In den letzten Monaten bin ich mehrfach auf Texte von Stephen Downes gestoßem, einem der Initiatoren des Konnektivismus. Ich kenne seine Arbeiten nur aus der Ferne; ich habe den Eindruck, dass man nicht an ihnen vorbei kommt, wenn man sich theoretisch damit beschäftigt, was Internetmedien von den Massenmedien unterscheidet.

Jetzt hat Downes auf seinem Weblog ausführlich und sehr verständlich beschrieben, an was er arbeitet. Er geht vom Grundgedanken des Konnektionismus (verwandt mit dem Konnektivismus, aber nicht damit identisch!) aus, dass Wissen nicht als Beschreibung von Objekten, sondern nur als Beziehung zu ihnen verstanden werden kann. Downes‘ zentrales Thema ist: Wie wird Wissen in Netzwerken erzeugt? Dabei verweist Downes auf ein ganze Reihe von eigenen und fremden Texten (die man am liebsten alle lesen würde…). Schließlich kommt er zu aktuellen Projekten, in denen es um die technische Unterstützung der Wissenserzeugung in sozialen Netzen geht: Edu-RSS und personal learning environments.

Ich glaube, dass Downes bei seine Projekten die technische und die soziale Ebene nicht unterscheiden würde. Aber in seiner praktischen Arbeit setzt er offenbar sehr stark auf Automatisierung.

Interessant (wenn auch nicht so interessant wie der erkenntnistheoretische Ansatz) ist die Bedeutung, die RSS dabei hat. RSS scheint für Downes in den wissensgenerierenden Netzen die Rolle zu haben, die im Nervensystem Botenstoffe spielen.

Doc Searls benutzt den Begiff Social Media ungern:

It’s natural to want to lump technologies and practices together into categories that bear Greater Significance. But for some reason we still drag along the limiting concepts that the new stuff should help us escape, no matter what we call it. [The Doc Searls Weblog : Tuesday, February 20, 2007.]

Searls will seine Arbeit nicht mit Plastikwörtern beschreiben:

I don’t think of my what I do here as production of "information" that others "consume"… I tihnk of it as writing that will hopefully inform readers… Inform is derived from the verb to form. When you inform me, you form me. You enlarge that which makes me most human: what I know. I am, to some degree, authored by you.

Ich möchte Social Media oder Soziale Medien trotzdem verwenden, weil ich einen Ausdruck mit diesem Bedeutungsspektrum brauche. Das liegt wohl vor allem daran, dass ich unterrichte, und dass ich meine Themen jeden Tag von der reinen Webtechnik unterscheiden muss. Soziale Medien
glänzt für mich so wenig, dass es sich nicht lange zum Buzzword eignet.

Doc Searls erwähnt in seinem Posting übrigens nicht, dass er sich nicht wie in einem Brief an bestimmte Leser wendet, sondern im Web publiziert und damit von jedem gelesen werden kann. Das ist, finde ich, eine Begründung dafür, einen Blog oder Podcast ein Medium zu nennen. Bei einem privaten Brief wäre das anders (auch wenn Medientheoretiker sicher auch vom Brief als einem Medium sprechen würden.) Gemeinsam ist Massenmedien und sozialen Medien, dass sie Technik gebrauchen, um das potentielle Publikum nicht von vornherein einzuschränken. Soziale Medien können private Kommunikationsformen als Mittel verwenden, aber es handelt sich bei ihnen nicht um private Unterhaltungen, weil sie sich anders beobachtbar machen.

Dave Winer:

It’s too late to be training new journalists in the classic mode. Instead, journalism should become a required course, one or two semesters for every graduate. Why? Because journalism like everything else that used to be centralized is in the process of being distributed. In the future, every educated person will be a journalist, as today we are all travel agents and stock brokers. [Trouble at the Chronicle (Scripting News).]

Adrian Monck antwortet:

Well Dave, there are still travel agents and professional stock brokers. Our old friend the division of labour means even an economist like Steven Levitt needs a journalist like Stephen Dubner to write a book like Freakonomics.
But if I can restate your point, I don’t think j-schools need reforming so much as education in journalism needs to be made more widely available. [Adrian Monck – News on the News Business.]

Monck bringt sich zwar selbst um seine Pointe, aber zusammen drücken die beiden Statements gut aus, von welcher Situation die Ausbildung von Profis für die Kommunikation im Web ausgehen muss. Professionalität besteht hier vor allem darin, andere bei der Kommunikation zu unterstützen oder sie anderen zu ermöglichen. Die Schranke zwischen Journalisten und Nicht-Journalisten ist niedriger als früher, trotzdem gibt es eine Skala der Kompetenz und damit der Professionalität. Aber was unterscheidet den professionellen Journalisten als Dienstleister — Monck spricht von der Rhetorik unserer Zeit — noch vom PR-Profi?

Die Kleine Zeitung beklagt heute in einem Kommentar, dass die Hearings zur Wahl des Rektors der FH Joanneum nicht öffentlich sind. Leider ist er in der Online-Ausgabe nicht zu finden, man kann ihn also auch nicht bookmarken. Schade, denn zu einem Thema wie diesem könnten die Betroffenen (nicht nur wir FH-Mitarbeiter und die Studenten, sondern auch die Wähler und Steuerzahler) diskutieren. Das würde es den Parteien erschweren, hinter den Kulissen ihre Einflusszonen auszudealen.