Ausführlicher Artikel von David Wallace-Wells zum globalen Backlash in der Klimapolitik (Wallace-Wells, 2025). Wallace-Wells schreibt lange über alles, was seit dem Pariser Abkommen nicht stattgefunden hat, und vor allem darüber, dass seit 2015 fast überall auf der Welt der klimapolitische Ehrgeiz nicht – wie im Pariser Abkommen vereinbart – schrittweise zugenommen, sondern dass er immer mehr abgenommen hat. Dabei stellt Wallace-Wells fest, dass 2015 und kurz danach viele in den westlichen Eliten an Wirtschaftswachstum durch grüne Investitionen glaubten und nach der Krise von 2008 auf Dekarbonisierung als positiven ökonomischen und gesellschaftlichen Trend setzten.

Im zweiten Teil des Artikels bringt Wallace Wells dagegen – auch hier mit vielen Verweisen auf Hintergrund-Informationen – Daten zur Boom erneuerbarer Energien in China und in vielen Ländern des globalen Südens. Eine Tatsache von vielen: China hat in den 12 Monaten bis zum vergangenen Juni mehr Solarenergie-Anlagen installiert als die USA in ihrer ganzen Geschichte. Wallace-Wells zitiert Christiana Figueres mit der Aussage, es gehe jetzt nicht mehr um Klima-Politik sondern um Klima-Wirtschaft.

Wallace-Wells will nicht daran glauben, dass dieser Trend zu den Erneuerbaren ausreicht, um die Anti-Klimapolitik der USA und vieler anderer Länder zu kompensieren. Der Artikel endet mit der Resignation, die typisch für die Stimmung vieler Liberaler in den USA ist:

In March, the U.N. considered a resolution to establish an International Day of Hope and an International Day of Peaceful Coexistence. On both propositions, the United States voted “no.”

Der Text ist lesenswert wegen der vielen eingearbeiteten Informationen und vor allem als Versuch, kurz vor der COP30 ein Fazit zur internationalen Klimapolitik zu formulieren. Aber leider riskiert Wallace-Wells keine geopolitische Einschätzung. In welchen Beziehungen etwa die Klimapolitik der USA zu der Chinas steht, bleibt offen. Wallace-Wells spricht an, dass sich die USA in vielem in einen Petrostaat verwandelt haben – aber nicht, was das für Koalitionen mit den anderen Petrostaaten, darunter Russland, bedeutet. Er schreibt viel Wichtiges über Stimmungen und Einschätzungen, aber wenig zu Analyse der Fakten und vor allem der Machtpolitik dahinter. So dokumentiert der Artikel vor allem den Zusammenbruch der Hoffnungen, die Paris 2015 erweckt hat, aber keine Alternativen zu den Perspektiven von damals.

Wallace-Wells, D. (2025, September 16). It Isn’t Just the U.S. The Whole World Has Soured on Climate Politics. The New York Times. https://www.nytimes.com/2025/09/16/magazine/climate-politics-us-world-paris-agreement.html

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