Heute habe ich an der FH Wien Erstsemester des Journalismus-Studiengangs in das Verwenden von Newsfeeds eingeführt. Unten, leicht überarbeitet, Notizen, die ich mir vorher gemacht habe, um die Unterrichtsziele zu beschreiben. Mit Newsfeeds umgehen zu können ist für mich ein Teil der Kompetenzen im Informationsmanagement, die zusammen mit Fähigkeiten in der Herstellung von Medien und im Identitäts- und Netzwerkmanagement Web Literacy bilden.

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Für eine Lehrveranstaltung habe ich heute versucht zusammenzufassen, warum es für Journalisten und professionelle Kommunikatoren wichtig ist, sich mit Newsfeeds zu beschäftigen (Mit Newsfeeds meine ich RSS- und Atom- bzw. JSON-Feeds, aber auch proprietäre Arten von Feeds wie bei Facebook und Twitter). Dabei geht es mir hier nicht um den praktischen Nutzen, sondern um die Veränderungen bei der Nachrichtenproduktion und -distribution. Ich bin mit der Ergebnis noch nicht zufrieden, aber hier mein jetziger Stand:

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Für die Medien ist der wichtigste Trend im Web der Übergang zum Realtime-Web. Twitter ist das spektakulärste Beispiel für einen Service, über den man Informationen in Echtzeit austauschen kann (es geht um Austausch und um beliebige Quellen, nicht um isolierte Dienste wie etwa Börsenticker.) Google Wave, im Gegensatz zu Twitter hochkomplex, soll Echtzeit-Kollaboration erlauben, um etwa gemeinsam und dezentral Medien zu produzieren und aktuell zu halten. (Google Wave basiert nicht auf den gängigen Web-Techniken, sondern auf dem XMPP-Protokoll; Anil Dash z.B. zweifelt deshalb daran, dass es sich im Web, das inkrementelle Veränderungen bevorzugt, durchsetzen kann.)

PubsubHubbub erlaubt Twitter-artige Echtzeit-Updates, aber unabhängig von einem zentralen Server wie bei Twitter.

Es ist nett zu sehen, dass wenigstens ein paar Leute bei Google die Möglichkeit sehen, ein Twitter-artiges Benachrichtigungssystem im Small Pieces Loosely Joined-Stil zu entwickeln,

schreibt Dave Winer [via hackr].

Es handelt sich um eine Erweiterung zu Atom-Newsfeeds (die Ausdehnung auf RSS 2.0 ist geplant). ‚Hubbub-befähigte Feeds enthalten ein Link zu einem Hub, an den sie Aktualisierungen in Echtzeit melden, und der seinerseits Clients, die ihn abonniert haben, sofort über die Änderung informiert. Der Client (z.B. ein Online-Newsreader) muss die Informationen also nicht mehr pollen (=zu einer Zeit x abrufen), sondern die Informationen werden an ihn gepusht. Für die Benutzer bedeutet das: So wie sie jetzt via Twitter Statusmeldungen erhalten, können sie bald beliebige Informationen in Echtzeit abonnieren. Voraussetzung ist nur ein Newsfeed, der der mit ‚Hubbub arbeitet.

Der Google Reader verwendet jetzt ‚Hubbub bei den Empfehlungen (Shared Items). Friendfeed, ebenfalls ‚Hubbub-enabled, wird damit fast augenblicklich über neue Shared Items informiert und stellt sie sofort dar. Wie das aussieht, zeigt dieses Demo-Video:

Auch Feedburner, Googles Service zum Erzeugen und Vermarkten von RSS-Feeds, unterstützt dieses Abo-Verfahren; dazu gibt es ein neues Feature namens PingShot, das man für seinen Feed nur auswählen muss. Aktualisierungen werden dann, wie bei den Shared Items im Reader, an einen Hub-Server von Google geschickt und weiterverteilt. (Ich weiss nicht, ob er mit Googles Demo-Server für das neue Feed-Subskriptionsverfahren identisch ist.)

PubsubHubbub ist eine offene Technologie, die nicht Google gehört. Google unterstützt sie aber intensiv. Google gehörte auch zu den frühesten Implementierern des Atom-Formats, auf denen ‚Hubbub basiert. Mehr Informationen gibt es auf der Projekt-Site und im ersten Entwurf der Spezifikation. Wie ein PubsubHubbub-Server, also ein Hub, arbeitet, zeigt diese Präsentation.

Ich werde mich mit ‚Hubbub (und dem Pushbutton Web) intensiver beschäftigen, dieses Post ist nur ein erster Hinweis. (Auf Deutsch habe ich außer diesem Post Fabian Pimmingers nicht viel darüber gefunden.) Das Verfahren wird es vor allem erlauben, zu bestimmten Themen (Topics) Echtzeit-Informationen zu erhalten: Wie interessant das für Journalismus und Unternehmenskommunikation ist, liegt auf der Hand.

