Gestern habe ich ein paar Texte gelesen, in denen es um die Integration sozialer Graphen, ihre Aggregierung geht. Sie beschäftigen sich mit den sozialen und den technischen Voraussetzungen eines Graphen, der die Daten über persönliche Beziehungen, die in Sozialen Netzen (SNs) wie Facebook, Myspace, Twitter usw. (also in allen „Web 2.0-Anwendungen“) gepflegt und gespeichert werden, zusammenfasst. Der Ausdruck Graph steht für die Darstellung dieser Beziehungen als Netz von Knoten — den Personen, aber auch den Objekten, die miteinander verbunden sind — und Kanten, also den Beziehungen zwischen ihnen. Bekannt gemacht hat den Ausdruck der Facebook-Gründer Mark Zuckerberg.
Tim Berners-Lee spricht vom Giant Global Graph [via Chris]. Er unterscheidet drei Phasen/Schichten in der Entwicklung des Netzes: das Internet als Netz von Computern, das frühe WWW als Netz von Dokumenten (the Net links computers, the Web links documents) und das jetzt entstehende Web als Netz von Menschen und Dingen. Der Global Giant Graph ist dafür eine — auch ironisch gemeinte — Umschreibung. TBL benutzt das Mem des Social Graph zu einer Kurzeinführung in sein Konzept des Semantic Web. Tatsächlich kann man die aktuellen Diskussionen über die Portabilität der Daten in Social Networks als eine Bestätigung für das Semantic Web-Konzept verstehen, auch wenn dabei nur selten auf das FOAF-Format hingewiesen wird, das für den Austausch dieser Daten entwickelt wurde.
Anlass für TBLs Post sind Brad Fitzpatricks Thoughts on the Social Graph. Fitzpatrick fordert und skizziert ein API für soziale Netze/soziale Graphen. (Ein API ist eine offene Programmier-Schnittstelle, über die Anwendungen miteinander kommunizieren und einander ihre Funktionen zur verfügung stellen können.) Das API soll es ermöglichen, die Daten verschiedener sozialer Netze zu verwenden, ohne auf ein SN als Plattform zur Integration der anderen angewiesen zu sein. Es erzeugt einen aggregierten social graph, der auf nichtkommerziellen Servern bzw. in nichtkommerziellen Datenbanken gespeichert werden soll. Alex Iskold erläutert Fitzpatricks Text und beschreibt dabei sehr verständlich, was ein social graph ist: Social Graph: Concepts and Issues.
Fitzpatrick fordet eine Open Source-Software und nichtkommerzielle Server für die Speicherung der persönlichen Daten der Social Web-Benutzer. Joseph Smarr, Marc Canter, Robert Scoble, and Michael Arrington formulieren eine Bill of Rights for Users of the Social Web. Sie soll garantieren, dass jeder Benutzer des Social Web Eigentümer der Daten über sein Beziehungsnetz bleibt, dass er kontrollieren kann, was mit diesen Daten geschieht, und dass er frei darin ist, diese Daten Personen und Organisationen zur Verfügung zu stellen, denen er vertraut.
Diese Diskussion betrifft eine der wichtigsten Gelenkstellen des Web. (Doc Searls‘ Konzepte — Stichwörter: World Live Web und Vendor Relationship Management erweisen sich hier übrigens als visionär.) Mich interessiert vor allem, ob und wie sich soziale Graphen zur Analyse/Definition von sozialen Medien verwenden lassen. Kann man mit den Konzept des sozialen Graphen ein konsistentes Alternativmodell zur Kommunikation mit Massenmedien
formulieren? Lässt sich begründen, ob/warum die Kommunikation mit sozialen Medien/in SNs effizienter ist? Oder eignet sich — wie es Doc Searls sagt — der Begriff des Mediums nicht, um das zu erfassen, was sich hier entwickelt?
Hast du schon die Facebook-App Socialistics ausprobiert? Data-Mining im sozialen Netz. Socialistics sammelt Daten deiner Facebook-Freunde (Alter, Wohnort, Geschlecht, Bildung, uvm.) und illustriert sie dann mit Graph und Statistik.
Kannte ich noch nicht, werde ich aber versuchen.
Danke!
Spannende Informationen – Aber der „soziale Graph“ wurde schon bekannt gemacht, da gab es den Zuckerberg noch gar nicht – da hat es nur keinen interessiert. Ich habe die Tage mal die alten Statistik-Unterlagen rausgekramt zum Thema „Graphentheorie“, die sich in ganz unterschiedlichen Bereichen anwenden lässt: Logistik, Projektmanagement und eben auch in sozialen Netzwerken 🙂