Ich fliege von Frankfurt zurück nach Graz. Ich habe über das Wochenende meinen Vater besucht und gestern mit Sascha Stoltenow und Stefan Evertz über das neue Curriculum gesprochen, das wir für #COS vorbereiten. Ich habe diesmal von Frankfurt nicht viel gesehen—die Skyline bei der Einfahrt in den Bahnhof, gestern die Hochhäuser im Westend auf dem Weg zu Sascha und dann wieder einmal die EZB, weil ich mich mit Stefan bei den Coffee Fellows in der Hanauer Straße treffe.
Ich mag Frankfurt. Ich mag die Geschäftsmäßigkeit und das Tempo, ich mag die urbane, kapitalistische Ausstrahlung, die unbescheidene Architektur und vor allem die Internationalität. Die Menschen in der S6 nach Bad Vilbel sind so gemischt wie in London oder New York. Eben, vor dem Abflug, habe ich meinen Kaffee von einer Frau bekommen, zu deren Dienstkleidung eine Namensschild mit einer deutschen, einer britischen und einer äthiopischen Flagge gehört. Es zeigt, welche Sprachen sie spricht. Für mich steht es für ein zivilisiertes Verständnis von Begriffen wie „Heimat“ und „Identität“: Identifizieren will ich mich nur mit einem Patchwork, mit einer Kombination von Fragmenten, die auf andere Fragmente verweisen, und die man auch anders kombinieren könnte.
In Deutschland sind verschwitzte Trachtenjankerträger auf dem Vormarsch, und in dem Land, in das ich zurückreise, sind sie an der Regierung. In Ungarn vertreiben hasserfüllte Provinzler wieder einmal die Intelligenz. Solche Leute können mich leicht provozieren und ich helfe ihnen damit noch, auf sich aufmerksam zu machen. Die Frankfurter Atmosphäre ermutigt mich, ruhig zu bleiben und sie selbstbewusst zu verachten. Buntheit und Beweglichkeit sind reizvoller als Regression und Monotonie.