Heute nehme ich in Dieburg an der Tagung Zukunft Online-PR 2009. Zur Vorbereitung des Workshops RSS – Inhalte jenseits der Website zugänglich machen, den ich dort am Nachmittag moderiere, hier eine Mindmap:

(Direktes Linkzur Mindmap)

Als Diskussionsgrundlage habe ich fünf Thesen formuliert.

  1. Newsfeeds sind eine Form der Benutzer-zentrierten Content-Distribution. Sie unterstützen das Vendor Relationship Management bei Medien und gehören zu den Werkzeugen der PR jenseits der Massenmedien.

  2. RSS existiert schon lange, wird aber vor allem von Profis und Info-Junkies intensiv verwendet. Newfeeds sind ein wichtiges Tool vor allem für die Ansprache professioneller Zielgruppen.

  3. Die PR kann und sollte alle Anwendungsmöglichkeiten von RSS nutzen — außer dem Publish-Subscribe-Mechanismus auch das Aggregieren, Filtern und Mashing up von Feeds.

  4. Die PR kann und sollte das ganze Spektrum der Inhalte verwenden, die über Feeds verteilt werden können: außer Texten und Medien (Podcasts) z.B. auch Eventdaten und geografische Informationen.

  5. Newsfeeds gehören zum zweiten Layer der Publikationsformate im Web; sie erweitern das erste Layer (HTML) und funktionieren zusammen mit ihm. Ein drittes Layer, das von Twitter und XMPP repräsentiert wird, entsteht gerade und erlaubt das Live Web oder Real Time Web.

Mindmap und Thesen werde ich heute vielleicht noch erweitern; ich hoffe auf ein spannendes Gespräch.

Wer wissen will, wie ich meinen Eltern erklären würde, was ein Feedreader ist, kann es sich hier anhören:

Link: sevenload.com

Ob das jemand versteht, der nicht weiß, um was es geht? Meinen eigenen Eltern habe ich für einen Test des Videos wahrscheinlich schon zu viel erklärt. Die Idee der Blogpiloten, Blogger unter dem Motto Wie sag ich es meinen Eltern? Schlüsselbegriffe des Web erklären zu lassen, ist jedenfalls hervorragend.

Marcel Weiß beschreibt in drei sehr nützlichen Artikeln ausführlich, wie ein Informations-Junkie effizient mit dem Google Reader und verwandten Tools umgeht: Wie ich über 300 Feeds lese, Feedreader und Onlinebookmarking verbinden und Pimp my GoogleReader. Auch für mich ist der GoogleReader der Feedreader der Wahl. Ich übe den Umgang mit ihm im Unterricht, und viele der Empfehlungen von Weiß kann ich meinen Studenten weitergeben. (Vielleicht sollte ich im Unterricht zuerst Newsfeeds und dann die gewohnten HTML-Seiten behandeln.) Unter anderem beschäftigt sich Weiß mit Shortcuts (komplett Liste hier, mit sinnvollen Ordner- / Tagstrukturen und mit Firefox-Addons, die das Arbeiten mit dem Reader erleichtern. Die meisten Ratschläge sind nicht technischer Art, sondern sie beziehen sich auf die Organisation von Feeds. Weiß ordnet sie nach Prioritäten und verwendet eine große Zahl von Tags für denselben Feed.

Weitere Tips zum Arbeiten mit dem GoogleReader: Hack Attack: Getting good with Google Reader.

Über Marcel Weiß‘ Artikel gefunden:

Google Reader + del.icio.us: ein Greasemonkey-Skript, um Einträge direkt aus dem Reader bei del.icio.us zu bookmarken.

Better GReader: Firefox-Erweiterung zur besseren Darstellung des GoogleReaders und zum leichteren Subskribieren (meine ersten Erfahrungen sind zwiespältig; auf dem Mac kann ich den Reader nach der Installation der Erweiterung nicht mehr benutzen.)

Mit der Firefox-Extension FullerScreen kann man einen „echten“ Fullscreen-Modus erzeugen, allerdings nicht auf dem Mac. Ein- und Abschalten über F11. (Bei mir funktioniert Umschalten durch das Bewegen des Cursors an den Rand, wie es auf der Download-Seite empfohlen wird, nicht zuverlässig.) Noch nicht experimentiert habe ich mit der Möglickeit, mit dem Fullscreen-Modus Präsentations-Stylesheets zu aktivieren (also Regeln, die über @projection ausgewählt werden.

