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„Die aktuelle Ausgabe zum Schwerpunkt „Technologie verändert die Bildungsforschung“ (hrsg. von Peter Baumgartner und Sandra Schaffert) ist im Dezember 2007 erschienen. „
Ich habe gestern gemerkt, dass einige meiner Bekannten das Video noch nicht kennen, in dem Lawrence Lessig dazu aufruft, Barack Obama zu wählen. Man fragt sich, welcher europäische Politiker eine solche Unterstützung verdient hätte. Wie immer faszinierend: Lessigs Präsentationsstil. Das Video ist ein Beispiel für politische Kommunikation im Web, und es zeigt auch, wie anders die politischen Parameter in den USA sind.
Am 25. Februar finder der erste Grazer Web Montag statt, und zwar um 19 Uhr im VisionSpace der FH Joanneum (Alte Postr. 149). Web Montage sind Treffen über Web 2.0-Themen, bei denen die Teilnehmer über ihre Arbeitsgebiete und Interessen sprechen und vor allem: sich unterhalten. Wer Interesse hat, kann sich im Web Montags-Wiki eintragen.
In Graz arbeiten viele Leute mit und im Web, aber die einzelnen und die Gruppen sind kaum miteinander vernetzt. Vielleicht lässt sich das ändern!
Dank an Hannes für seinen Hinweis! Aktuelle Informationen zu Web Montagen in Östereich gibt es auf Web Montag.at.
Zum Bild [via flickr] siehe: Denise Schmandt-Besserat, Exzerpt und Inhaltsverzeichnis aus: How Writing Came About. Ich bin auf die Archäologin Schmandt-Besserat durch Howard Rheingold gestoßen. Sie hat erforscht, wie sich die Schrift der Sumerer aus Ton-Objekten entwickelt hat, mit denen Güter wie Tiere oder Krüge gezählt wurden. Die Objekte — sie spricht von tokens — repräsentierten einzelne Gegenstände oder auch Mengen von Objekten (zu überprüfen; ich habe heute zum ersten Mal davon gelesen). Sie waren in der Jungsteinzeit über Jahrtausende in Gebrauch und sind an vielen Stellen nachgewiesen. Sie wurden offenbar selbst in Behältern aufbewahrt — zum Beispiel von jemand, der für eine Herde verantwortlich war — und um eine Übersicht über den Inhalt dieser Behälter zu bewahren, ging man irgendwann dazu über, die Zählmarken in die noch nicht getrockneten Deckel der Tonbehälter zu pressen. Mit der Entdeckung, dass diese Deckel allein zur Repräsentation von Objekten genügen und man auf die Behälter mit den Tonobjekten verzichten kann, beginnt die Geschichte der Schrift (in unserer
Geschichte; die Schriftsysteme in Ostasien und Mittelamerika haben einen anderen Ursprung).
Am Beginn der Schrift stand also nicht eine Bilderschrift, sondern das Zählen und Rechnen — wenn man will: die jungsteinzeitlichen Computertechnik.
Links: Denise Schmandt-Besserats Homepage. Kurzdarstellung ihrer Theorie: 1, 2, 3 leads to A, B, C: Denise Schmandt-Besserat: Research Impact. In der Wikipedia steht über die inzwischen emeritierte Forscherin:
Schmandt-Besserat’s present interest is the cognitive aspects of the token system that functioned as an extension of the human brain to collect, manipulate, store and retrieve data. She studies how processing an increasing volume of data over thousands of years brought people to think in greater abstraction. She also continues her research on Neolithic symbolism at the site of of ‚Ain Ghazal, near Amman, Jordan.
74% aller deutschen Journalisten haben die Wikipedia zu Recherchezwecken verwendet. Wichtigstes Instrument der Recherche ist laut der PR-Agentur Storymaker Google.
(Der Online-Standard verzichtet leider auf ein Link zur Quelle — hier die Pressemeldung der Agentur — und bleibt damit hinter dem Wikipedia-Grundsatz Say where you found the material zurück.)
