IBM is working on a project, called QEDwiki, that takes a stab at a long-held industry promise: end-user programming [IBM eyes programming for the masses | CNET News.com, ebenfalls via SWR].

Es geht um eine Erweiterung der Wikifunktionalität in die Richtung von Mashups, mit denen sich beliebige Informationen im Web kombinieren lassen. Sogar Manager sollen die neue Programmiersprache benutzen können; sie dürfte also extrem einfach sein. Ich habe einen Bericht über eine Demo gefunden. Hinweise zu dieser und anderen IBM-Entwicklungen auch bei David Weinberger.

Ich glaube, dass auch diese Entwicklung für den Webjournalismus sehr wichtig werden kann. Mit einem solchem Werkzeug kann man Informationen aus verschiedenen Quellen gemeinsam darstellen und Zusammenhänge sichtbar machen – etwa indem man Wirtschaftsdaten, Informationen über Migration und kartographische Informationen miteinander verknüpft. Man kann aber auch kollaborative Publikationen on the fly entwickeln, etwa unterschiedliche Autoren und Textsorten in einer thematischen Publikation zusammenbringen.

Update, 25. August: QED steht für Quick and Easily Done. Inzwischen gibt es eine Online-Demo. (Tatsächlich arbeitet gleich das erste Beispiel mit NewsML.) Einen guten Eindruck vermittelt QEDWIKI, IBM, AND "SITUATIONAL APPLICATIONS"
von Cal Evans. Vielleicht kann man die Applikation so beschreiben: Es
werden Objekte oder Widgets miteinander kombiniert, die Informationen
aus dem Web in Echtzeit darstellen. Die Widgets greifen auf
Datenquellen zurück und machen sie miteinander kompatibel.

In Zeitungen/journalistischen Publikationen wäre es wohl am interessantesten, den Lesern solche Widgets anzubieten. Während eines Wahlkampfes (hier in Österreich wird das Parlament am 1. Oktober gewählt) könnten Terminpläne der Kampagnen, Umfragedaten, demographische Daten, getaggte Aussagen aus Parteiprogrammen, Daten über Radio- und Fernsehsendungen und Karten miteinander kombiniert werden. Der Leser könnte mit seinem Werkzeugkasten die Parteikampagnen verfolgen.  Die verschiedenen Sichten auf die Kampagnen ließen sich dann wiederum austauschen, kombinieren und ergänzen.

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Kai Ricke, der Chef der Deutschen Telekom, hat im Februar in einem Interview mit der WirtschaftsWoche das Prinzip des gleichen Zugangs aller Anbieter zum Internet in Frage gestellt. Diesem Prinzip verdankt das Netz sein explosionsartiges Wachstum seit den 90er Jahren; deshalb behauptet Ricke zynisch: Hier entsteht eine völlig neue Welt. Sowohl die Bundesnetzagentur als auch die Web-Riesen müssen verstehen, dass die Regeln der Neunzigerjahre hier fehl am Platze sind. In den USA wird über dasselbe Thema seit Monaten eine erregte öffentliche und politische Debatte geführt: Auch dort wollen Quasimonopolisten für leistungsfähige Breitbandverbindungen bei einzelnen Anbietern von Inhalten kassieren. In Europa wurde Rickes Versuchsballon nur vereinzelt registriert (so von Markus Pilzweger in der PC-Welt, Ben Schwan in der Technology Review, vom Spreeblick, der FTD und im Register). Die Verbindung zur Forderung der Telekom nach einer Monopolstellung bei neuen Hochgeschwindigkeitsnetzen wird selten gesehen. Wenn die Netzöffentlichkeit nicht aktiver reagiert, kontrollieren in Europa vielleicht schon bald die Besitzer von Kabelnetzen, welche Web-Angebote das größte Publikum erreichen. Das könnte Innovationen im Netz nicht weniger bedrohen als die Durchsetzung von Softwarepatenten.

Rickes Angriffsziel heißt in der Fachsprache Netzneutralität. Die medienpolitische Bombe, die sich hinter diesem technisch-juristischen Begriff verbirgt, ist für den durchschnittlichen Internet-Benutzer nur schwer auszumachen. Die Öffentlichkeit muss also aufgeklärt und mobilisiert werden, damit das end-to-end-Prinzip nicht auch in Europa in Frage gestellt wird. (Zum end-to-end-Prinzip und zur Debatte in den USA siehe u.a. die Stellungnahme — PDF-Download, 236KB — von Vint Cerf vor dem Handelsaussschuss des Kongresses.)

