Am Wochenende habe ich zwei wichtige Texte gelesen, die zentrale und meiner Ansicht nach nicht widerlegte Argumente dafür enthalten, für einen sofortigen und radikalen Wechsel unseres Wirtschaftssystems zu kämpfen. Die Argumentation der beiden Texte findet auf verschiedenen Ebenen statt. Es gibt aber viele Berührungspunkte zwischen ihnen. Beide stammen vom August 2018. In beiden geht es um die Risiken, die damit verbunden sind, dass bei einer weiteren Aufheizung der Erdatmosphäre Tipping Points erreicht werden. Jenseits dieser Kipp-Punkte ist eine noch schnellere und viel weiter gehende Erhitzung der Atmosphäre nicht mehr aufzuhalten. Diese Erhitzung ist mit dem Risiko verbunden, dass menschliches Leben nur noch auf Teilen der Erde oder überhaupt nicht mehr möglich ist.
WeiterlesenIch beschäftige mich noch mit den Inhalten des Vortrags von Dieter Gerten über die planetaren Grenzen. Für mich ist er auch ein Anlass, meine eigene Tätigkeit als Lehrender an einer wirtschaftsorientierten Fachhochschule in Frage zu stellen.
Die Indikatoren für das Anthropozän
Gerten verweist auf den zentralen Aufsatz The trajectory of the Anthropocene: The Great Acceleration aus dem Jahre 2015 (PDF-Download hier). In diesem zusammenfassenden Text werden eine Reihe von Indikatoren für soziale Veränderungen seit dem Beginn der Industrialisierung mit einer Reihe von Indikatoren für Veränderungen im Erdsystem verbunden. Die Schlussfolgerung ist, dass wir seit etwa 1950 die Periode, die man als Holozän kennt, verlassen haben. Durch menschlichen Einfluss hat sich das Erdsystem schon jetzt tiefgreifender verwandelt als beim Übergang zum Holozän, also zu einer für die menschliche Zivilisation, wie wir sie kennen, günstigen planetaren Umwelt. Die Grafiken mit den verschiedenen Indikatoren sind oft publiziert worden (verschiedene Versionen hier).
WeiterlesenIn der letzten Woche hat Dieter Gerten vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung in der katholischen Hochschulgemeinde einen Vortrag über das Leben innerhalb der planetaren Grenzen gehalten.
Ich habe mich für den Vortrage und den Vortragenden auch interessiert, weil das Potsdam-Institut für mich inzwischen zu einem wichtigen intellektuellen Orientierungspunkt geworden ist. Auf das Institut gestoßen bin ich durch eine Diskussion zwischen Bruno Latour und Hans Joachim Schellnhuber im letzten Jahr.
WeiterlesenDie Klimakrise macht verrückt, schreibt Latour—davon kann ich mich nicht ausnehmen. Es ist wahrscheinlich unangemessen und vielleicht sogar lächerlich, ein epochales Phänomen wie die globale Erhitzung in einem Blog mit Thesen zu begleiten. Ich habe die folgenden Thesen formuliert, um meine Gedanken zu ordnen und um mich in Diskussionen auf sie beziehen zu können. Wichtiger als diese Thesen selbst sind mir ihre Konsequenzen etwa in Content-Strategie und Webkommunikation oder bei lokalen politischen Aktionen. Ich freue mich über Widerspruch und Diskussion.
1. Disruption
Die Klimakrise und das Durchbrechen der Planetary Boundaries führen zu disruptiven Veränderungen, die alle gesellschaftlichen Veränderungen, zu denen es seit 1950 gekommen ist (Übergang zur Wissensgesellschaft, Digitalisierung, Globalisierung) um Dimensionen übertreffen. Im 21. Jahrhundert wird es keine wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und technischen Entwicklung geben, die unabhängig von der Klimakrise eingeschätzt und gesteuert werden kann.
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