Für den Studiengang, an dem ich arbeite ist das eine Anregung, die Wikipedia und Google ausführlicher zu behandeln und das Arbeiten mit ihnen intensiver zu üben. Zugleich müssen wir wieder einmal die Frage stellen, worin die Professionalität von Journalistinnen heute noch bestehen kann. Die Storymaker-Studie nennt außer Google und der Wikipedia als wichtigste Informationsquellen die Online-Archive der Redaktionen und Gespräche mit kompetenten Personen. Ob die internen Archive noch lange eine Informationsvorsprung sichern werden, ist zumindest fraglich — es spricht nichts dafür, dass sie nicht bald von frei oder fast frei zugänglichen Quellen im Netz überholt werden. Und gut gepflegte soziale Netzwerke werden nicht nur Journalisten Zugang zu Informanten bieten.
Professionalität im Journalismus bestünde dann zum einen darin, Instrumente, die allen zur Verfügung stehen, besser zu beherrschen. Und zum anderen darin, Informationsprozesse
(ich entschuldige mich für das hässliche Wort-Provisorium) zu organisieren, also Netzwerke oder Sub-Netzwerke zu organisieren, die ihren Teilnehmern bestimmte Informationen zur Verfügung stellen. Medien werden dann vielleicht nichts anderes mehr sein, als soziale Netze, deren Zweck Information oder auch Unterhaltung ist.
Zurück zur Pressemeldung von Storymaker und zu unserem Studiengang: Die Studie hat noch einen weiteren Aspekt, der für uns wichtig ist, da wir auch PR-Leute ausbilden: Journalistinnen informieren sich über Unternehmen vor allem über deren Websites, dort suchen sie auch nach Angaben zu kompetenten Gesprächspartnern. Sie erwarten dort fundierte inhaltliche Informationen zu den Firmen und ihren Arbeitsgebieten. Sie
vermissen … hier „häufig“ oder „manchmal“ Fakten (88 Prozent), Hintergrundinformationen (82 Prozent), verständliche Texte (80 Prozent), Links zu weiterführenden Quellen (68 Prozent) und druck- und pressefähige Bilder (65 Prozent). Videoclips oder Audiofiles würden etwa ein Zehntel (9 Prozent) der Journalisten gerne zur Verfügung gestellt bekommen.
Wir sind gerade dabei, ein Projekt zur Verbesserung der inhaltlichen Qualität steirischer Unternehmens-Websites zu starten (auch das eine Frage der literacy), da ist diese Meldung Wasser auf unsere Mühlen! In unseren Lehrveranstaltungen müssen wir uns mit diesen Themen noch viel mehr als bisher beschäftigen.
Richard Pope berichtet sehr amüsant von einem Barcamp für Government Geeks im Londoner Google-Hauptquartier. U.a.:
There’s no lack of enthusiasm with the GovGeeks, but they seem to feel constricted by the currently slow moving, contract orientated ways of the civil service, as well as the ever changing grand plans from above of the more strategic looking civil servants (someone presented a truly mind-boggling-design-by-commitee flowchart of how the future version of direct.gov.uk is supposed to work).
Sicher auch ein Vorbild für unser PolitCamp im Mai! Organisiert hat das BarCamp Jeremy Gould. Hier fasst er seine Erfahrungen zusammen [via currybetdotnet].
Howard Rheingold über Co-Evolution of Technology, Media and Collective Action. (Man kann sich auf der Seite auch ein Video der Präsentation in Second Life ansehen.)
Rheingold versucht in einer Viertelstunde einen Überblick über die Geschichte der Menschheit. Die These ist: Mediale Revolutionen ermöglichen jeweils völlig neue Formen des kollektiven Handelns, sie erlauben es,
to organize collective action on scales that we weren’t able to organize before.
