Mich fasziniert eine Formulierung, die Teodora Petkova in einem Tweet wie nebenbei verwendet, um auf ein Blogpost hinzuweisen: digital text, having found its great home – the Web. Diese Formulierung drückt sehr genau aus, was das Web für Texte heute ist: ihre Heimat, der Raum, in den sie gehören und in denen sich ihre Möglichkeiten am besten verwirklichen lassen. Wenn man es so versteht, ist das Web nicht ein Kanal, eine Plattform für Publikationen neben anderen, sondern es hat einen besonderen Status.


Ich verstehe das so: als hypertextuelle, offene und universale Umgebung bildet das Web den öffentlichen Raum für die vorhandenen und zukünftigen Beziehungen eines Textes zu anderen Texten, Menschen und Objekten. Diese intertextuellen Beziehungen sind oder werden real, sie können durch Handlungen und von Maschinen nachvollzogen werden, es handelt sich nicht nur um mentale Repräsentationen oder um Interpretationen. Ein Text im Web ist dadurch offen. Er besteht nicht ohne die Beziehungen zu anderen Texten, die sich verändern können.
In ihrem Blogpost beschreibt Teodora Petkova die Beziehungen von digitalen Texten und Wissenrepräsentation. In einer dichten, genauen und zugleich fast poetisch beschwörenden Sprache erfasst sie, warum digitale Texte einerseits unabgeschlossen und andererseits für Maschinen erfassbar und verarbeitbar sind. Den Bezügen dieses Textes muss ich noch nachgehen. Im Zentrum von Teodora Petkovas Post steht der dialogische Charakter digitaler Texte – mich erinnert das an Bachtins Begriff der [literarischen Polyphonie](https://de.wikipedia.org/wiki/Polyphonie_(Literatur%29).
Mich begeistert die Formulierung vom Web als home des digitalen Texts auch, weil sich von ihr ausgehend begründen lässt, warum das Web eine besondere Rolle in der Content-Strategie hat. Digitaler Text ist Inhalt, der für Maschinen beschrieben ist, der auch von Maschinen verarbeitet werden kann (was nicht bedeutet, dass ihn Maschinen wie Menschen verarbeiten, sondern dass ihn Maschinen für Menschen verarbeiten können). Alle digitalen Texte, letztlich alle Texte, können in Webtexte übersetzt werden. Die Umkehrung dieses Satzes ist nicht möglich: Texte im Web können nicht in Nicht-Web-Formate übersetzt werden, ohne ihre hypertextuellen Bezüge teilweise oder ganz zu verlieren. Damit wird jede Strategie für digitale Inhalte, wenn es ihr um die Qualität der Inhalte geht, irgendwann eine Content-Strategie für das Web.

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