In dem Artikel des Standard über den WMO-Bericht zum Klima des letzten Jahres (tberg, red, APA 2024) wird auch auf eine neue Studie zur Prognose der Emissionen bis 2050 (Vashold and Crespo Cuaresma 2024) eingegangen. Die Autoren, Lukas Vashold und Jesús Crespo Cuaresma, modellieren die Emissionen nach Ländern und nach Sektoren und beziehen dabei außer den erkennbaren Tendenzen für die Sektoren die Prognosen für die Entwicklung des BIP und der Bevölkerung ein. Die Ergebnisse sind, vorsichtig gesagt, desillusionierend. In verständlicher Form werden sie auf einer eigenen Website visualisiert, der World Emissions Clock.
Klimaberichte zu
- den Rekordtemperaturen im Februar (in Österreich, weltweit und über den Ozeanen): Österreich: Wärmster Februar der Messgeschichte – science.ORF.at, February was warmest on record globally, say scientists | Climate crisis | The Guardian, Winter Heat Waves and Hottest Ocean Ever – The New York Times, Scientists Are Freaking Out About Ocean Temperatures – The New York Times, Weltmeere verzeichnen erneut außergewöhnliche Wärmerekorde – Klima – derStandard.at › Wissenschaft, Février 2024, neuvième mois consécutif à battre des records de chaleur à l’échelle mondiale – Libération;
- John Kerry und der Klimapolitik der Biden-Administration: John Kerry: US committed to tackling climate crisis despite fossil fuel growth | John Kerry | The Guardian, Demagogues imperilling global fight against climate breakdown, says Kerry | Climate crisis | The Guardian;
- den Carbon Capture and Storage-Strategien und -Diskussionen in Frankreich und Deutschland: Climat : des bateaux vont transporter du CO2 français pour le stocker dans le sous-sol danois – Libération, Habecks CO2-Speicherpläne: Meeresboden soll CO2-Lager werden – taz.de, CO₂-Speicherung unter der Nordsee: Endlager, ja bitte? – taz.de, Export de CO2 : «Il va falloir être prudent pour éviter de faire des mauvais choix à long terme» – Libération;
- der Notwendigkeit von radikalem Aktivismus: Why the climate crisis leads to radical activism;
- Mia Mottley und der Klimafinanzierung für den globalen Süden: Barbados-Premier über Klimakrise: „Alle haben ein Recht auf Entwicklung“ – taz.de.
Kurzzusammenfassungen hier auf Mastodon.
Ich habe mir heute The Exhausted of the Earth als Ebook (Chaudhary 2024) gekauft. Ein Interview mit Ajay Chaudhary im Guardian (Goodfellow 2024) und eine Podcast mit ihm (Introcaso 2024) haben mich überzeugt. In den Statements am Beginn schreibt Julia Steinberger, was ich – nach Interview und Podcast – erwarte:
Durch ein Interview mit Jonathan Franzen (Franzen 2023) bin ich auf Dale Jamieson und sein Buch Reason in a Dark Time (Jamieson 2014) gestoßen.
Der Untertitel des Buchs ist: Why the Struggle Against Climate Change Failed—and What It Means for Our Future.
Fasziniert habe ich bisher den Beginn und die beiden Schlusskapitel gelesen. Als eine Art Zwischenergebnis und Voraussetzung für die weitere Lektüre versuche ich zu formulieren, was seine Position ausmacht—wobei ich die Kapitel, in denen er die Klimapolitik bis 2014 (das Erscheinungsjahr des Buchs) analysiert, noch nicht gelesen habe. Es hängt mit Jamiesons analytischer Methode zusammen, dass sich seine Position nicht in wenigen Sätzen zusammenfassen lässt.
Public perception is important to any company, and fossil fuel companies are no different. Every year, they spend large amounts of money to make sure that the public is abundantly aware of all of the work fossil fuel companies are doing to help with the transition to clean energy.
