Leider sind es nicht nur die simplen Menschen, die vom simplen Konzept der menschlichen Entwicklung ausgehen, bei der man nur in den früheren Lebensphasen wirklich Neues aufnimmt. Obwohl Hirn- und Lernforschung längst verstehen, dass lebenslanges Lernen möglich und der Normalfall ist, finden Konzepte wie „Digital Natives“ und „Digital Immigrants“ immer noch Erwähnung. Ich bin nie eingewandert. Die digitalen Instrumente wuchsen um mich herum empor und ich wendete sie an, seit sie verfügbar waren, auf so natürliche Weise, wie es meine Eltern mit dem Telefon, dem Auto und dem TV machten. Andere bedienten sich der digitalen Instrumenten nicht, weil sie daran nicht interessiert waren. Das ist der Grund, warum es Alte gibt, die nicht mit digitalen Medien umgehen können: weil sie nicht woll(t)en. Umgekehrt bin ich immer wieder erstaunt, wenn meine 20 bis 25 jährigen Studenten ihre Papieragenden pflegen oder eine einstündige Einführung in die Bedienung von Tablet Computer benötigen, bevor man sie im Unterricht einsetzen kann. Auch „Digital Natives“ müssen sich entscheiden, ob sie digitale Medien einsetzen wollen oder nicht. Das hat nichts mit dem Alter zu tun. Der einzige Unterschied ist, dass es bisher mehr oder weniger freiwillig war, sich den digitalen Medien zu entziehen, während sie mit dem Vorrücken des Web 2.0 zu einer Kulturtechnik werden, vergleichbar mit Lesen, Schreiben und Rechnen. Es wird nicht mehr möglich sein, sich dagegen zu entscheiden.