chairman burdaImage by couchpotatoes via Flickr

Ich möchte mich nicht lange mit der Debatte um Leistungschutz (= Raubritterzoll für Verlage) und Schutz der Journalisten vor Google (= Sicherung ihres Gatekeeper-Anspruchs) beschäftigen. Ich glaube, dass dort intellektuell wenig interessante Nachhutgefechte geführt werden—so wichtig es ist, dass die Freiheit im Netz nicht weiter eingeschränkt wird. Der VDZ, der DJV und ihre Vorsitzenden haben ein ganz schlichtes materielles Interesse, und dafür treten sie ein wie seinerzeit Arbeitgeber und Arbeitnehmer an der Ruhr für die Erhaltung des unwirtschaftlichen Bergbaus. Da man nicht gut sagen kann, dass man von der Gesellschaft geschützt und subventioniert werden möchte, weil man sich nicht umstellen kann oder will, beruft man sich auf höhere Ziele: damals an der Ruhr auf die Sicherung der nationalen Energieversorgung, heute auf die unersätzliche Funktion des Journalismus in der Demokratie. Und damit das Ganze medial richtig hochgekocht werden kann, macht man—mit Vorliebe ausländische—Feinde aus: damals die Ölscheichs, heute Google—die Datenkrake, wie sie das zeitgenössische Wörterbuch der Gemeinplätze bezeichnet.

Mir fällt diese Sommerloch-Debatte ein, weil ich gerade die Vorversion einer (von mir betreuten) Diplomarbeit Birgit Bröckels über journalistische Aspekte der Suchmaschinenoptimierung lese. Birgit Bröckel beschäftigt sich im Detail damit, wie eine Journalistin Texte so redaktionell bearbeiten kann, dass die Benutzer sie via Suchmaschine auch finden. Sie resümiert:

Suchmaschinenoptimierung ist Useroptimierung.

Diese Arbeit—übrigens im Auftrag eines Verlags geschrieben—zeigt, was Google tatsächlich mit journalistischen Angeboten tut: Mit allen Mitteln und einer ständig weiterentwickelten Technik herauszufinden, welche von ihnen am besten eine Frage beantworten, die die User haben. Suchmaschinen gehen dabei subtil vor, wie jeder merkt, der sich etwas mit Suchmaschinenoptimierung beschäftigt. Dass Google zur Killerapplikation (Hubert Burda) geworden ist, liegt nicht an einem Bündnis mit dunklen Mächten, sondern daran, dass es so objektiv ist und—bei aller möglichen Kritik—sicher unabhängiger von Anzeigenkunden ist als die Verleger, die sich jetzt zu Hütern der Pressefreiheit erklären.

Wenn einstürzende Medienhäuser gegen Google kämpfen, meinen sie die Autonomie der Nutzer: Google ist vor allem ein Instrument, mit dem sie gezielt Fragen stellen können. Was die Verlage stört—und was sie im Netz tatsächlich überflüssig macht— ist, dass sich die Nutzer ihre Informationsangebote selbst zusammenstellen können. Hubert Burda, der es besser weiß, ist nicht dafür zu beneiden, dass er in der FAZ für seinen Verband schreiben muss:

Verlage […] brauchen die Sicherheit, dass ihnen das ausschließliche Recht auf Vervielfältigung, Verbreitung, öffentliche Wiedergabe und öffentliche Zugänglichmachung für Presseerzeugnisse zusteht, und das muss auch für digitale Medien gelten.

Mit derselben Logik (es war immer so …) hätten die Eisenbahnen fordern können, Autostraßen und Flughäfen zu verbieten, um das auschließliche Recht zu behalten, Menschen und Güter über weitere Strecken zu transportieren.

