Heute habe ich an der FH Wien Erstsemester des Journalismus-Studiengangs in das Verwenden von Newsfeeds eingeführt. Unten, leicht überarbeitet, Notizen, die ich mir vorher gemacht habe, um die Unterrichtsziele zu beschreiben. Mit Newsfeeds umgehen zu können ist für mich ein Teil der Kompetenzen im Informationsmanagement, die zusammen mit Fähigkeiten in der Herstellung von Medien und im Identitäts- und Netzwerkmanagement Web Literacy bilden.
Ich beschränke mich hier auf die Skills und das Wissen, die man braucht, um Newsfeeds zu verwenden. Auf ihnen bauen die Kompetenzen auf, die man braucht, um Newsfeeds zu produzieren und zu publizieren. Eng mit ihnen verwandt ist das Knowhow, das man für die Nutzung von Podcasts braucht.
Skills für den Umgang mit Newsfeeds
Unter Newsfeeds verstehe ich Informationen, die man abonniert, die man also aus einer Quelle regelmäßig bezieht. Was muss man können, um Newsfeeds sinnvoll zu verwenden?
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Newsfeeds abonnieren und in einem Reader oder Aggregator lesen,
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Newsfeeds nach Themen organisieren, sei es mit Schlagwörtern oder Ordnern,
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Newsfeeds finden, die von einer Webseite oder App zur Verfügung gestellt werden,
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Informationen in Newsfeeds, die man wichtig findet, an andere weitergeben, also »sharen«,
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Newsfeeds benutzen, um auf Plattformen im Web etwas zu publizieren,
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Newsfeeds durchsuchen und filtern,
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Gruppen von Feeds, z.B. alle Newsfeeds, die man in einem Reader abonniert hat, zwischen Readern austauschen,
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Informationen aus Newsfeeds mit einem »Read it later«-Dienst zwischenspeichern und dort weiterverarbeiten,
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Dienste nutzen, die auf einem Newsreader, meist dem Google Reader, aufbauen.
Ähnliche Kompetenzen braucht man, um mit Podcasts umzugehen, also mit Newsfeeds, die Links zu Audios oder Videos enthalten.
Die Skills, die ich oben aufgelistet habe, braucht man als Konsument von Newsfeeds, die von einer Software erzeugt werden. Weitere Fähigkeiten oder Skills sind nötig, um Newsfeeds zu publizieren bzw. um zu steuern, wie eine Plattform, die man nutzt, Newsfeeds produziert.
Man kann bei einigen der Skills, die ich aufgezählt habe, noch einmal danach unterscheiden, ob sie offline oder online angewendet werden, ob man also eine lokal installierte Software oder einen Service im Web benutzt. Die Nutzung im Web ist aber sicher der Normalfall.
Bündelung der Skills in einem Workflow
Wichtiger als die Unterscheidung zwischen lokalen und webbasierten Dienste ist die Unterscheidung zwischen der »technischen« Ebene, bei der man eine Software benutzt oder bedient, und der »inhaltlichen« Ebene, auf der man Informationen für sich und andere sinnvoll organisiert. Zusammengehalten werden diese beiden Ebenen durch einen Workflow. Wer kompetent mit Newsfeeds umgeht, kann sich einen Workflow zusammenstellen, durch den er regelmäßig die Informationen bekommt, die für ihn wichtig sind, sie weitergeben und sie weiterverarbeiten kann. Mit einem solchen Workflow organisiert man sich als Webworker seinen gewöhnlichen Informations-Input.
Beispiel für einen Newsfeed-Workflow
Ich benutze als Beispiel meinen eigenen Workflow. Damit will ich nicht behaupten, dass er vorbildlich ist. Seine Bestandteile haben sich für mich nur als sinnvoller erwiesen als andere Elemente.
Ich kann meinen Workflow in drei Phasen einteilen:
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Beziehen von Informationen,
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Aggregieren und Verarbeiten von Informationen,
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Kuratieren und Teilen von Informationen.
