Ich habe bis zum letzten Tag damit gezögert, mich an der
#blokult11-Blogparade zu beteiligen, zu der mich Henrik Wietheger eingeladen hat. Nicht nur, weil ich Blogparaden als Kollektivveranstaltungen nicht besonders mag. Vor allem, weil »Kultur« für mich ein Haupt- und Staatswort ist, mit dem so viele Vorstellungen, so viel Kultur verbunden ist, dass sich dazu kaum etwas sagen lässt, das man nicht schon immer wieder gehört hat.
Dieses Post ist nur ein Rant; es hat kein Ergebnis. Mich interessiert, ob andere ähnliche Fragen haben: Wie kann man erfasssen, in welchen sozialen Zusammenhängen Webkommunikation stattfindet, ohne etwas über eine Gesamtgesellschaft annehmen zu müssen?
Wolfgang Lorenz:
Aber die Bedeutung des Institutes ORF für die Gesellschaft ist nicht anders zu beantworten, ob er 30, 35 oder 40 Prozent Marktanteil hat. Das ändert am Sselbstverständnis nichts, für Österreich unverzichtbar zu sein [„Derzeit geht kein Mensch auf mich los“
].
Dem Selbstverständnis die Realitätsprüfung zu ersparen, erleichtert das Überleben.
Chris Langreiter weist — zustimmend — auf Konrad Paul Liessmanns Impulsreferat beim ISPA-Philosophicum hin. Ich weiß nicht… Ich würde den meisten Sätzen Liessmanns nicht widersprechen. Aber sie erinnern mich an ein Diktum meines Studienfreundes Martin Engelmeier: „Es gibt auch Sätze, die sind zu wahr!“. Auf der Allgemeinheitsstufe dieses Referats fallen die Unterschiede zwischen den Medien einfach nicht mehr auf. Was sagt es denn aus, dass Schrift, Buchdruck und Internet dazu dienen, Gesprochenes zu fixieren? (Sicher sind Liessmanns Thesen differenzierter, aber darauf laufen sie hinaus.) Hinter diesen scheinbaren Selbstverständlichkeiten verbergen sich erst die Probleme.
Vielleicht bin ich pedantisch, aber mich stören auch hier die Ungenauigkeiten im Detail. Liessmann spricht pauschal davon, dass das Schreiben in der Kulturgeschichte eine Sache der Sklaven gewesen sei. (Lauert da die Abwertung der Schrift und der Technik, die die ganze abendländische Philosophie durchzieht?) Das stimmt möglicherweise für das europäische Mittelalter, aber zum Beispiel für die Antike so sicher nicht.
Liessmann neigt dazu, Unterschiede einzuebnen. Das verschafft, möglicherweise gegen Liessmanns Intentionen, dem traditionell Gebildeten das beruhigende Gefühl, durch das Internet habe sich nichts Grundlegendes geändert — zumal es ja, wie er sehr schön sagt, sich selbst exemplifiziert
. Ich glaube dagegen, dass es heute zur Bildung gehört, die technische Seite der Medien zu verstehen, auch, aber nicht nur, um ihnen nicht einfach ausgeliefert zu sein. Was sich selbst exemplifiziert kann auch verdecken, was tatsächlich geschieht.
Konrad Paul Liessmann im Interview mit Telepolis:
Zitate aus der Wikipedia finde ich in der Tat höchst problematisch. Ich wäre hier in der Wissenschaft äußerst zurückhaltend. Ein wesentliches Kriterium von Wissenschaft schlechthin, nämlich die Überprüfbarkeit einer Quelle, wird damit tendenziell außer Kraft gesetzt. Das geht weit über Plagiatsfragen hinaus.
Liessmann beklagt die Abwesenheit einer normativen Bildungsidee
. Die hätte ihm vorgeschrieben, sich mit seinem Thema zu befassen. Warum lässt sich die Wikipedia nicht als Quelle überprüfen? Bei wenigen Texten sind Änderungen so gut dokumentiert. Ein Blick in die älteren Versionen des Artikels über Konrad Paul Liessmann hätte genügt. Außerdem lässt sich mit Furl oder Spurl leicht jeder Zustand eines Artikels archivieren.
Noch — pardon — ungebildeter ist der Satz:
Und Programmieren ist sowieso keine Kulturtechnik, das ist eine Frage von Spezialisten.
Sind dann Mathematik und Rhetorik auch keine Kulturtechniken, weil man sich in ihnen spezialisieren kann? Gehört es nicht zur Kultur, die Grundlagen einer Technik zu verstehen, ohne die unsere Zivilisation überhaupt nicht existierte?
Liessman spricht in diesem Interview über Dinge, die er nicht kennt. Es geht ihm wie vielen Konservativen: Er verkörpert die Untugenden, die er attackiert.
David Weinberger zitiert ein Mail von Chris Matthieu über ESBN (Electronic Standard Book Numbering), eine Technik, um Versionen digitaler Inhalte individuell zu identifizieren (ESBN – background). Dazu auch dieser Eintrag Weinbergers. Die Idee riecht nach Sektierertum und Wundermittel. Das Konzept der Identität, das hier in die digitale Welt zu übertragen wird, stammt nicht nur aus der brick-and-mortar
-Welt, es hat auch nur dort Sinn. (Wer sich vor dem Netz fürchtet, muss dort ja nicht publizieren.)
Technorati Tags: ESBN
Mögliche Links für meine Lehrveranstaltung über Archivtechniken:
Scobleizer: Reading Battelle’s book makes me look at the Search, SPARQL: Web 2.0 Meet the Semantic Web (Kendall Clark), TAP [alle via ongoing · Scoble ♥ RDF];
IT Conversations: Database Requirements in the Age of Scalable Services
Tim O’Reillys Web2MemeMap: ein Marketing-Gag, da hat Dave Winer recht. Aber doch ein Ausgangspunkt, um über aktuelle Tendenzen im Web zu informieren, z.B. im Unterricht.
Werke Arnold Schönbergs im Arnold Schoenberg Center – Webradio (mit viel Material).
Chris Dent über
erste Erfahrungen mit dem Atom Publishing Protocol:
Sure, there are lots of Weblog APIs, but none in my experience has the comfy feel had by Atom in the wild. Atom is complicated and you can feel it, but you can also feel that it could end up doing some fun stuff in a clean way that brings the web another step closer to being a big storehouse of knowledge reusable (not just usable) by anyone.