Rich Burdon und Paul McDonald demonstrieren den Google Mashup Editor (und machen Marketing für die Produktpalette ihres Arbeitgebers):

Die Videoqualität ist nicht besonders, aber man versteht das Wesentliche. Man braucht nicht mehr als HTML- und XML-Basiskenntnisse, um mit diesem Tool Mashups zu produzieren. Man kann beliebig mit Feeds spielen und das Interface auf ganz einfache Weise frei gestalten. Man kann die Daten nicht nur lesen, sondern auch schreiben und dafür Googles Datenbank-Infrastruktur nutzen. Das dürfte einfache Anwender und professionelle Softwareentwickler gleichermaßen ansprechen. (Zu den Nicht-Geek-Aspekten habe ich gestern schon etwas geschrieben.

Ein Nebenaspekt, der mich interessiert, weil ich mich viel mit RSS und Atom beschäftigt habe: Die GMashEd zeigt auch quasi nebenbei, wozu das Atom Publishing Protocol gut ist: Mit ihm lassen sich Feeds nicht nur lesen, sondern auch schreiben (wobei Google in seinen GData APIs das Atom Publishing Protocol erweitert, damit es mit Googles Datenbanken uneingeschränkt kommunizieren kann).

Ich hatte mir vorgenommen, heute einen Eintrag über den Google Mashup Editor (kurz:GMashEd ) zu schreiben, den Google zusammen mit Google Gears vorgestellt hat. Gerade noch rechtzeitig habe ich festgestellt, dass Jay Neely mir schon die schwierigsten Teile der Arbeit abgenommen hat: Er vergleicht Googles Tool mit den Konkurrenzprodukten Pipes von Yahoo! und PopFly von Microsoft. Und — und das ist wirklich eine Leistung! — er erfindet gleich eine Serie von Beispiel-Mashups, die auch dem technikfernsten Journalisten oder PRler klar machen sollte, warum er sich mit diesem Thema beschäftigen muss, wenn er sich noch als Medienprofi bezeichnen will. Wie nebenbei erklärt Neely dabei in ein paar Sätzen Googles Schlüsselposition auf dem Markt für Produkte, die mit Newsfeeds zu tun haben: Google kontrolliert hier nach dem Kauf von Feedburner die komplette value chain.

Was sind Mashups? Sehr vereinfacht gesagt, ist ein Mashup ist ein Programm auf einem Webserver, das Newsfeeds und andere im Web angebotene dynamische Daten verwendet, um damit neue Daten zu produzieren. Wozu braucht man das? Knapper als Jay Neely kann man es nicht sagen

Mit Blog Feeds kannst du Informationen senden. Mit Feed Readern kannst du sie empfangen. Mit Pipes, PopFly und GMashEd kannst du sie filtern, visualisieren, kombinieren und in Beziehung zu anderen setzen.

Denn:

Wenn man weniger Zeit damit verbringen will, die Informationen zu finden, für die man sich interessiert, ist das Filtern und Kombinieren von Feeds nach seinen persönlichen Präferenzen das beste Hilfsmittel, das man online finden kann, bis personalisierte Zeitungen herauskommen.

Von Neelys Beispielen hier nur der Anfang, um nicht vom Original abzulenken:

Wenn ich ein besserer Programmierer wäre, könnte ich Pipes verwenden, um den Inhalt meiner Feeds mit den offiziellen Pressemeldungen von Google, Yahoo!, Microsoft, Amazon und anderen großen Firmen zu vergleichen. Dabei ließe sich alles herausfiltern, was den Meldungen über einen bestimmten Prozentsatz hinaus entspricht. Oder ich könnte eine Menge von Regeln festlegen, die die Glaubwürdigkeit von Quellen bewerten, und Filter für meine Feeds, so dass ich über ein Ereignis nur aus glaubwürdigen Quellen informiert werde. Wenn sich nur eine Person mit einem Ereignis beschäftigt, kommt sie durch. Gibt es 50, erhalte ich nur die Highlights der 5 glaubwürdigsten Leute.

Gestern habe ich Ryan Sholin zitiert: Angehende Journalisten müssen in ihrer Ausbildung lernen, was Daten sind. Sholin nimmt einen Kernsatz von Tim O’Reillys berühmter erster Web 2.0-Präsentation auf: Data is the new Intel inside. O’Reilly schrieb damals:

Database management is a core competency of Web 2.0 companies, so much so that we have sometimes referred to these applications as „infoware“ rather than merely software.

Mashups sind das Beispiel für do-it-yourself-Infoware. Jeder, der in den kommenden Jahren mit Medien zu tun hat, wird sie verwenden: als Recherchewerkzeug, als Publikationstool und als Serviceprodukt, mit dem die Adressaten sich ihre Informationswelten remixen können.

(Mir ist die Relevanz von Mashups zuerst durch Christopher Clays Diplomarbeit aufgegangen. Christopher hat in ihr das Konzept eines generischen Mashup-Service entwickelt — ähnlich denen, die Google & Co. jetzt realisieren.)