Drei Abschnitte aus einem Artikel im Feuilleton der Süddeutschen, der leider nicht mehr kostenfrei zu lesen ist. Abgetippt habe ich sie vor allem wegen der Verweise auf Archive, die mittelalterliche Bibliotheken im Web publizieren. In dem Artikel, einem zugleich pointierten und facettenreich-gelehrsamen Porträt des Paläographen und Mediävisten Bernhard Bischoff, weist Jostmann gleich zu Beginn auf die systematische Übertragung antiker Texte in Codices durch Cassiodor und seine Nachfolger hin.
Nur wenige Jahre nach Bernhard Bischoffs Tod ist die Erforschung alter Handschriften in den Strudel einer Medienrevolution geraten, die mit derjenigen der Spätantike vergleichbar ist. So wie einst Cassiodor und andere die Inhalte antiker Papyrusrollen in Codices, also in Bücher übertragen ließen, so sind heute einige Pioniere dazu übergegangen, diese alten Bücher zu digitalisieren.
Es sind Leute wie Thomas Aigner, der in St. Pölten die Klosterarchive des des Habsburgerreichs für das Internet aufarbeitet, Leute wie Manfred Thaller, Professor für
Historisch-Kulturwissenschaftliche Informationsverarbeitungin Köln, oder wie Georg Vogeler, ein Vordenker der digitalen Edition von Urkunden, der bis vor kurzem an der Universität München arbeitete, aber nun, nachdem die Uni-Leitung den Lehrstuhl für Geschichtliche Hilfswissenschaften demontiert hat, seine Koffer packt und nach Italien geht. Vogeler hat für die Virtuelle Hochschule Bayern einen Internet-basierten Paläographie-Kurs entwickelt, mit dem inzwischen viele Studenden das Lesen alter Handschriften üben.
Wenn Bischoff noch lebte, er wäre von der digitalen Technik begeistert, ist Gerhard Schmitz überzeugt, der bei denMonumenta Germaniae Historicadas DigitalisierungsprojektdMGHangestoßen hat und zu den vielen gehört, die einst bei Bischoff Rat suchten. Für Schmitz handeln die Verantwortlichen in den Bibliotheken viel zu zögerlich. Es gibt europaweit erst zwei, die Kölner Dombibliothek und die des Klosters St. Gallen, die ihre mittelalterlichen Bestände vollständig digitalisiert und in wissenschaftlich brauchbarer Form im Internet zugänglich gemacht haben (www.cesg.unifr.ch und www.ceec.unikoeln.de)
[Christian Jostmann: Klöster im Netz. Bernhard Bischoff und die Digitalisierung alter Handschriften (Süddeutsche Zeitung Nr. 293, 20. Dezember 2006)]
Link zu dem Paläografie-Kurs Vogelers: Paläographie Online
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