Interessant sind die Konzepte, mit denen Rheingold arbeitet, vor allem der in der Soziologie entwickelte Begriff des kollektiven Handelns (collective action), daneben auch der begriff der symbolischen Kommunikation. Die Voraussetzung der collective action ist dabei nur indirekt die Technologie. Zwischen Technologie und gesellschaftlichem Handeln „vermittelt“ — um es sehr deutsch auszudrücken — die literacy
. Rheingold verwendet, vor allem wenn er über die Gegenwart spricht, diesen Begriff im Plural, spricht z.B. von multiple literacies. literacy ist ein soziales Phänomen, sie ist gesellschaftlich reguliert.
Rheingold wehrt sich ausdrücklich dagegen, ein technischer Determinist zu sein. Er verweist auf das Beispiel der Druckerpresse, die in Ostasien früher als in Europa erfunden, aber in zentralisierten Gesellschaften kaum verwendet wurde. Neue Techniken sind nur eine Bedingung dafür, dass die Barrieren für kollektive Aktionen niedriger werden. Sie senken zunächst vor allem die Schwelle für der Erwerb von Bildung.
Rheingolds Keynote ist nur die Einleitung zu einem ausführlichen White Paper (pdf).
Henry Jenkins unterrichtet am MIT Medientheorie und beschäftigt sich intensiv damit, wie media literacy vermittelt werden kann. (Da mich dieses Thema immer mehr interessiert, steht er schon länger auf meiner Liste zu lesender Autoren.) Einige Gedanken/Begriffe aus seinem Work in Progress WHAT WIKIPEDIA CAN TEACH US ABOUT THE NEW MEDIA LITERACIES [via hrheingold’s bookmarks]:
- Medienkompetenz im Vor-Web-Zeitalter war auf Rezeptions- und Ausdrucksfähigkeit gerichten, heute liegt der Akzent auf Kommunikation und Partizipation. (Historisch stimmt das nur bedingt; die rhetorische Tradition, in der wir ja alle stehen, hat immer Wert auf Teilhabe am öffentlichen Leben gelegt.)
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Die Kompetenzen, die für die Kommunikation im Web wichtig sind, unterscheiden sich nicht grundsätzlich von den Fähigkeiten, die man braucht, um mit herkömmlichen Medien umzugehen; sie bauen darauf auf. Das entspricht meinen Eindrücken im Unterricht und z.B. auch bei Barcamps. Mit den neuen Medien gehen die Leute am erfolgreichsten um, die auch mit den klassischen Medien am produktivsten arbeiten. (Und umgekehrt! ) Allerdings muss dazu die
technische Schwellenangst
überwunden werden. -
Schlüsselrolle des informellen Lernen: Die meisten lernen außerhalb der Bildungseinrichtungen, mit Online-Medien umzugehen. Das dürfte nicht nur damit zusammenhängen, dass die Lehrer an Schulen und Hochschulen diese Kompetenzen nicht vermitteln können oder dürfen (und stattdessen nicht selten erkennbar überholte Kompetenzen vermitteln), sondern mit dem dezentralen und partizipatorischen Charakter dieser Medien. (Dazu sehr gut Chris Langreiter und Gernot Tscherteu (pdf) !)
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Bedeutung der Transparenz für soziale Medien. Die Wikipedia unterscheidet sich von den üblichen Enzyklopädien auch dadurch, dass jeder redaktionelle Schritt nachvollzogen werden kann, sie ist selbstreflexiv, wie Jenkins schreibt oder zitiert. Auch das ist eine der Qualitäten, durch die das Web den Print- und Broadcastmedien radikal überlegen ist.
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Spielerisches Lernen: Medienkompetenz erwirbt man, indem man mit den neuen Medien spielt. Der für mich schönste Satz in Jenkins Aufsatz:
Just as young people coming of age in a hunting based culture learn by playing with bows and arrows, young people coming of age in an information society learn by playing with information.
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„An elastic layout scales with users’ text size. More accurately, an elastic interface scales with browser text size…“