Um Informationen zu bekommen, benutze ich RSS-Feeds sowie die Newsfeeds, die mir Twitter und Social Networks liefert (als Newsfeeds bezeichne ich sie hier aus der Nutzerperspektive, eigentlich handelt es sich um Activity Streams). RSS-Feeds sind eine reine Informations-Quelle, wobei man diese Informationen in einem RSS-Reader abonniert und darstellt. Twitter und Social Networks sind auch Plattformen zur Darstellung von Informationen. RSS und sein Cousin Atom sind offene, standardisierte Formate. Twitter und die kommerziellen Social Networks verwenden mehr oder weniger geschlossene, proprietäre Formate.
In meinem Workflow benutze ich weder einen klassischen RSS-Reader noch Twitter oder Facebook zum Lesen von News. Ich leite stattdessen die Streams, die ich im Google Reader abonniert habe, und meine Newsstreams von Twitter und Facebook an Applikationen weiter, die sie filtern und in einer gut konsumierbaren Form darstellen. Die wichtigste dieser Anwendungen ist für mich my6sense, das ich vor allem auf meinem Android-Handy benutze. Wenn ich am Computer sitze, benutze ich außerdem manchmal feedly, auf dem iPad Flipboard. Diese Anwendungen stellen Nachrichten aus den verschiedenen Feeds dar. Außerdem filtern sie die News und benutzen dazu eine Recommendation Engine, die meine Interaktionen mit älteren Informationen und das Verhalten meiner Freunde berücksichtigt. Ich benutze diese Apps nicht, um tatsächlich Texte zu lesen, sondern leite das, was mich interessiert, an eine eigene Leseanwendung weiter. Dazu benutze ich vor allem Instapaper. Dinge, die ich wichtig finde, speichere ich mit Schlagworten in meinem Pinboard-Account. Wenn sie aus meiner Sicht einen Nachrichtenwert haben, habe ich sie oft vorher schon getwittert, wobei Tweets mit Links automatisch auch in meinem Pinboard-Account landen. (Tatsächlich ist mein Workflow etwas komplizierter, weil meine Twitter-Favorites ebenfalls automatisch als »To read«-Bookmarks zu Pinboard gelangen. Die Pinboard-Bookmarks spiegele ich bei Delicious. Alle Tweets, Blogposts, Bookmarks und so weiter sammele ich bei Soup und Friendfeed.)
Hintergrundwissen
Welches Wissen braucht man über die Kenntnis von Tools hinaus, um sich einen Newsfeed-Workflow aufbauen zu können? Hier nur eine vorläufige Aufzählung:
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Man muss wissen, welche Funktionen RSS und Atom haben und wie man als Nutzer mit ihnen umgeht.
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Man sollte wissen, was OPML ist und wie man es benutzt.
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Man sollte die Funktionen von APIs kennen.
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Man sollte den Unterschied zwischen offenen und standardisierten und proprietären und geschlossenen Formaten und seine Folgen kennen.
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Man sollte wissen bzw. herausfinden können, wie man Informationen importiert und exportiert.
Einen Newsworkflow aufbauen ist eine Basis-Kompetenz
Ich glaube dass jeder, der heute intensiv mit Informationen aus dem Web zu tun hat, also jeder, dazu in der Lage sein sollte sich einen eigenen »News-Workflow« aufzubauen. Diese Fähigkeit steht für mich neben der zur gezielten Suche, vor allem dem richtigen Verwenden von Suchmaschinen, und wohl auch nach der zum Benutzen eines Browsers, um explorativ Informationen zu finden, also zu surfen. Beide verlangen eigene Skills. Zwischen den drei Weisen, sich mit Informationen zu versorgen, gibt es Schnittmengen, z.B. das Abonnieren der Suche nach einem bestimmten Stichwort.