Google Base-Einführung von David Janes [via Randy Charles Morin]. Ausführliche Behandlung des Datenmodells, Darstellung von Google Base als Semantic Web Language. Wenn ich so etwas lese, habe ich den Eindruck, dass unsere PCs und auch unsere kleinen Web-Anwendungen mit ihren lokalen Datenbanken so alt sind wie die Schreibmaschinen 1984. Und ähnlich harmlos war vielleicht auch das Microsoft der ersten Jahre des Webs im Vergleich zu den Netz-Firmen von heute.

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Ich lese im Augenblick explorativ Dirk Baecker, Niklas Luhmann und seit gestern auch Heinz von Foerster, mit dem Fernziel, zu so etwas wie einer soziologischen Theorie des Web-Publishing zu gelangen. Ich lese hin und her und immer wieder dieselben Abschnitte, um zunächst die grundlegenden Konzepte der Systemtheorie zu verstehen. Ausgangspunkte sind für mich Baeckers Form und Formen der Kommunikation und Luhmanns Die Realität der Massenmedien. Eine Frage für mich ist dabei: Wie kann man, oder kann man, im Web so etwas wie Systeme identifizieren? Ist das WWW insgesamt ein System im Sinne der Systemtheorie? Kann man die Blogosphäre oder die Wikipedia als System ansehen? Wobei dieser Ansatz nur dann einen Sinn hat, wenn man mithilfe des Systembegriffs Eigenschaften dieser Phänomen erfassen oder erklären kann, die in den vorhandenen Selbstbeschreibungen nicht sichtbar werden. (Eine weitere Frage ist, wie weit man mit den Begriffen Erfolgsmedium und Verbreitungsmedium bei der Beschreibung des WWW kommt. )

Eine erste, vielleicht zu plakative Idee ist, die Formel von der Entdeckung des Beobachters oder – vielleicht noch besser – die der Beobachtung des Beobachters auf Publikationen im WWW zu übertragen. Bei Luhmann basiert die Autonomie der Subsysteme in der modernen Gesellschaft darauf, dass sich in ihnen die Beobachter wechselseitig beobachten, etwa um im Subsystem Wirtschaft einen Preis festzulegen. Eine Konsequenz der Autonomie der Subsysteme ist dabei, dass die Position eines Beobachters jenseits dieser geschlossenen Systeme nicht möglich ist; jeder Beobachter ist Bestandteil eines Systems; es kann nicht so etwas wie eine gesamtgesellschaftliche Rationalität geben. Die klassischen Massenmedien geben aber vor, eine solche Position eines unbeobachtbaren Beobachters außerhalb der Subsysteme der Gesellschaft einzunehmen; sie konstruieren die Realität der modernen Gesellschaft, wie Luhmann ausführlich darstellt, sie beobachten sich auch permanent selbst, um sich immer wieder erneuern zu können. Sie sind aber für ihr Publikum opak, ihre Selektionen und Thematisierungen sind für einen Beobachter außerhalb ihrer selbst nicht durchschaubar. (Und sie sind dabei eng an das System Wirtschaft gekoppelt.) Bei Webpublikationen ist dagegen der Prozess des Beobachtens und damit der Erzeugung von Realität für das Publikum beobachtbar; der Unterschied zwischen Autor und Leser ist hier immer nur relativ. Damit können sie nicht eine imaginäre Position außerhalb der Gesellschaft beziehen, sie verweisen immer auf eine Community, die in ihnen publiziert. (Es ist eigentlich klar, dass solche Publikationsformen mit denen der herkömmlichen Massenmedien nicht versöhnt werden können. Und es ist auch klar, dass in ihnen ähnliche Regeln gelten müssen wie bei der Erstelllung von Open Source Software.)

Wenn man von Luhmanns Theorie der Massenmedien ausgeht, müsste man die Selbstreferentialität der traditionellen Massenmedien von der Selbstreferentialität der Medien im Web unterscheiden. Luhmann beschreibt den Code Information/Nichtinformation, der dem Operieren der Massenmedien zugrundeliegt. Um die Blogosphäre zu beschreiben, lässt sich dieser Code wahrscheinlich auch verwenden. (Anders ist es bei einer Publikation wie der Wikipedia. )

Wie auch immer: Die Beobachtbarkeit des Beobachters ist für Webpublikationen offenbar konstitutiv, ob es sich um journalistische Nachrichten oder um Software handelt. Im Web ist transparent, wie Realität erzeugt wird, eine Art extramundaner Position kann hier niemand einnehmen. Eine solche These ist aber höchstens der Anfang einer Analyse der Selbreferentialität in Webpublikationen, und es ist ungewiss, ob sie sich nach einer solchen Analyse noch aufrechterhalten lässt.

Ich arbeite im Augenblick an der Einrichtigung einer Bilddatenbank (Topographie des historischen Anhalt) und komme kaum dazu, zu bloggen oder mich mit anderen Themen zu beschäftigen. Es ist die dritte Plone-Site, die ich vorbereite, und ich durchschaue nach wie vor nur einen Bruchteil der Möglichkeiten dieser Plattform. Ich brauche ein Werkzeug für die Lehre, mit dem sich relativ schnell unterschiedliche Websites realisieren lassen; Plone bietet da sehr viele Möglichkeiten. Allerdings habe ich immer wieder das Gefühl, dass ich Orgel spielen muss, ohne Noten lesen zu können.

Einen Prototyp der Datenbank hatte ich vor über zwei Jahren mit Cocoon entwickelt. Auf Plone bin ich umgestiegen, weil es bereits fast die gesamte Umgebung bietet, die man zum Redigieren der Inhalte benötigt. Damals stand so etwas auf Cocoon-Basis nicht zur Verfügung. Aufgeben musste ich die Haltung der Daten in einer XML-Datenbank; und ich trauere ihr immer noch nach.

Plone ist eigentlich kein System, mit dem man sich nebenbei beschäftigen kann, und es ist vermutlich auch wesentlich besser für die Arbeit im Team als für einen einzelnen Entwickler oder Administrator geeignet.

Einer der wichtigsten Vorteile von Plone und Zope ist aus meiner Sicht der Reichtum an bereits vorhandenen und möglichen Inhaltstypen. Auch als Nicht-Fachmann habe ich keine zwei Tage gebraucht, um einen Inhaltstyp für eine Bilddatenbank zu erstellen. Dabei steht mir die gesamte Funktionalität der Plattform – etwa Workflows, Rechteverwaltung, Suche – zur Verfügung. Ich wüsste gerne , ob es andere Frameworks gibt, die das gleiche Spektrum an Möglichkeiten anbieten. (Wobei man sich wahrscheinlich kaum in mehr als eines dieser Tools so einarbeiten kann, dass man ihre Möglichkeiten tatsächlich beurteilen kann. Ich glaube bis zum Beweis des Gegenteils nicht, dass jemand in der Lage ist, objektiv die Vor- und Nachteile mehrerer Content Management-Systeme einzuschätzen. )

Auch der Axel Springer Verlag wird ab Ende des Jahres der Regel online zuerst folgen. Mathias Döpfner:

In einem Ende des Jahres ausgebauten Nachrichtenraum werde die Regel „Online zuerst“ gelten. „Sobald eine Nachricht vorliegt, wird sie online gesendet.“ Das gelte auch für Exklusivstorys. Die ausführliche Geschichte mit Hintergrund stehe dann am nächsten Tag in der Zeitung. Alles andere sei „altes Denken“, das am Kunden völlig vorbei gehe. [FOCUS-Interview mit Mathias Döpfner ]

Ob Döpfner klar ist, dass es sich beim Senden erst recht um altes Denken handelt?