Google wird für seine Leistungen bezahlt—weil Menschen auf die Anzeigen klicken, die Google ihnen aufgrund seiner Technologie gezielter anbieten kann, als das bei traditioneller Werbung möglich ist. Google verdient viel Geld, weil die Nutzer seiner Technologie trauen—wer daran etwas ändern, also: mitschneiden, möchte, sollte sich auch auf anderen Gebieten dafür aussprechen, Erfolg zu bestrafen. Wenn die deutschen Verleger Google als ein Risiko für die Transparenz im Netz (Hubert Burda) ansehen—warum gründen sie nicht selbst eine Suchmaschine, die dank des Engagements ihrer Betreiber für objektive Information transparenter und benutzerfreundlicher arbeitet als Google? Gerade Burda zeigt mit fitter.de, dass es hier Potenziale jenseits von Google gibt. Die VDZ-Suchmaschine als Google-Alternative (News-Suche sponsored by DJV …): Damit könnten die Verleger sogar die Piratenpartei hinter sich bringen!

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Ich experimentiere etwas mit Posterous, aber wirklich angetan bin ich von dem Service noch nicht. Abgesehen davon, dass ich nichts davon halte, dieselben Inhalte über alle möglichen Plattformen zu verstreuen: Ein Posterous-Blog unterscheidet sich von einem Typepad- oder WordPress-Blog wohl vor allem dadurch, dass es weniger
Möglichkeiten bietet. Interessant für Leute, die kein Blog haben – aber gibt es einen Grund umzusteigen? Was mich auch ärgert: Posterous
versteht nicht nur kein markdown (eine vereinfachte Weise, HTML zu schreiben, an die ich mich gewöhnt habe), sondern setzt auch normales HTML-Markup nicht wirklich um; z.B. kann man Zitate nicht mit q auszeichnen.

Was mich an Posterous interessiert, hat mit dem Service selbst nichts zu tun: die Möglichkeit spontaner zu bloggen, nicht nur mehr oder weniger gedrechselte Posts zu verfassen. Ich überlege, ob ich mir wie Robert ein Siteblog für Notizen, Live-Berichterstattung und ähnliches anlege. Aber was spricht dagegen, das direkt in meinem Blog oder in einem zweiten Typepad-Blog zu tun?

Ich vermute, dass Posterous vor allem das mobile Bloggen erleichtert,
und dass man es sehr gut verwenden kann, um Medien zu veröffentlichen oder wiederzuveröffentlichen. Als Autorenwerkzeug für Text ist es mir zu beschränkt. Aber vielleicht habe ich es auch nur noch nicht richtig verstanden.

Posted via email from Heinz’s posterous

Wir wollen versuchen, an unserer Hochschule ein Kompetenzzentrum Webkommunikation aufzubauen (den Namen verstehe ich immer noch als Arbeitstitel; Helmuth Bronnenmayer hat vorgeschlagen, dass wir das Ganze WebKomm abkürzen, was mir gut gefällt). In den letzten Wochen habe ich mit Karin Raffer und Julian Ausserhofer viel darüber diskutiert, wie wir methodisch vorgehen wollen. Die Frage ist: Wie bekommen wir die sozialen Aspekte der Webkommunikation in den Blick, ohne die technischen Aspekte zu ignorieren. Wir wollen nicht einen der sterilen akademischen Diskurse über Webkommunikation fortsetzen, bei denen die technische, ich könnte auch sagen: die Geek-Seite der Sache ausgespart bleibt. Wir suchen nach einem Ansatz, um Webkommunikation so zu beschreiben, dass man die Kompetenz zu dieser Kommunikation dann auch methodisch sauber entwickeln kann—bei angehenden PR-Leuten und Journalisten an unserem Studiengang wie bei Leuten, die für die Webauftritte von Unternehmen oder Organisationen verantwortlich sind.

