An Sylvester und Neujahr in Zagreb habe ich noch zwei schöne Tage bei Bernhard und Kristina in Cres angehängt. Gestern bin ich mit dem Katamaran nach Rijeka und dann am Nachmittag mit dem Flixbus von dort nach Graz weitergefahren.
Es war ein strahlender Wintertag. In Rijeka habe ich zwei Museen besucht, das historische Museum im Zuckerpalast und das mmsu.
Auf der Fahrt im Bus habe ich mich zum ersten Mal seit Wochen wieder mit Klimaberichten beschäftigt und dann den 2024 state of the climate report mit dem Titel „Perilous times on planet Earth“ gelesen. Zwischendurch habe ich Berichte über den Abbruch der Koalitionsverhandlungen in Österreich verfolgt. Zwei Welten, die nicht zusammenpassen, oder doch: die Realität der Polykrisis und das Bahnfrei! für die Rechtsradikalen in Österreich, die diese Katastrophen zu einer Erfindung erklären. Nicht nur die FPÖ und ihre Verbündeten, auch viele, die darüber schreiben, leben in einer Welt, in der das, was mich beschäftigt nicht existiert oder existieren soll.
Während meiner Fahrt gestern waren die aktuellen Ereignisse der Vordergrund für die Geschichte Rijekas im 19. und 20. Jahrhundert und auch für Erinnerungen an meiner früheren Besuch dort und auf Cres. Die Geschichte Rijekas, die in einer Ausstellung im Zuckerpalast gezeigt wird, war von Verwerfungen und Brüchen bestimmt, die mich an die Bruchzonen zwischen tektonischen Platten erinnern. Die gleiche kleine Region gehörte zu verschiedenen Herrschaften: Sie war österreichisch, ungarisch, kroatisch, italienisch und jugoslawisch. Jetzt ist sie kroatisch, aber in der Ausstellung werden die lokalen Unternehmer heroisiert, nicht kroatische oder regionale Politiker. Rijeka war über Jahrhunderte weltoffen, im guten und im bösen Sinn. Die Zuckerproduktion basierte auf Kolonialismus und der Sklaverei. Später exportierte man Torpedos.
In Wien war man daran interessiert, von dieser Stadt und ihren Verbindungen zu profitieren, man scheint sich aber nicht allzusehr um sie bemüht zu haben. Die heterogene und kleinteilige Welt der Adria war wohl zu kompliziert für die Politik in der Hauptstadt – so wie die Welt um Österreich herum die Politik dort auch heute nicht wirklich interessiert. Man will sich nicht mit dem Krieg in der Ukraine, mit den Schwierigkeiten der europäischen Union oder gar der Klimakrise beschäftigen, sondern sicher in seiner kleinen Welt bleiben und dort kassieren. Mit einer Partei, die diese Welt draußen halten will, können die meisten deshalb ganz gut leben.
Das Meer, die Wildheit und die Ruhe der Insel fehlen mir. Sie sind das Gegenteil des tödlichen Miefs der österreichischen Selbstbeschau, die jede Gewalt erträglich findet, wenn man es sich nur in ihr einrichten kann. In Österreich macht man gerade wieder mit Lust Provinzpolitik und glaubt, dass sich das nirgendwo auswirken wird. Das hat sich schon mehrfach als Illusion herausgestellt.