Sehr hörenswert. Einerseits, weil gut dargestellt wird, wie die Fossilindustrie seit den 70er Jahren PR zur Vernebelung der Folgen ihrer Geschäfte verwendet—nicht neu, aber hier sehr gut zusammengefasst. Andererseits, weil der Podcast über Kampagnen, vor allem Clean Creatives, informiert, die dieser Branche die social licence to operate entziehen wollen. Sie stellen PR-Firmen und Anwaltsbüros an den Pranger, die für die Fossilindustrie arbeiten. Die eingeladenen Gäste kennen sich sehr gut aus. Die Seite enthält ein vollständiges Transskript der Folge.
Im Zug zurück von London habe ich zwei Essays gelesen, deren Autoren daran zweifeln, dass die Menschheit die Klimakrise durch organisiertes kollektives Handeln abwenden wird: Climate change: ‚We’ve created a civilisation hell bent on destroying itself – I’m terrified‘ von James Dyke und No Happy Ending: On Bill McKibben’s “Falter” and David Wallace-Wells’s “The Uninhabitable Earth” von Roy Scranton.
Beide Aufsätze sind Interpretationen und Kritiken von Publikationen zum Anthropozän und zur Klimakrise. Scranton rezensiert die Bücher Falter von Bill McKibben und The Uninhabitable Earth von David Wallace-Wells. Dyke bezieht sich auf eine Reihe von wissenschaftlichen und politischen Texten. Im Mittelpunkt steht für ihn das Konzept der Technospäre (englisch: technosphere), das Peter Haff in Humans and technology in the Anthropocene: Six rules dargestellt hat. Wichtige Ausgangspunkte für Dyke sind auch die Theorie der Nine planetary boundaries und der Begriff der Großen Beschleunigung, der in The trajectory of the Anthropocene: The Great Acceleration formuliert wurde.
Scranton und Dyke fragen, ob das Engagament der Aktivisten gegen die Klimakrise auf Illusionen beruht. Es geht in beiden Aufsätzen um die kollektiven Akteure, an die der Aktivismus gegen die Klimakrise appelliert. Dyke sagt im Anschluss an Haff, dass ein neuer Akteur, die Technosphäre, an die Stelle der Menschheit getreten ist, dass die Geschichte also gar nicht mehr von Menschen gemacht wird, sondern von einem autonom agierenden technischen Komplex. Scranton ordnet die Vorstellung einer kollektiv handeldenden Menschheit einem naiven narrativen Konzept zu—der alten Erzählung vom Sieg des Guten gegen alle Widerstände. Scranton und Dyke halten es nicht nur für möglich, sondern für wahrscheinlich, dass die Klimakrise tragisch ausgeht—mit den Katastrophen, die David Wells in seinem Buch und davon in seinem Artikel im New York Magazine beschrieben hat.
Beide Texte sind gelehrte Essays und enthalten eine Fülle von Verweisen. Ich verstehe sie als Ausgangspunkte für weitere Lektüre. Ich möchte sie und die Texte, auf die sie sich beziehen, vor dem Hintergrund der Akteurs- und Aktionskonzepte lesen, die von Bruno Latour und in seinem Umkreis entwickelt
wurden.
Die Leitfrage für mich ist hier: In welchen Beziehungen stehen wissenschaftliche Inhalte und öffentliche Diskussion? Wie greifen wissenschaftliche, politische und literarische Diskurse hier ineinander? Dazu gehört auch: Welches sind die Rollen und die Strategien von Autoren angesichts der ökologischen Katastrophe? Diese beiden Aufsätze sind keine nüchtern geschriebenen Rezensionen. Sie denken andere Texte weiter—auch da, wo deren Autoren selbst vor den Folgerungen aus ihren Überlegungen zurückschreckten. Sie artikulieren—ich kann es nur so vorläufig und oberflächlich formulieren—die existenzielle Dimension der ökologischen Krisen.
Ich bin durch Tweets auf diese Texte aufmerksam geworden, durch diesen und andere.