Morgens beim Aufwachen das Gefühl, dass ich mich nicht mehr an die Zwänge anpassen muss, an die ich mich über Jahre gewöhnt habe, die für mich natürlich geworden sind. Vielleicht, weil mir langsam klar wird, dass ich nicht mehr Vollzeit arbeite. Ich muss nicht mehr mit Sprache etwas erreichen.

Ich kann dahin zurück, wo ich als Blogger hinwollte. Ich kann versuchen, meine eigene Stimme zu benutzen. Ich muss keine Rücksichten nehmen.

Die einzige Routine, die ich in den letzten Jahren erworben habe, ist die Meditation. Zielloses Atmen. Oder: Atmen mit dem Ziel, sich nicht auf ein Ziel zu konzentrieren. Das Schreiben, das mir vorschwebt, ist ähnlich. Eine Bewegung, die nirgendwo hinführt, die einfach anfängt und aufhört. Wie das Meditieren ist sie nur scheinbar egoistisch. Sie kommt nicht in Gang, wenn man sich auf sein Ich konzentriert.

Jetzt sitze ich an unserem Dachfenster, schaue auf den Schlossberg und frage mich, ob ich bei den Content-Strategie-Workshops, bei denen ich gerade referiere, nur erzähle, wie man sprachliches Junk-Food produziert. Wie weit ist das, was ich lese und auch das, was ich schreiben will, von dem entfernt, was ich schon lange jeden Tag mache: unterrichten, wie man mit Sprache etwas erreicht?

Jetzt, nach dem Frühstück, bekomme ich meine Gedanken nach dem Wachwerden kaum noch zu fassen. Ich habe gestern eine Maschinerie vorgestellt, aber nicht klar sagen können, wozu sie dient. Mir sind heute früh die unterschiedlichen Sprachfunktionen durch den Kopf gegangen, wie sie Bühler beschreibt. Ich muss in diesen Workshops Leute befähigen, mit anderen über Inhalte zu sprechen, eigentlich: Inhalt, das Sprechen, Kommunikation anzusprechen und zum Thema zu machen—in Organisationen, in denen alles andere zum Thema wird. Man muss das schaffen, ohne in den administrativen Jargon zu verfallen, der Organisationen so unerträglich macht.

Vielleicht ist das der Anspruch der Content-Strategie (und damit bin ich weg von meinen Morgengedanken): die Inhalte so einfach und angenehm zu machen, dass man sich auf sie freut, statt sich an sie anpassen zu müssen—so wie eine gut designte Applikation einfach angenehm zu benutzen ist, statt mir vorzuschreiben, was ich zu tun habe.