Guter zusammenfassender Artikel über Wikis als Werkzeug für das unternehmensinterne Wissensmanagement: Das Wiki wird zum Redaktionsgehirn [via Thomas Pleil]. Wikis werden immer mehr zu einem Standardtool, um das Wissen von Organisationen zu sammeln und auszutauschen. Mit diesem Text kann man auch Nichtfachleuten klar machen, wie wichtig das Thema ist. Als Beispiele werden drei Anwendungsfälle genannt: Glossare und Enzyklopädien, Support-Datenbanken und komplexe Dokumente. (Auch interessant für unser Projekt eContentPro, in dem wir steirische Unternehmen dabei unterstützen wollen, ihre Webkommunikation zu professionalisieren.)

Merken werde ich mir auch Anton Simons‘ Weblog Redaktionelles Wissensmanagement, in dem der Eintrag erschienen ist. Es begleitet das gleichnamige Buch.

Ton Zijlstra beschreibt, wie er Lehrer in das vernetzte Lernen einführt. Wie immer bei Ton Zijlstras Präsentationen liegt die Wirkung fast mehr darin, wie er erzählt, als was er erzählt. Er berichtet in der Präsentation von einem Tag in seinem Leben, den verschiedenen Tools, die er dabei benutzt, und den sozialen Netzen, in denen er sich bewegt. Theoretischer Hintergrund ist der Konnektivismus, den George Siemens und andere entwickelt haben.

Er geht von drei technisch bedingten quantitativen Veränderungen aus, durch die sich das Verhalten der Menschen und vor allem der Jugendlichen heute verändert: die Zunahme von Verbindungen zwischen Menschen, die Zunahme der Geschwindigkeit, vor allem der Geschwindigkeit von Veränderungen, und die Zunahme des Informationsvolumens. Sie erfordern drei qualitative Antworten:

  1. eine pro-aktivere persönliche Rolle (als sense maker, als Produzent und Verbraucher, als pattern-hunter, aktives Teilen)
  2. eine neue Menge von Fähigkeiten im Umgang mit Infomation (Mustererkennung, soziales Filtern, Prüfungs- und Bewertungsfähigkeiten)
  3. eine neue Menge von Werkzeugen (web2.0, social software) und Arbeitsformen (open space, communities of practice, vernetzte Organisationen)

Es gibt viele Möglichkeiten, von hier aus weiterzudenken. Mit der Perspektive des PolitCamps, das im Mai in Graz stattfindet, interessiert mich, wie sich die qualitativen Antworten von denen Ton Zijlstra spricht, für politische Zusammenhänge übersetzen lassen. Anders formuliert: Auch die Politik sieht sich neuen sozialen Struktuen, viel schnelleren Veränderungen und einer nicht mehr zu verarbeitenden Menge von Informationen gegenüber: Mit welchen Werkzeugen und Kommunikationsformen kann sie darauf antworten, wie kann das vernetzte Lernen zum Werkzeug der Politik werden?

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Ich habe gestern gemerkt, dass einige meiner Bekannten das Video noch nicht kennen, in dem Lawrence Lessig dazu aufruft, Barack Obama zu wählen. Man fragt sich, welcher europäische Politiker eine solche Unterstützung verdient hätte. Wie immer faszinierend: Lessigs Präsentationsstil. Das Video ist ein Beispiel für politische Kommunikation im Web, und es zeigt auch, wie anders die politischen Parameter in den USA sind.

Am 25. Februar finder der erste Grazer Web Montag statt, und zwar um 19 Uhr im VisionSpace der FH Joanneum (Alte Postr. 149). Web Montage sind Treffen über Web 2.0-Themen, bei denen die Teilnehmer über ihre Arbeitsgebiete und Interessen sprechen und vor allem: sich unterhalten. Wer Interesse hat, kann sich im Web Montags-Wiki eintragen.

In Graz arbeiten viele Leute mit und im Web, aber die einzelnen und die Gruppen sind kaum miteinander vernetzt. Vielleicht lässt sich das ändern!

Dank an Hannes für seinen Hinweis! Aktuelle Informationen zu Web Montagen in Östereich gibt es auf Web Montag.at.


Clay Tokens a la Schmandt-Besserat
Ursprünglich hochgeladen von macloo

Zum Bild [via flickr] siehe: Denise Schmandt-Besserat, Exzerpt und Inhaltsverzeichnis aus: How Writing Came About. Ich bin auf die Archäologin Schmandt-Besserat durch Howard Rheingold gestoßen. Sie hat erforscht, wie sich die Schrift der Sumerer aus Ton-Objekten entwickelt hat, mit denen Güter wie Tiere oder Krüge gezählt wurden. Die Objekte — sie spricht von tokens — repräsentierten einzelne Gegenstände oder auch Mengen von Objekten (zu überprüfen; ich habe heute zum ersten Mal davon gelesen). Sie waren in der Jungsteinzeit über Jahrtausende in Gebrauch und sind an vielen Stellen nachgewiesen. Sie wurden offenbar selbst in Behältern aufbewahrt — zum Beispiel von jemand, der für eine Herde verantwortlich war — und um eine Übersicht über den Inhalt dieser Behälter zu bewahren, ging man irgendwann dazu über, die Zählmarken in die noch nicht getrockneten Deckel der Tonbehälter zu pressen. Mit der Entdeckung, dass diese Deckel allein zur Repräsentation von Objekten genügen und man auf die Behälter mit den Tonobjekten verzichten kann, beginnt die Geschichte der Schrift (in unserer Geschichte; die Schriftsysteme in Ostasien und Mittelamerika haben einen anderen Ursprung).

