There were no accepted criteria of fascism, nor did it possess conventional tenets. Yet one significant feature of all its organized forms was the abruptness with which they appeared and faded out again, only to burst forth with violence after an indefinite period of latency. All this fits into the picture of a social force that waxed and waned according to the objective situation.
What we termed, for short, “fascist situation” was no other than the typical occasion of easy and complete fascist victories. All at once, the tremendous industrial and political organizations of labor and of other devoted upholders of constitutional freedom would melt away, and minute fascist forces would brush aside what seemed until then the overwhelming strength of democratic governments, parties, trade unions. […]
To imagine that it was the strength of the movement which created situations such as these, and not to see that it was the situation that gave birth in this case to the movement, is to miss the outstanding lesson of the last decades.
Fascism, like socialism, was rooted in a market society that refused to function. (Polanyi, 2001, p. 239)
Habe gerade versucht, bei Karl Polanyi ein Zitat zu finden, das zur aktuellen Situation passt. Anlass: Ein Interview im Deutschlandfunk mit einer „Wirtschaftsweisen“, die zwar von den „Gebeutelten“ der Globalisierung spricht, aber die historische Situation nicht benennt und die Parallelen zur Situation vor 100 Jahren absichtlich oder unabsichtlich ignoriert (Malmendier, 2025).
Es ist sicher gefährlich, die Ähnlichkeiten zwischen den aktuellen Ereignissen und denen vor einem Jahrhundert zu überschätzen. Aber wenn man in Polanyis „Great Transformation“ liest, versteht man wohl mehr von dem, was sich gerade tut, als es die Analysen einer unhistorischen Ökonomie bieten. Der Trumpismus ist wie der autoritäre Rechtspopulismus anderswo die falsche Antwort auf eine objektiv gegebene Situation: Märkte, die sich die Gesellschaft unterworfen haben statt von ihr kontrolliert zu werden. Damals haben, wie Polanyi es darstellt, vor allem die Regierenden in England nicht daran geglaubt, dass die Nazis tatsächlich mit dem bestehenden internationalen Wirtschaftssystem brechen würden. Jetzt, so kommt es mir vor, glauben die Anhängerinnen und Anhänger der Globalisierung, die Feinde der sogenannten „globalen Handelordnung“ müssten nur zur Vernunft gebracht werden. Wenn Polanyi Recht hat – und man müsste seine Thesen für unsere „Anthropozän-Situation“ übersetzen – dann besteht die eigentliche Alternative heute aber zwischen dem Faschismus Trumps und seiner Verbündeten und einer – internationalen – gesellschaftlichen Kontrolle der Märkte.
@Heinz ein wenig unterdiskutiert scheint mir für historische Parallelen, dass damals weltweit "Faschismus" oder auch Bruch mit Weltordnung in diversen Staaten als Option im Raum stand. Die Allianzen dafür und dagegen waren dann eher in historischer Pfadabhängigkeit der Verteidigungslogik geschuldet und haben auch ideologisch wenig kompatible Gemeinschaften erzeugt. Womöglich wird es wieder einen Wasserscheid-Moment geben, wo sich Staaten gemäß deren aktueller Verfasstheit einsortieren.
Wenn ich es richtig sehe, dann geht Polanyi genau davon aus, dass damals der Faschismus überall eine Option war uns sich dann mehr oder weniger zufällig mit anderen Zielen (wie in Deutschland der Revision des Versailler Vertrags) verbunden hat. Nicht nur bei Polanyi gibt es die These, dass die Ideologie beim Faschismus weitgehend austauschbar ist. (Ich habe das bei Robert Paxton gefunden https://wittenbrink.net/autokratischer-durchbruch-gegen-die-oekologische-realitaet-vor-trumps-zweiter-amtszeit/#more-18390). – Ich finde es sinnvoll, in Zusammenhang mit Trump, aber auch z.B. mit Putin und der FPÖ, von „Faschismus“ zu sprechen, um nicht zu verharmlosen – aber es geht um ein weitgehend neues Phänomen, dass ähnliche Wurzeln hat wie der Faschismus des letzten Jahrhunderts. Dass die „faschistischen“ Bewegungen sich geopolitisch sehr verschieden verhalten werden oder würden, glaube ich auch.
@Heinz was ist das neue an dem Phänomen?
Wenigstens ein wichtiger neuer Aspekt ist die Verbindung mit den „Social Media“, während die alte Form der Mobilisierung durch faschistische Organisationen fehlt. Vor allem aber ist die Ausgangssituation der ökologisch-sozialen Krisen eine andere. Trump und Konsorten definieren sich als antiökologisch, wo der Faschismus früher antibolschewistisch war. Sie kämpfen für unbegrenztes Wachstum, obwohl die planetaren Grenzen bereits überschritten sind. Das gibt ihnen eine neue Stoßrichtung. Das nur als vorläufige Antwort …
@Heinz das hatte ich in deinem Artikel so rausgelesen, würde dort aber gar keinen Neuerungswert in der Ontologie von Faschismus-Phänomenen zuschreiben. Gerade weil Faschismus sich völlig opportunistisch willkürliche Feindbilder sucht und schafft. Siehe auch der Fokus auf "trans gender in sports" der eine rein kommunikationsstrategische Chimäre ist mit lächerlich wenig realen Konflikten, die dort verhandelt würden, aber es zermürbt den Mehrheitsdiskurs, sich in der Alterisierung gemein zu machen.