Thomas Pleil und Sascha Stoltenow bei der Session-Planung am #coscamp16

Am 3. und 4. Juni habe ich zum vierten Mal ein Content Strategy Camp in Dieburg besucht. Das erste dieser Camps fand 2013 statt. Seitdem sind die coscamps für mich ein Fixpunkt auf Ausflügen durch das Thema Content Strategy, auf denen ich jetzt oft [mit einem ganzen Studiengang](https://www.fh-joanneum.at/aw/home/Studienangebot-Uebersicht/department-medien-design/~cqdz/cos/?lan=de "Studium "Content-Strategie / Content Strategy" |  FH JOANNEUM Gesellschaft mbH :: University of applied sciences") unterwegs bin. Auf österreichische Verhältnisse übertragen: Sie sind eine Jausenstation, die man regelmäßig besucht, um sich daüber auszutauschen, was man auf den Touren in dieses neue Gebiet gelernt oder erlebt hat. Die Station am Mediencampus besuche ich besonders gerne, weil ich dort Leute treffe, die ich mag und die mir viel erzählen können.

Die wichtigste Person in Dieburg für mich ist Thomas Pleil, den ich jetzt schon seit etwa zehn Jahren kenne, und der für mich nicht nur ein akademisches Vorbild, sonder auch ein Freund geworden ist. Auch die Leute in seinem Umfeld – beim Coscamp habe ich Sabine Hueber und Pia Sue Helferich wiedergetroffen, sind für mich mehr als nur Kollegen.
Während ich bei Thomas annehme, dass wir mit unseren analytischen Interessen und dem Versuch, die eigene Online-Kommunikation und die Ausbildung von Kommunikatoren miteinander zu verbinden, von unterschiedlichen Ausgangspunkten aus ähnlich unterwegs sind, schätze ich bei allen Treffen mit Sascha Stoltenow, wie anders er an unser gemeinsames Thema herangeht. Damit meine ich nicht nur die draufgängerischere Art, die sich vielleicht auch aus einem militärischen Hintergrund und seiner Tätigkeit in einer großen Agentur gibt. Ich meine damit auch den Versuch, Contentstrategie operativ mit einem umfassenden Ansatz umzusetzen und zu propagieren, der sich auf die englischen und amerikanischen Erfahrungen stützt, aber zu Kunden hier und dem Kommunikationsansatz der Agentur Saschas passt.
In Dieburg wiedergesehen habe ich auch Uwe Knaus und Marie Christine Schindler—beides Leute, bei denen man persönliche Haltung und die Art und Weise, in der sie sich für Online-Inhalte engagieren, nicht voneinander trennen kann. Dass sie viel zu sagen haben, hängt auch damit zusammen, dass sie persönlich authentisch sind. Bei Uwe schätze ich vor allem die Unabhängigkeit, den Mut und das Vertrauen auf das eigene Urteil. Bei Marie-Christine überraschen mich immer wieder die Neugierde und die Bescheidenheit, hinter der sie ihr Wissen über PR und das soziale Web fast versteckt.
Ich habe in Dieburg nicht nur alte Bekannte getroffen, sondern auch einige Leute kennengelernt oder näher kennengelernt. Wolf Nöding hat gleich bei der ersten Session, an der ich teilgenommen habe, davon erzählt, wie sich die Informationsarchitektur in Deutschland als Disziplin etabliert hat. Er stellte fest, dass er und seine Kollegen als Informationsarchitekten bei Projekten immer wieder ihr Gegenstück auf der Inhaltsseite gesucht hätten. Ohne von Contentstrategie zu sprechen, beschrieb er damit die Aufgabe von Contentstrategen bei digitalen Projekten. Ein Signal dafür, dass wir mit unserem Ansatz, Contentstrategie als Disziplin auch hier zu etablieren, nicht ganz falsch liegen. Ich hoffe, dass ich von ihm mehr darüber lernen kann, wie sich die Informationsarchitektur als digitale Disziplin und Profession etabliert hat. Eine zweite interessante Beziehung, die sich für mich nach einigen Telefonaten eigentlich erst bei diesem Camp entstanden ist, ist die zu Stefan und Katja Evertz. Stefan Evertz wird sich auch an unserem Studiengang um die Vermittlung des Themas Monitoring kümmern. Sein strategischer Ansatz passt zu unserem Verständnis der Disziplin Contentstrategie—und ich hoffe, dass wir darüber diskutieren werden, wie man ihn mit unserem Verständnis des Content Lifecycle am besten verbindet. Auch bei Stefan und Katja hängen sachliche Autorität und persönliches Engagement in der digitalen Szene miteinander zusammen. Beide haben in Westdeutschland eine riesige Zahl von Barcamps organisiert.
Manchmal ist mir bei solchen Veranstaltungen schon durch den Kopf geschossen, dass ich der älteste Teilnehmer bin. Das war auch hier wohl nicht anders. Viele der Leute, mit denen ich relativ leicht ins Gespräch komme, gehören noch zu einer Generation, die die Anfänge des Web erlebt hat, und die deshalb sehr grundsätzliche Fragen zur digitalen Kommunikation stellt, aber sich auch sehr grundsätzlich für dieses Thema engagiert. Inzwischen treten aber bei solchen Events viel mehr Leute mit einem viel unbefangeneren Zugang zu den Kommunikationsformen das Social Web auf, die für sie einfach selbstverständlich sind. Auch bei ihnen lassen sich professionelles Engagement und persönliche Authentizität nicht voneinander trennen. In Frankfurt hat mich vor allem André Karsten beeindruckt, der Social Media Kommunikation für die Frankfurter Polizei macht. Seine Sessions waren sicher für viele ein Highlight des Events, vor allem aufgrund seiner mit Lust ausgespielten Entertainer-Qualitäten. Im Gedächtnis geblieben ist mir sein Statement, dass die Frankfurter Polizei im Netz genau das tut, was sie auch sonst als ihren Auftrag versteht. Erfrischend fand ich auch den Zugang von Anne Lohre. Sie betreut bei uns Projektarbeiten, aber ich habe sie erst in Dieburg persönlich kennengelernt. Auch bei Anne habe ich den Eindruck, dass sie sehr viel lockerer mit digitalen Tools umgehen kann als die Leute meiner Generation, und dass diese Offenheit eine ganz andere Kreativität und auch sehr viel Aufmerksamkeit für die Details freisetzt.
Wenn man unterwegs einen Ort besucht, ist man wahrscheinlich immer unsicher darüber, wie man aufgenommen wird. Und auch wenn man sich zu Hause fühlt, kann man ja Zweifel darüber haben, ob dieses Gefühl wirklich angemessen ist. Bei diesen Coscamp hatte ich zum ersten Mal den Eindruck, ein Teil der Gruppe zu sein, die sich hier trifft. Dazu hat beigetragen, dass für mein Gefühl viel mehr als bei den Dieburger Coscamps davor auch nach Contentstrategie als Disziplin gefragt wurde. Ich hoffe, dass diese Gespräche weitergehen, und dass wir uns in der nächsten Zeit auch als Studiengang mit der deutschen Szene vernetzen, die auf Camps wie diesem zusammenkommt.