Ich scheue mich etwas aufzuschreiben, in welcher Richtung wir arbeiten wollen, weil das für Praktiker in Unternehmen oder Medienhäusern in dieser Anfangsphase wahrscheinlich extrem abstrakt und theoretisch klingt. Wir wollen uns an sozialwissenschaftlichen Traditionen orientieren, die die Handlungskompetenz der Akteure in den Mittelpunkt stellen, an der Ethnomethodologie, der Gesprächsanalyse und der Akteur-Netzwerk-Theorie. Dabei suchen wir nach Möglichkeiten, empirisch zu untersuchen, wie Menschen im Web tatsächlich Kommunikationsprozesse vollziehen—vielleicht könnte ich auch sagen: wie sie sich im Web verständigen und welche Faktoren dabei eine Rolle spielen. Die Frage nach dem Wie bezieht sich auf Regeln oder Methoden, die die Akteure beherrschen (vor allem auf konstitutive Regeln im Sinne von Searle), die Frage nach den Faktoren auf die Phänomene, die sie berücksichtigen, und die ihr Aktionsfeld bestimmen—nicht auf hinter ihnen wirkende anonyme Kräfte oder Systeme. Vielleicht könnte ich auch sagen: Wir wollen beschreiben, welche Erwartungen bei der Verständigung im Web ineinandergreifen. Die Menschen, die sich im Web verständigen, erwarten etwas voneinander, ihre Erwartungen bauen aufeinander auf; sie erwarten aber auch etwas von der Technik, mit der sie dabei umgehen, und sie wissen, was die Technik von ihnen erwartet. Wir wollen beschreiben, wie sie die Beteiligten und Elemente der Kommunikation klassifizieren, welche Folgen von Sprech- oder Schreibakten (einschließlich Reparaturhandlungen) sie beherrschen, und wie sie dabei mit nichtmenschlichen Objekten und Akteuren, z.B. Browsern oder Suchmaschinen, umgehen.

Im Moment kommt es mir so vor, als könnte man die soziale Seite der Webkommunikation am leichtesten beschreiben, wenn man von Erwartungssystemen (also geordneten Erwartungen der Kommunikationsteilnehmer aneinander und an ihre Umwelt) ausgeht und diese analysiert. Dann kann man klären, ob und wie sie sich von der Erwartungssystemen in anderen Verständigungsformen unterscheiden. Möglicherweise kann man solche Erwartungssysteme auf ganz unterschiedlichen Ebenen beschreiben: Welche Erwartungen verbinden sich mit einem Hyperlink? Welche Erwartungen erzeugt jemand, der ein Profil von sich selbst im Web publiziert? Welche Erwartungen spielen bei der Verwendung eines Browsers eine Rolle, und wie spielen Erwartungen an deterministische technische Abläufe und Erwartungen von nicht vorhersagbaren Informationen und Kommunikationsakten ineinander? Wie weit bieten sich im Web ganz spezifische Möglichkeiten, Erwartungssysteme auf nicht erwartete Phänomene einzustellen und sie ihnen anzupassen?

Das sind Anfangsfragen, möglicherweise ist schon ihre Formulierung naiv. (Den Ausdruch Erwartungssysteme benutze ich nur zur Selbstverständigung.) Wir möchten jedenfalls in dieser Richtung weiterarbeiten und zuerst Forschungs- und Literaturberichte zur Anwendung von Ethnomethodologie, Gesprächsanalyse und Akteur-Netzwerk-Theorie (dazu hat Julian bereits seine Diplomarbeit verfasst) auf die Webkommunikation schreiben. Wir freuen uns auf Dialoge mit Praktikern und hoffentlich auch mit Soziologen, die uns helfen können, unsere Methoden zu verbessern.

Ich habe eine Seite über Mobilen Journalismus, kurz MoJo, angelegt, um Informationen dazu zu sammeln und zu ordnen. In meinem Feedreader haben sich in den letzten Wochen Posts über journalistisches Arbeiten mit Mobiltelefonen gehäuft—meist auf Englisch. Das Thema wird bei uns aktueller werden—auch wenn, wie beim Videojournalismus, zunächst sicher vor allem die Bedenkenträger darüber diskutieren werden.

MoJo data-epi-spacing steht data-epi-spacing für data-epi-spacing Mobile data-epi-spacing Journalism data-epi-spacing oder data-epi-spacing Mobiler data-epi-spacing Journalismus. data-epi-spacing Mobiler data-epi-spacing Journalismus data-epi-spacing ist data-epi-spacing Journalismus data-epi-spacing mit data-epi-spacing dem data-epi-spacing Mobiltelefon data-epi-spacing und data-epi-spacing Journalismus data-epi-spacing für data-epi-spacing das data-epi-spacing Mobiltelefon. data-epi-spacing Moderne data-epi-spacing Handys data-epi-spacing und data-epi-spacing Kleinkameras data-epi-spacing können data-epi-spacing sendefähige data-epi-spacing Videos data-epi-spacing und data-epi-spacing Audios data-epi-spacing aufnehmen. data-epi-spacing Es data-epi-spacing werden data-epi-spacing neue data-epi-spacing journalistische data-epi-spacing Formen data-epi-spacing möglich—und data-epi-spacing schon data-epi-spacing alte data-epi-spacing Fragen data-epi-spacing nach data-epi-spacing der data-epi-spacing Rolle data-epi-spacing der data-epi-spacing professionellen data-epi-spacing Journalisten data-epi-spacing müssen data-epi-spacing neu data-epi-spacing gestellt data-epi-spacing werden.

