Jürgen Habermas denkt darüber nach, seriöse Zeitungen öffentlich rechtlich oder durch Stiftungen zu finanzieren. Der Text hat beinahe etwas Rührendes — in seinem Glauben an den Qualitätsjournalismus und auch in seiner Ignoranz gegenüber den Online-Medien.

Ich finde, dass Habermas Recht hat, was die Funktion des Journalismus für die Demokratie angeht. Figuren wie George Bush oder Silvio Berlusconi könnten nicht in Ländern an die Macht gelangen, in denen die bürgerliche Presse noch halbwegs funktioniert. Unabhängiger Journalismus lässt sich aber auch anders sichern als durch die öffentliche Finanzierung von Zeitungsverlagen, zum Beispiel den entschlossenen Ausbau der Online-Angebote öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten. Möglich wäre auch, dass Leute, deren Arbeitsplätze öffentlich finanziert sind, zum Schreiben für Bürgermedien ermutigt werden. (In einer „wilden“ Form arbeite ich diesem Blog nach einem solchen Modell.)

Bis die interaktiven Medien die Qualität der seriösen Zeitungen erreicht haben (und die reicht bei weitem nicht aus), ist es vielleicht tatsächlich besser, wenn die Süddeutsche Zeitung einer öffentlichen Stiftung statt einem Cerberus gehört.

BTW: Was wird eigentlich aus dem Standard, wenn der Süddeutsche Verlag [tatsächlich verkauft](
http://derstandard.at/?id=2846164 „Besitzer dürfen ‚Süddeutsche‘ zum Verkauf anbieten – derStandard.at“) wird?

Standard: Mr. Stauber, im Vorwort zur deutschen Ausgabe Ihres in den USA 1995 erschienenen Buches über die PR-Industrie schreiben Sie, dass der Großteil der Nachrichten organisierte Propaganda sei, die von faulen oder schlampig arbeitenden Journalisten ungeprüft übernommen werde. Sehen Sie das tatsächlich so?

Stauber: Zumindest was die USA anbelangt, würde ich sagen, es stimmt noch mehr.

Quelle: Sehr lesenswertes Interview zum opinion management in den USA im Standard.

John Stauber ist Executive Director des Center for Media and Democracy, das vierteljährlich die Zeitschrift PR Watch herausbringt (hier downzuloaden). Er hat in Wien sein Buch Giftmüll macht schlank vorgestellt. (Weiteres Interview im FM4 Interview Podcast; ich habe es noch nicht gehört.)

Die Website des Center for Media and Democracy ist eine Fundgrube an Informationen über Manipulationen der Öffentlichkeit, und sie zeigt, was man mit sozialen Medien machen kann, wenn man sie politisch verwendet. Beispiele:

  • Congresspedia — the „citizen’s encyclopedia on Congress“
  • SourceWatch — a directory of the people, organizations and issues shaping the public agenda
  • Blogs des Center

Als CMS benutzt das Center übrigens Drupal/CiviCRM.

Weit mehr als eine Visualisierungssoftware:

[thx chris!]

fidg’t verbindet soziale Netze über Meta-Kontakte. (Ich habe auf der fidg’t-Site keinen Hinweis auf OpenId gefunden. Das wäre vielleicht der nächste Schritt.)

Interessant ist, wie hier soziale Netze und mediale Netze zusammen dargestellt werden. (Vielleicht sehe ich dieses Thema auch nur selbst überall… -> people centered navigation, Jan van Dijk).

Mit Tag-Magneten lässt sich interaktiv beobachten, wie ein soziales Netz auf bestimmte Themen reagiert. Mit media streams verwende ich ein soziales Netz als Informationsfilter.

Hintergrund: Interview with Eduardo Sciammarella, PROTOMOBL. So vieldimensional wie das Konzept, so global (u.a. China, Korea, Japan, Ukraine) ist der Business-Ansatz. Zitate:

Well, the application is built around a buddy list. The idea there is to say that the most important thing on your phone is your contact list. Not a grid of applications.

The blogging side is also about user generated content–the fact that 60% of content the IM generation consumes is self-generated. That’s something we’re addressing as well.

Wikipedia: Eduardo Sciammarella. Sciammarella war einer der wichtigsten Designer bei Sony, u.a. Director Advanced Interface at Sony Pictures Digital.

Gestern habe ich zum ersten Mal versucht, in einer Einführung in HTML und CSS auf die Erstellung komplexer, Grid-basierter Seiten mit der Technik von One True Layout einzugehen. Eine mutige Studentin führte in das Thema ein; anschließend versuchten die Studierenden, jeweils selbst eine mehrspaltige Beispielseite mit dem Layout-Generator zu erstellen, den Alex Robinson in seinem Aufsatz mitliefert. Bei vielen hat das überraschend schnell geklappt.

Es handelte sich um eine Veranstaltung für angehende Journalisten und PRler, nicht für Designer. Ich bin mir immer noch nicht sicher, wie viel HTML- und CSS-Wissen diese Gruppe braucht, und wie man diese Themen so unterrichtet, dass sie auch für die nicht technikaffinen Studenten verdaulich sind. Es führt wohl weiter, exemplarisch mit komplexen, aber realistischen Layout-Techniken zu arbeiten, als nur Basics zu behandeln, die die meisten praktisch kaum verwenden werden.