Jeffrey Zeldman schlägt—mit Josh Clark und Gerry McGovern—eine fiktive Metrik vor, um die Qualität von Inhalten zu beurteilen: den Content Performance Quotient. Der Quotient sagt aus, wie schnell eine Benutzerin oder ein Benutzer auf einer Website die Information findet, die sie braucht. Vorgeschlagen wird diese Metrik als Alternative zur Messung des Engagement, also der Intensität der Beschäftigung mit einem Inhalt, mit dem der Erfolg einer Website meist definiert wird.
Die Idee ist nicht neu—es war schon immer bekannt, dass es meist kein Zeichen für die Qualität eines Webangebots ist, wenn User lange darauf bleiben. Oft finden sie einfach nicht, was sie suchen. Zeldman, Clark und McGovern wollen nicht eine fragwürdige Metrik durch eine andere ersetzen. In der letzten Big Web Show sagen Clark und Zeldman, dass jedes Projekt seine eigene Metrik braucht. Was die richtige Kennzahl, die richtige Metrik ist, leitet sich aus den Zielen eines Vorhabens ab. Ganz ähnlich ergeben sich laut der neuen Posts Kristina Halvorsons die messbaren targets bei einem Projekt aus den objectives, aus den Teilzielen, und diese sind ihrerseits Meilensteine auf dem Weg zu einem strategischen Ziel.
Trotzdem ist der Content Performance Quotient nicht nur eine ironische attraktive Umformulierung von Dingen, die bereits bekannt sind. Er steht für ein positives Ziel: schnelle Antworten, die Konzentration auf das Gefragte. In unserem Podcast gestern hat Dietmar Muchitsch gesagt, dass hinter dieser Idee ein dialogisches Verständnis von Webinhalten steht. Inhalte mit einem hohen Content Performance Quotient braucht man für Chatbots und Conversational Interfaces. Es ist kein Zufall, dass Clark und Zeldman in einem Podcast über Design und Artificial Intelligence über dieses Konzept sprechen. Es gibt schon lange Wettbewerbe dafür, die Performance von Websites zu erhöhen, indem man das Datenvolumen so radikal wie möglich reduziert. Die Content Performance Quotient steht für die komplementäre Aufforderung, die Zeit zu reduzieren, die ein User braucht, um ein Ziel zu erreichen.
Ich widerstehe der Versuchung, auf die Traditionen hinter dieser Forderung einzugehen. Sie beginnen in der Antike. Didaktischer Minimalismus gehört zu den Designprinzipien von DITA, dem wichtigsten XML-Format in der technischen Kommunikation.
Content Performance bedeutet nicht den Verzicht auf nötige, sondern den Verzicht auf überflüssige Inhalte. Es geht um den kürzestmöglichen Weg zu einem Ziel, nicht um naheliegende Ziele.
Content Performance sollte ein Kriterium bei Content Audits, bei der Bewertung von Inhalten sein. Umgekehrt kann man sich bei der agilen Entwicklung von Inhalten positiv am Content Performance Quotient orientieren und die Inhalte so reduziert entwickeln, dass jeder überflüssige Umweg vermieden wird. Zeldman schreibt ausdrücklich, dass dieser Index nicht für Angebote mit Hintergrundinformationen wie die Washington Post geeignet sind. Aber selbst dort, selbst bei einem literarischen Text wie Prousts Recherche, dienen Ausführlichkeit und Umwege dazu, das Tempo immer wieder zu steigern, die Leserinnen und Leser zu überraschen.
Ich kann aus diesem Index auch ein Prinzip für mein eigenes Schreiben ableiten: Mich nicht zu verlieren. Damit komme ich dann zu so etwas wie einem Content Performance Quotient für mich als Autor. Aber das ist ein anderes Thema.
Content-Minimalismus: Der Content Performance Quotient https://t.co/zYzX9T55aY
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