, weiss man, welche Art von Objekten man beim Schreiben produziert und wie diese Objekte weiterverwendet werden können. Das ist vielleicht gar nicht so anders wie praktische Erfahrung mit Schreibgeräten wie Bleistiften aber auch wie Erfahrung mit dem Druck in der alten Welt des Publishing. Wenn man HTML erzeugt oder weiß, wie man es auf einfachem Weg produziert (ich verwende dazu meist Markdown und bringe das auch den Studierenden bei) hat man einen sinnlicheren, also lustvolleren Zugang zu dem, was man als Autor macht. Man hat außerdem so etwas wie eine physische Kontrolle über das was man produziert — man gibt nicht einfach „Daten“ ein, die irgendwie von anonymen Technologien weiterverwendet werden. Mir geht es dabei nicht um ein abstraktes, abprüfbares Wissen, sondern um eine Erfahrung des praktischen Umgangs mit Objekten — auch wenn diese Objekte Zeichen in einem Editor sind.
Ein solcher hands-on-approach zum Web Authoring lässt sich mit Thimble gut vermitteln. Vielleicht, weil die Macher von Thimble sich an der Maker-Philosophie der Mozilla-Foundation orientieren, einer Art handwerklichem Zugang zum Web. Ich bin auf den zweiten Tag mit Thimble heute gespannt, und ich werde es sicher auch noch in anderen Kursen ausprobieren.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.