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Tools

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Hardware: data-epi-spacing Die data-epi-spacing Standard-Hardware data-epi-spacing von data-epi-spacing Mobiltelefonen data-epi-spacing lässt data-epi-spacing sich data-epi-spacing ergänzen; data-epi-spacing so data-epi-spacing gibt data-epi-spacing es data-epi-spacing für data-epi-spacing das data-epi-spacing iPhone data-epi-spacing Stativ-Anschlüsse data-epi-spacing und data-epi-spacing Wechselobjektive. data-epi-spacing Es data-epi-spacing ist data-epi-spacing auch data-epi-spacing möglich data-epi-spacing (nach data-epi-spacing Jailbreak), data-epi-spacing auf data-epi-spacing einem data-epi-spacing iPhone data-epi-spacing mit data-epi-spacing einer data-epi-spacing Bluetooth-Tastatur data-epi-spacing zu data-epi-spacing schreiben.

Plattformen: data-epi-spacing Vom data-epi-spacing Mobiltelefon data-epi-spacing aus data-epi-spacing streamen data-epi-spacing kann data-epi-spacing man data-epi-spacing via data-epi-spacing Kyte data-epi-spacing oder data-epi-spacing qik.

Ressourcen:
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Version: data-epi-spacing 19.7.2009

Die Fachgruppe PR und Organisationskommunikation der DGPuK hat ein Positionspapier Akademische PR-Ausbildung in Deutschland publiziert. Verantwortliche Autoren sind Thomas Pleil und René Seidenglanz.

Das Papier ist knapp und übersichtlich; es beginnt mit einer guten Zusammenfassung. Die folgende Grafik (entnommen der S. 3 des Papiers) zeigt, wie die DGPuK die Rolle der akademischen PR-Ausbildung versteht:

Rolle der akademischen PR-Ausbildung, Positionspapier der DGPuK, S. 3

Nach der ersten Lektüre würde ich das Papier so charakterisieren: Es begründet und fordert den akademischen Charakter der PR-Ausbildung: Die PR-Ausbildung soll wissenschaftlich fundiert sein und sowohl auf eine praktische Tätigkeit in der PR wie auf eine wissenschaftliche Karriere vorbereiten. Die akademisch ausgebildeten PR-Leute sollen nicht nur Wissen anwenden, sondern dazu in der Lage sein, die eigene Tätigkeit mit wissenschaftlichen Maßstäben zu bewerten und zugleich kritisch zu reflektieren, z.B. in Hinsicht auf gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklungen. Das Papier bindet die PR-Ausbildung an die Kommunikationswissenschaft, fordert aber auch, PR-Praktikern eine weit über eine rein fachliche oder fachwissenschaftliche Qualifikation hinausgehende Kompetenz zum kritischen Nachdenken zu vermitteln.

Das ist eine aufklärerische Position, die sich am Leitbild eines autonomen und auf Wissen und Reflexion gestützten Handelnden orientiert—im Gegensatz zum reinen Praktiker, der nur Anweisungen seiner Kunden oder Vorgesetzten umsetzt. Es ist außerdem eine sehr anspruchsvolle Position: Die Ausbildung wird an Forschung gebunden; für die akademische PR-Ausbildung an Hochschulen und Fachhochschulen sollen vor allem Wissenschaftler verantwortlich sein, die selbst forschen, die also nicht nur einen bereits erarbeiteten Wissensbestand vermitteln.