Heute ist das Netz ein Markt, auf dem jeder zu den gleichen Bedingungen Inhalte und Dienstleistungen anbieten kann. Wer Erfolg hat und ein großes Publikum interessiert, muss für die Einspeisung seiner Daten ins Netz, seinen „Traffic“, mehr zahlen als ein Anbieter mit weniger Resonanz. Er kann sich aber nicht eine besonders schnelle Verbindung zum Endkunden kaufen, von der andere ausgeschlossen sind. Außerdem zahlt er bisher nur für das reine Datenvolumen und nicht dafür, dass eine bestimmte Art von Inhalten, etwa Video- oder Telefoniedaten, durch das Glasfasernetz geschickt werden.

Die Deutsche Telekom möchte nun für besonders schnelle Verbindungen zum Endkunden, das so genannte VDSL-Netz, von einzelnen Anbietern Gebühren verlangen. Dabei geht es ihr vor allem um das lukrative Geschäft mit hochaufgelöstem Video. Wenn sie diese Pläne verwirklicht, können Fernsehsender oder auch Tochterfirmen der Telekom die erforderliche Bandbreite erwerben. Weniger finanzkräftige Anbieter bleiben vom Markt ausgeschlossen oder müssen sich mit der bereits heute vorhandenen, langsamen Infrastruktur begnügen. Es dürfte ein willkommener Nebeneffekt sein, dass sich zugleich auch die Konkurrenz bei Dienstleistungen wie der Internet-Telefonie behindern lässt.

Eine solche Politik lässt sich nur von einem Monopolisten durchsetzen; wenn auf dem Gebiet der Netzinfrastruktur freier Wettbewerb herrscht, werden sich die Endkunden nicht für Provider entscheiden, die ihnen die freie Auswahl zwischen Inhalten und Dienstleistungen verbieten. In Deutschland zwingen die gesetzlichen Bestimmungen heute die Telekom dazu, ihr Netz auch Konkurrenten zur Verfügung zu stellen. Zur Zeit kämpft die Telekom gegen die bestehenden Regulierungsrichtlinien; andere Provider sollen auf das neue VDSL-Netz über Jahre nicht zugreifen dürfen. Die deutsche Bundesregierung unterstützt den ehemaligen Telefonmonopolisten; diese Position ist sogar im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Alle Konkurrenten der Telekom kämpfen gegen die beabsichtigte Wettbewerbsverzerrung (dazu u.a. Torsten J. Gerpott in der Technology Review; viele weitere Links bei heise online). Die Gegner der Telekom haben ihren wichtigsten Verbündeten in der europäischen Kommission). EU-Wettbewerbskommissarin Reding hat ein VDSL-Monopl der Telekom vorerst untersagt. Die deutsche Bundesregierung plant aber nach wie vor, das VDSL-Netz im neuen Telekommunikationsgesetz von der Regulierung freizustellen.

Bisher spielt es in der öffentlichen Diskussion keine Rolle, dass ein VDSL-Monopol der Deutschen Telekom die strategische Voraussetzung für ihren Angriff auf das Prinzip der Netzneutralität wäre. Die Themen VDSL-Monopol und Netzneutralität werden — soweit überhaupt — getrennt diskutiert. Deshalb ist es wichtig aufzuzeigen, dass die Themen VDSL-Monopol und Netzneutralität zusammengehören — Ricke liefert dafür in seinem Interview mit der Wirtschaftswoche selbst den besten Beleg.

