In den letzten beiden Wochen habe ich drei Texte für Medium geschrieben—spät, denn ich kenne Medium schon lange und habe es im Sommer vor zwei Jahren beim Redesignen dieses Blogs als Vorbild verwendet. Ich habe eine Sammlung angelegt, in die ich hoffentlich bald auch Beiträge von anderen aufnehmen kann: Am Glacis — Texte über Graz.
Wirklich herausgefunden, was das Besondere an Medium ist, also wodurch sich ein Text dort von einem Blogpost unterscheidet, habe ich noch nicht. Meine Arbeitshypothese war: Medium entfernt sich von einem Blog in der Twitter entgegengesetzten Richtung. Bei Twitter liegt der Akzent auf der Kürze und dem Echtzeitcharakter, bei Medium auf der Länge und der größeren Unabhängigkeit vom Augenblick der Publikation.
Ich bin mir nicht ganz sicher, ob diese Einschätzung richtig ist. Vielleicht liegt ihr ein zu simples Schema zugrunde. Meine ersten Posts sind nicht so weit von Blogposts entfernt. Auch viele andere Beiträge auf Medium, einschließlich der des Gründers Ev Williams, sind eigentlich ganz normale Blogposts.
Das Besondere bei Medium ist wohl eher die Konzentration auf den einzelnen Text. Man nimmt ihn nicht als Bestandteil einer Kette von Posts wahr, sondern allenfalls als Teil einer Collection. Die wichtigste Publikationseinheit ist nicht das Blog und seine Entwicklung, sondern ein für sich stehender Text. Es gibt wenig Grund dazu, diesen Text anderen Texten in seinem Umfeld anzupassen. Ich habe für Medium Texte über ein Thema geschrieben, das mich schon länger interessiert, das ich aber in meinem Blog immer als Fremdkörper empfunden habe: Die Kultur in Graz. Dieses Thema erwartet kaum jemand in meinem Blog. Bei Medium gibt es (noch) keine Erwartungen.
Vielleicht unterscheidet vor allem die Arbeitsweise Medium vom herkömmlichen Bloggen. Ein Blog macht es mir so leicht wie möglich, spontan und allein zu publizieren. Die redaktionelle Kontrolle ist gering. Aber ich kann ein Blog so individuell und persönlich, wie ich will, gestalten. Bei Medium beschränkt sich mein Freiraum auf Text und Medien. Dabei wird die redaktionelle Kontrolle größer. Ich kann meinen Text anderen zum Gegenlesen vorlegen, bevor ich ihn veröffentliche. Es ist vor und nach dem Publizieren möglich, einzelne Abschnitte zu kommentieren. Ich kann Texte in eine Sammlung aufnehmen. Ich sehe in den Statistiken nicht nur, wie oft ein Text geöffnet wurde, sondern auch, wieviel er gelesen wurde, vermutlich also: wieviele User bis zum Ende gescrollt haben. Medium ist auf redaktionelle Qualität und Auswahl des Inhalts hin optimiert.
Werde ich jetzt mehr auf Medium schreiben und weniger bloggen? Ich weiss es nicht. Ich hoffe, dass ich eher mehr bloggen werde. Vielleicht erleichtert es Medium mir, im Blog zu einem improvisierten Schreiben zurückzufinden. Medium werde ich eher für Texte benutzen, die nicht so spontan entstehen wie ein Blogpost.
Mir sind ähnliche Gedanken zu Medium gekommen. Insbesonder das „gemeinsame“ Schreiben und Kommentieren eines Textes ist reizvoll. Letztendlich habe ich mich letztes Jahr entschlossen, bestimmte Inhalte aus meinem INJELEA-Blog rauszuhalten und stattdessen ein separates Blog zu starten. Damals war die deutschsprachige Community bei Medium noch sehr klein. Derzeit scheint sich das zu ändern. Der Fokus auf den Text bewog mich damals, beim Schreibenden-Blog aber ein Template ähnlich wie bei Medium zu benutzen. Und darüber bin ich sehr froh.
Teilt ihr diese Ansicht, #mmjour14? RT @heinz: Erste Erfahrungen mit Medium – Lost and Found http://t.co/kiK45wyFud
Medium ist sehr ästhetisch und als reine SaaS-Lösung so gut lesbar wie das hier verwendete Framework.
Hier werden im ersten Link ähnliche Plattformen erwähnt.
Nach meinen ersten Schritten bei Medium genügt WordPress.com weiterhin meinen Ansprüchen. Gemeinsame Arbeit an einem Entwurf ist bei WP.com nur geringfügig umständlicher.