Für mich ist die Bindung der Ausbildung an die Forschung ein wichtiger Punkt: An den österreichischen Fachhochschulen wird Forschung betrieben, und die Hochschulen sind verpflichtet, den Lehrenenden Forschung zu ermöglichen; nur die Lehre ist aber fix finanziert. Forschungstätigkeit hängt von Aufträgen aus der Wirtschaft oder von Förderungen ab, die man akquirieren muss. Wenn wir die Forderungen des Papiers an unserem Studiengang umsetzen wollen, müssen die Lehrenden Freiräume für die Foschung erhalten, die von Projekten für Auftraggeber unabhängig sind. In einem gewissen Ausmaß—das muss ich hinzufügen—hat man diese Freiheit im Rahmen der Weiterbildung und der Vorbereitung für die Lehre, aber sie ist von Zufällen und der Gutwilligkeit der Vorgesetzten und der Verwaltung abhängig.

Noch zwei Bemerkungen zu Themen, die in dem Papier nicht explizit behandelt werden, eine zu dem kommunikativen Kompetenzen, die wir vermitteln, und eine zu meinem eigenen Unterrichtsgebiet, der Webkommunikation:

  1. Kommunikative Kompetenzen: Für mich hat die Ausbildung von Kommunikatoren immer auch eine rhetorische, vielleicht könnte man auch sagen: gestalterische Komponente, die nicht einfach zu den nichtakdemischen, rein praktischen Teilen der Ausbildung gehört. Vor allem an Fachhochschulen sehe ich hier Ähnlichkeiten mit der Ausbildung an Kunst- oder Musikhochschulen. Ich fände es sinnvoll, diese Komponente in einem Positionspapier zur akademischen Aubildung von Kommunikatoren explizit und differenziert zu berücksichtigen—womit ich auf keinen Fall für eine Entakademisierung plädieren möchte.

  2. Webkommunikation: Auf Webkommunikation geht das Papier nicht ein—wahrscheinlich, um die zentralen Aussagen nicht durch weitere Themen zu verwässern. Für die PR bringt das Web radikale Veränderungen, und für die Aubildung und die wissenschaftliche Kommunikation neue Formen, die wir gerade erst auszuloten beginnen. Für eine Bewertung der Konsequenzen des Webs für die akademische PR-Ausbildung wäre wohl ein eigenes Papier (oder Wiki) nötig. Zur wissenschaftlichen Fundierung in diesem Bereich gehört wohl auch die entstehende Webwissenschaft— die man auch als Teilgebiet der Kommunikationswissenschaft verstehen kann.

Für unsere Diskussionen am Studiengang und in der Hochschule ist das Papier hilfreich, auch wenn es sich nur auf die Ausbildung in Deutschland bezieht. Es formuliert klar und verständlich Sinn und Anspruch einer akademischen Kommunikationsausbildung. Es bezieht eine Position, die ich als Lehrender auf diesem Gebiet gern auch als Verpflichtung annehme.

Ein Bericht der MacArthur-Stiftung ermutigt zum partizipatorischen Lernen

Ein neuer Report der MacArthur Foundation gilt der Zukunft der Lerninstitutionen in der digitalen Welt. Eine ausführliche PDF-Version ist erschienen; ein Buch zum selben Thema entsteht gerade in offener Zusammenarbeit im Web. Wer will, kann Anmerkungen zu jeder Seite des Werks machen; es soll 2010 herauskommen.

Dank des Reports verstehe ich Erfahrungen und Konflikte besser, mit denen ich bei der Vermittlung von Webkompetenz an einer Fachhochschule täglich zu tun habe. Er ist voller Argumente dagegen, Lehren und Lernen als Reproduktion von Wissen in einem von Autoritäten kontrollierte Setting, als Klonen, zu verstehen.

Nennen wir das geklontes Lernen, Klonen von Wissen und Klone als das erstrebte Produkt. Solche Lernmodelle—oder „Klonkulturen“—sind oft verdummend und kontraproduktiv; sie lassen viele Kinder gelangweilt, frustriert und unmotiviert zu lernen zurück. [S. 21]

Die Autoren betrachten das Web nicht als technische Plattform sondern als eine Umgebung, die Lernen ermöglichen will. Im Web lernen wir partizipativ: Unabhängig von den Zufällen von Ort und Zeit und unabhängig von den hierarchischen Bildungssystemen können sich Menschen austauschen und ihr Wissen erweitern. Neue Lerninstitutionen entstehen; die spektakulärste und erfolgreichste ist die Wikipedia. Wer heute aufwächst und Zugang zum Web hat, hat sich daran gewöhnt, partizipativ und online zu lernen. Bildungseinrichtungen wollen sich diesen Lernformen zwar oft mir viel Geld für neue Technik anpassen. Sie sind als Institutionen aber meist blind dafür, dass sich im Web nicht technische, sondern kulturelle Veränderungen abspielen. Nicht nur die Formen des Lernens ändern sich, sondern auch die Inhalte und die Rolle des Lernens in der Gesellschaft.