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Sue Robinson versteht ihren Artikel Gateway or Gatekeeper – The institutionalization of online news in creating an altered technological authority (PDF-Download) als Vorarbeit zu einer new journalism institutional theory. Interessant ist der Aufsatz nicht so sehr wegen seiner Thesen zum Online-Journalismus sondern wegen deren Begründung. Die Autorin stützt sich auf ein solides theoretisches Konzept und auf eine davon methodisch abgeleitete Pilotstudie. Robinson geht von einer institutionellen Theorie des Journalismus aus, wie sie wohl vor allem Timothy Cook in seinem Buch Governing with the News von 1998 formuliert hat. Drei Komponenten machen den Journalismus zu einer stabilen Institution, die gleichwertig neben anderen Teilsystemen moderner Gesellschaften steht: das Selbstverständnis der Journalisten, die Routinen und Praktiken, die professionellen Journalismus definieren, und seine gesellschaftliche Autorität. Robinson skizziert auf wenigen Seiten, wie es dem klassischen Journalismus gelingt, die soziale Realität zu konstruieren und zu rekonstruieren, indem er den Kontext herstellt, innerhalb dessen soziale Erscheinungen wahrgenommen und definiert werden (G. Tuchman).

Das Internet verändert den Journalismus in seinem institutionellen Kern. Um diese Veränderungen zu erfassen, wertet Robinson Interviews mit den Verantwortlichen für die Online-Auftritte großer amerikanischer und einer spanischen Zeitung aus; einige dieser Gespräche führte sie selbst, andere finden sich auf Cyberjournalist.net.

Zwar verstehen die befragten Online-Journalisten ihre Mission kaum anders als ihre Kolleginnen in den traditionellen Medien: Sie betrachten es als eine ihrer Hauptaufgaben, wichtige und unwichtige, glaubwürdige und unglaubwürdige Nachrichten zu unterscheiden, begreifen ihre Tätigkeit also als autoritativ. Alle Gesprächspartner beschreiben aber ihr Handwerk als eine Tätigkeit, die mit herkömmlichen journalistischen Schreib- und Erzählpraktiken nur noch wenig zu tun hat, technikgeprägt ist und viel mehr Freiheiten bietet als sie die eingeschliffenen Zunft-Regeln ließen. Journalistische Dienstleistungen treten an die Stelle journalistischer Produkte, die Arbeiten sind nicht nur multimedial, sondern auch multidimensional; sie präsentieren die Realität roh, ohne die überkommenen Verfahren journalistischer Zubereitung. Noch radikaler haben sich die Beziehungen zwischen Journalistin und Publikum bereits verändert: Online-Journalisten arbeiten im Dialog mit ihren Adressaten, sie erhalten Feedback von ihren Lesern, ja sie werden von diesen sogar beauftragt, bestimmte Recherchen durchzuführen. Online-Journalisten, heisst es einmal, bringen nicht eine Geschichte zu den Lesern, sondern nehmen die Leser auf ihre Reise mit. Sie arbeiten dabei eng mit Menschen zusammen, die einen ganz anderen professionellen oder sozialen Hintergrund haben als sie selbst — vom Web- und Multimediatechniker über Bürgerjournalisten bis zu Webloggern.

Die institutionelle Burg des Journalismus wird geschleift. Die physische Wirklichkeit sorgt nicht länger für Abstand zwischen Journalistin und Leserin: beide halten sich zusammen im Cyberspace auf, die Geschwindigkeit der Kommunikation ist nicht mehr an die Zeit gebunden, die für die Überwindung räumlicher Entfernungen nötig ist.

Robinson legt keine vollständige Theorie vor, aber ihr Verständnis des Journalismus als Institution liefert ihr einen Bezugsrahmen, um Selbstbeschreibungen von Journalisten produktiv zu interpretieren. Sie kann damit zugleich distanziert und genau erfassen, wie radikal sich der Journalismus als soziale Tatsache gerade verändert. An einer Stelle spricht sie von „mildem technischen Determinismus“; diese Bezeichnung trifft ihre eigene Position recht gut. Ein Manko ihres Ansatzes sehe ich darin, dass sie kein Konzept des Internet oder besser, des Web hat, das ähnlich gut begründet und durchformuliert ist wie ihr Begriff vom Journalismus als einer Institution. Deshalb kann sie den Online-Journalismus nur mit denselben Metaphern beschreiben, die ihre Gesprächspartner verwenden — wenn auch vor einem expliziteren theoretischen Hintergrund. Es wird nicht deutlich, ob die Eigenschaften des Web und des Online-Journalismus lediglich das Ergebnis technikhistorischer Zufälle sind. Notwendig wäre hier auch eine Theorie des WWW als einer Institution; eine ihrer Ausgangspunkte könnte Roy Fieldings Dissertation Architectural Styles and the Design of Network-based Software Architectures bilden.