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Kurz vor der COP30 hat Bill Gates es mit einem sogenannten „Memo“ (Gates, 2025) geschafft, die mediale Aufmerksamkeit von den negativen Daten zur Entwicklung des Klimas und den weiter steigenden Emissionen abzulenken. In seinem Memo stellt er die Klimakrise als hochgespieltes Problem dar.

Trump, bei dem Gates mit anderen Tech-Milliardären erst kürzlich zum Abendessen eingeladen war (Gann et al., 2025), feierte das Memo als Erfolg (Shockey, 2025). Auch Gates habe erkannt, dass die Klimakrise ein erfundenes Problem sei. Gates hat das als „gigantic misreading“ zurückgewiesen (Harder, 2025).

Covering Climate Now hat gestern vier bekannte US-Klimawissenschaftler:innen – Kim Cobb, Zeke Hausfather, Katharine Hayhoe und Daniel Swain – zu einer öffentlichen Zoom-Konferenz eingeladen, um schnell auf Gates‘ PR-Aktion zu reagieren. Die Aufnahme des von Sammy Roth moderierten Events wurde auf YouTube publiziert (Covering Climate Now, 2025).

Das Video ist sehenswert. Die Teilnehmer:innen stellen dar, dass die wichtigsten Argumente Gates’ auf falschen Annahmen beruhen. Gates ignoriert die Fülle der Erkenntnisse zu den Folgen einer angeblich moderaten Temperaturerhöhung um „nur“ etwas mehr als 2°, etwa dass durch sie viele Ökosysteme bedroht sind und Kippelemente ausgelöst werden können, die die Lebensbedingungen auf der ganzen Erde drastisch verändern würden. Er verschweigt ebenfalls, dass die Erde sich auch auf dem jetzigen Emissionspfad möglicherweise um deutlich mehr als 2°-3° erhitzen wird.

Die Klimawissenschaftler:innen beschäftigen sich aber vor allem mit den rhetorischen Strategien des Memos: Die wichtigsten sind strawman arguments und Scheinalternativen: Gates unterstellt der Klimawissenschaft und allen, die für eine Einhaltung des Pariser Abkommens kämpfen, absurde Positionen, um die Verharmlosung der Erhitzung als rational erscheinen zu lassen. So behauptet er, die globale Erwärmung werde nicht zum Ende der Menschheit führen. Dabei hat niemand in der Klimawissenschaft ernsthaft behauptet, die fortschreitende Erhitzung der Erde werde die ganze Menschheit auslöschen. Gates lenkt so von den immer sichtbarer werdenden katastrophalen Konsequenzen der Klimaveränderungen für die Menschen in den besonders verwundbaren Gebieten, aber auch in reichen Ländern wie den USA ab.

Außerdem konstruiert Gates Scheinalternativen, vor allem einen Widerspruch zwischen Investitionen in den Klimaschutz und Armutsbekämpfung im globalen Süden. Dabei vergrößern die Folgen der Erhitzung die Armut in vielen Gebieten dramatisch. Umgekehrt verbessern Investitionen in den Klimaschutz, vor allem in erneuerbare Energien, die Lebensbedingungen in armen Regionen. Der rhetorische Nebel in Gates’ Memo macht unkenntlich, dass eine schnelle Emissionsminderung in den Industrieländern der entscheidende Schritt dabei ist, die Klimakatastrophe einzudämmen.

In einer eindruckvollen Passage schildert Daniel Swain die Situation, in der er Gates’ Memo zum ersten Mal las (https://youtu.be/DUAXXDPOHUQ?si=pcuOG1auiTYwQlp9&t=1140). Er war nach New York zur Aufnahme einer CBS-Sendung eingeladen, zu der es nicht kam, weil der Sender kurz zuvor die gesamte Klimaredaktion gefeuert hatte. Gerade war ein Rekord-Starkregen auf New York niedergegangen, der zwei Todesopfer forderte (Maag & Howard, 2025). Später behauptete Gates, dass Städte wie New York nie ernsthaft unter den Folgen des Klimawandels leiden würden.

Die Covering Climate Now-Konferenz ist nicht nur sehenswert, weil sie Scheinargumente durchschaubar macht, die konservative Politiker:innen auch in Europa immer wieder verwenden – wenn auch in weniger elaborierter Form. So gehört die Verharmlosung der globalen Erhitzung in das rhetorische Repertoire von Friedrich Merz (dpa, 2023). Das Video demonstriert auch, wie professionell US-Klimawissenschaftler:innen medial auftreten. Davon können europäische Wissenschaftler:innen viel lernen.

Die wirtschaftlichen Interessen der Tech-Industrie und die Rolle dieses Sektors für das autoritäre Regime, das unter Trump in den USA installiert wird, wurden nicht angesprochen. Die Klarheit der wissenschaftlichen Statements in der Ablehnung der Positionen Gates’ ist schwer zu übertreffen. Die Macht von Milliardären wie Gates in der amerikanischen Wirtschaft und Politik wurde aber – außer in Anspielungen – nicht in Frage gestellt.

Nachweise

Covering Climate Now (Director). (2025, November 5). The Bill Gates Memo: Climate Scientists Respond With Urgency [Video recording]. https://www.youtube.com/watch?v=DUAXXDPOHUQ
dpa. (2023, April 27). Merz hält Klima-Debatte für übertrieben: „Es ist nicht so, dass morgen die Welt untergeht“. Ruhr Nachrichten. https://www.ruhrnachrichten.de/ueberregionales/merz-haelt-klima-debatte-fuer-uebertrieben-w726063-2000795751/
Gann, M., AFP, & Reuters. (2025, September 5). USA: Trump veranstaltet Abendessen mit Chefs führender Tech-Unternehmen. Die Zeit. https://www.zeit.de/politik/ausland/2025-09/usa-donald-trump-dinner-weisses-haus-tech-ceos-gxe
Gates, B. (2025, October 30). A new approach for the world’s climate strategy | Bill Gates. Gates Notes. https://www.gatesnotes.com/home/home-page-topic/reader/three-tough-truths-about-climate
Harder, A. (2025, November 4). Gates defends climate shift. Axios. https://www.axios.com/2025/11/04/climate-bill-gates-memo
Maag, C., & Howard, H. (2025, October 31). 2 Men Die in Basement Flooding as Sudden Downpour Hits New York Area. The New York Times. https://www.nytimes.com/2025/10/30/nyregion/nyc-floods-brooklyn-basement-death.html
Shockey, D. (2025, October 30). Trump Declares “Victory” Over Climate “Hoax” Following Bill Gates’ Comments. Tampa Free Press. https://www.msn.com/en-us/news/politics/trump-declares-victory-over-climate-hoax-following-bill-gates-comments/ar-AA1PvHp9
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