Remixing als Lern- und Lehrstrategie

Remixing nennt der Report das, was Web-orientierte Lernende und auch wir Lehrenden mit den hergebrachten akademischen Unterrichtsformen machen. Wenn wir etwas wissen wollen, suchen wir alle heute zuerst im Web, fragen in unseren sozialen Netzwerken, wenden uns via Email oder Skype an Bekannte (ich selbst als jemand, der vor der Erfindung von Web und PC aufgewachsen ist, viel weniger als meine Studenten). In diese partizipatorische Lernwelt montieren wir, was wir aus den hierarchisch geordneten Welten der alten Schule und Hochschule und auch des alten Verlagswesens benutzen wollen oder benutzen müssen: vom wissenschaftlichen Buch bis zu Lehr- und Prüfungsformen wie Seminar, Vorlesung und Diplomarbeit.

Was der McArthur-Report als remixing bezeichnet, nennt Martin Lindner die Bildung hacken. Wir suchen Methoden für ein Aufbohren der Lern- und Lehrstrategien aus der Zeit vor dem Web, die über ein bloßes Addieren (oder Subtrahieren) von Altem und Neuem hinausgehen. Genau darin sehen die Autoren des Reports eine Hauptaufgabe für Bildungsinstitutionen. Es fehlen Übersetzungen zwischen der Welt der Webkommunikation und Institutionen, welche die Qualität des Lernens und Lehrens überprüfen. In der Open Source-Welt sind Institutionen für die Sicherung der Qualität und eines gerechten Zugangs schon vor einiger Zeit entstanden, und sie bilden sich gerade auch (Stichwörter: Open Access, Creative Commons) für Publikationen heraus. Vielleicht stellen E-Portfolios einen wichtigen Schritt bei der Entwicklung partizipativer Lerninstitutionen dar, denn sie dokumentieren, was jemand online gelernt und entwickelt hat.

Clash of Cultures

Wenn man den Report liest, versteht man besser, warum Vertreter des weborientierten Lernens bei Repräsentanten von Bildungskonzepten aus der Vor-Web-Zeit oft radikaler Ablehnung begegnen. (Ich weiß, wovon ich spreche!) Die Autoren stellen ausführlich und zum Teil auch polemisch dar, wie radikal sich das partizipative, kollektive Lernen im Web davon unterscheidet, wie bisher individuell Qualifikationen in Schulen und Hochschulen erworben werden. Die Hierarchien, die mit akademischen Titeln und den unterschiedlichen Rollen von Lehrenden und Lernenden an Hochschulen verbunden sind, verlieren beim Wissensaustausch im Web an Bedeutung. Nicht nur, weil die Studenten oft mehr über das Web wissen als ihre Lehrer: Das Lernen im Web ist noch deutlicher als bisher unabgeschlossen; feste Wissensbestände haben ihren Wert verloren. Sie können jederzeit überholt sein. Faktenwissen kann zudem online abgerufen und muss nicht memoriert werden. Lernen ist lebenslang

… auch in dem, vielleicht antiplatonischen, Sinn, dass die zunehmend schnellen Wechsel in der Gestaltung der Welt bedeuten, dass wir zwangsläufig von neuem lernen müssen, uns dabei neues Wissen aneignen, um den Herausforderungen neuer Bedingungen gewachsen zu sein, während wir die Lehren der Anpassungsfähigkeit bei uns tragen, der Anwendung der Lehren auf neuartige Situationen und Herausforderungen. Dabei handelt es sich nicht nur darum, wirtschaftlichen Zwängen zu gehorchen; in steigendem Maß verlangen es auch „unsere“ Gesellschaft und Kultur. [S. 33]