Am Beginn der Schrift stand also nicht eine Bilderschrift, sondern das Zählen und Rechnen — wenn man will: die jungsteinzeitlichen Computertechnik.

Links: Denise Schmandt-Besserats Homepage. Kurzdarstellung ihrer Theorie: 1, 2, 3 leads to A, B, C: Denise Schmandt-Besserat: Research Impact. In der Wikipedia steht über die inzwischen emeritierte Forscherin:

Schmandt-Besserat’s present interest is the cognitive aspects of the token system that functioned as an extension of the human brain to collect, manipulate, store and retrieve data. She studies how processing an increasing volume of data over thousands of years brought people to think in greater abstraction. She also continues her research on Neolithic symbolism at the site of of ‚Ain Ghazal, near Amman, Jordan.

74% aller deutschen Journalisten haben die Wikipedia zu Recherchezwecken verwendet. Wichtigstes Instrument der Recherche ist laut der PR-Agentur Storymaker Google.

(Der Online-Standard verzichtet leider auf ein Link zur Quelle — hier die Pressemeldung der Agentur — und bleibt damit hinter dem Wikipedia-Grundsatz Say where you found the material zurück.)

Für den Studiengang, an dem ich arbeite ist das eine Anregung, die Wikipedia und Google ausführlicher zu behandeln und das Arbeiten mit ihnen intensiver zu üben. Zugleich müssen wir wieder einmal die Frage stellen, worin die Professionalität von Journalistinnen heute noch bestehen kann. Die Storymaker-Studie nennt außer Google und der Wikipedia als wichtigste Informationsquellen die Online-Archive der Redaktionen und Gespräche mit kompetenten Personen. Ob die internen Archive noch lange eine Informationsvorsprung sichern werden, ist zumindest fraglich — es spricht nichts dafür, dass sie nicht bald von frei oder fast frei zugänglichen Quellen im Netz überholt werden. Und gut gepflegte soziale Netzwerke werden nicht nur Journalisten Zugang zu Informanten bieten.

Professionalität im Journalismus bestünde dann zum einen darin, Instrumente, die allen zur Verfügung stehen, besser zu beherrschen. Und zum anderen darin, Informationsprozesse (ich entschuldige mich für das hässliche Wort-Provisorium) zu organisieren, also Netzwerke oder Sub-Netzwerke zu organisieren, die ihren Teilnehmern bestimmte Informationen zur Verfügung stellen. Medien werden dann vielleicht nichts anderes mehr sein, als soziale Netze, deren Zweck Information oder auch Unterhaltung ist.

Zurück zur Pressemeldung von Storymaker und zu unserem Studiengang: Die Studie hat noch einen weiteren Aspekt, der für uns wichtig ist, da wir auch PR-Leute ausbilden: Journalistinnen informieren sich über Unternehmen vor allem über deren Websites, dort suchen sie auch nach Angaben zu kompetenten Gesprächspartnern. Sie erwarten dort fundierte inhaltliche Informationen zu den Firmen und ihren Arbeitsgebieten. Sie

vermissen … hier „häufig“ oder „manchmal“ Fakten (88 Prozent), Hintergrundinformationen (82 Prozent), verständliche Texte (80 Prozent), Links zu weiterführenden Quellen (68 Prozent) und druck- und pressefähige Bilder (65 Prozent). Videoclips oder Audiofiles würden etwa ein Zehntel (9 Prozent) der Journalisten gerne zur Verfügung gestellt bekommen.

Wir sind gerade dabei, ein Projekt zur Verbesserung der inhaltlichen Qualität steirischer Unternehmens-Websites zu starten (auch das eine Frage der literacy), da ist diese Meldung Wasser auf unsere Mühlen! In unseren Lehrveranstaltungen müssen wir uns mit diesen Themen noch viel mehr als bisher beschäftigen.

Logo_gov_bc
Richard Pope berichtet sehr amüsant von einem Barcamp für Government Geeks im Londoner Google-Hauptquartier. U.a.:

There’s no lack of enthusiasm with the GovGeeks, but they seem to feel constricted by the currently slow moving, contract orientated ways of the civil service, as well as the ever changing grand plans from above of the more strategic looking civil servants (someone presented a truly mind-boggling-design-by-commitee flowchart of how the future version of direct.gov.uk is supposed to work).

Sicher auch ein Vorbild für unser PolitCamp im Mai! Organisiert hat das BarCamp Jeremy Gould. Hier fasst er seine Erfahrungen zusammen [via currybetdotnet].