Der Bericht über Auftritte Robert Habecks in dieser Woche (Neumann, 2023) und ein Interview mit Habeck zu Hans Jonas (Habeck, Robert, 2020) zeigen, wo sein Ansatz liegt – und dass dieser Ansatz ziemlich gut zu einer sehr deutschen Tradition der Abweisung zu großer Ansprüche als „romantisch” passt.
Habeck distanziert sich nicht vom Konzept des grünen Wachstums, und er sieht im Erregen von Angst den Anfang eines Wegs in den Populismus und weg von der Demokratie. Für Habecks Aussage, man könne Wachstum und Ressourcenverbrauch entkoppeln, gibt es aber keine schlüssigen empirischen Argumente. Eine gründliche Studie zum Decoupling kommt zu dem Ergebnis:
We conclude that large rapid absolute reductions of resource use and GHG emissions cannot be achieved through observed decoupling rates, hence decoupling needs to be complemented by sufficiency-oriented strategies and strict enforcement of absolute reduction targets. (Haberl et al., 2020)
Auch die Politik, die LNG-Infrastruktur schnell auszubauen und auf die Erschließung weiterer Erdgaslager z.B. durch Qatar zu setzen, passt nicht zu dem „aufklärerischen“ Ansatz, den Habeck für sich in Anspruch nimmt. Sie führt dazu, dass Carbon Bombs gezündet werden, die jeweils eine Gigatonne und mehr zusätzliche CO2-Emissionen verursachen werden (Kühne et al., 2022). Die Grenzen des Pariser Einkommens sind aber selbst dann kaum noch einzuhalten, wenn die schon benutzen Öl- und Gasvorkommen ausgebeutet werden.
Die prognostizierten CO2-Emissionen aus der bestehenden Infrastruktur für fossile Brennstoffe würden ohne zusätzliche Minderungsmaßnahmen das verbleibende Kohlenstoffbudget für 1,5°C (50 %) überschreiten. (Synthesis Report of the IPCC Sixth Assessment Report (Ar6) – Summary for Policymakers, 2023, p. 21)
Allein die zusätzlichen Kapazitäten, die vor allem seit der Invasion der Ukraine im Februar 2022 geschaffen oder geplant wurden, werden mehr Treibhausgase erzeugen, als die gesamte Welt in einem Jahr produziert:
Cumulatively, this would result in over 40 GtCO2 of excess emissions between 2020 and 2050, or 10% of the total remaining carbon budget to limit warming to 1.5°C. (Climate Analytics & New Climate Institute, 2023, p. 3)
Habeck wirft vielen in der Klimabewegung Angstmache und Populismus vor. Die Positionen, die ihm zu „radikal“ sind, sind aber empirisch gut begründet. Habeck will keine Tabus verletzen, vor allem nicht das Tabu des Wachstums. Damit wird er selbst zum Populisten, zu einem Romantiker des Wachstums.