Damit ändert sich die Aufgabe von Schulen und Hochschulen. Sie müssen nicht Normen und Regeln durchsetzen und sich damit selbst perpetuieren, sondern ihre Mitglieder mobilisieren und die Lernenden flexibler machen:

Traditionell wurden Institutionen mit Konzepten wie Regeln, Regulierungen und Normen erfasst, die die Interaktion, Produktion und Distribution innerhalb der Struktur der Institution regeln. Die Netzkultur und die zu ihr gehörenden Lernpraktiken und -vereinbarungen legen es nahe, Institutionen, besonders diejenigen, die das Lernen fördern, als Mobilisierungsnetze zu denken. Die Netzwerke ermögliche eine Mobilisierung, die Flexibilität, Interaktvität und Ergebnisse betont. [S.33/34]

Die Kultur einer Institution darf sich nicht mehr am immer Gleichen, sie muss sich an der Veränderung ausrichten. Sie soll nicht feststellen, was ist, sondern zu dem befähigen, was wird:

Die institutionelle Kultur verschiebt sich so von Gewichtigen zum Leichten, von der Beurteilung zur Befähigung. [S. 34]

Partizipatorisches Lernen fordert schwerfällige Hierarchien heraus: vom Umgangs von Lernenden und Lehrenden miteinander bis zum Verständnis von Wissen und Lehre:

Die Herausforderungen der institutionellen Kultur durch das partizipatorische Lernen (wobei diese Herausforderungen auch hinsichtlich anderer institutioneller Ebenen und Ausprägungen bedacht werden sollten) reichen vom Banalen zum Grundsätzlichen, von Disziplinarmaßnahmen gegen protokollwidriges und unkonventionelles Verhalten bis zu normativen Vorstellungen davon, was Wissen konstituiert und wie es autorisiert wird. [S. 36]

Keine Experimente?

Viele Formulierungen des Berichts sind nicht neu. Was die Autoren als partizipatorisches Lernen verstehen, ist viel älter als das Web—und tatsächlich ist das Web nicht zuletzt entstanden, um einen Austausch von Wissen und Informationen unabhängig von bremsenden Hierarchien jeder Art zu ermöglichen. Es ist weit mehr Folge als Ursache des Bedarfs nach neuen Formen des Lernens.

Aus meiner Sicht als Lehrer an einer Fachhochschule verstehe ich den Report als Ermutigung, mit der Vermittlung und den Definitionen des zu vermittelnden Wissens zu experimentieren. Zu den Formen können Barcamps gehören, aber auch Vernetzungen von Lehrveranstaltungen mit der Vermittlung von Wissen außerhalb der Hochschule, z.B. in Medien oder in Unternehmen. Partizipatorisches Lernen an der Hochschule wird nur funktionieren, wenn die Studenten selbständiger und selbstbewusster werden. Mir ist klar, dass Studierende und Lehrende, die die Möglichkeiten und Herausforderungen des Webs ernst nehmen, immer wieder auf aggressiven Widerstand stoßen werden: Auch in Hochschulen fühlen sich viele bedroht, wenn Hierarchien in Frage gestellt werden. Ich bin mir aber sicher, dass Klonierungskulturen nicht in das Fachhochschulwesen passen. Zu Recht werden hier in Österreich FH-Studiengänge höchstens für fünf Jahre akkreditiert, damit sie didaktisch und inhaltlich immer wieder neu begründet werden.

Ergänzung, 13.7.09: In dem Post gehen die Ausdrücke partizipatorisch und partizipativ durcheinander. Partizipativ ist wohl besser.
Die Übersetzungen der Zitate sind von mir. Die Seitenangaben beziehen sich auf das oben verlinkte PDF-Dokument.
Ergänzung, 14.7.09: In der ersten Zeile Link zu MIT-Press hinzugefügt.

Wie viele Webnutzer fürchte ich, nicht satt zu werden. Ich verfolge weit mehr Quellen — meist Newsfeeds und Life-Streams —, als ich verdauen kann. Trotzdem erinnere ich mich selten an einen neuen Geschmack, dafür aber an viel Fades: Blogger, Journalisten und Akademiker kochen fast immer nach denselben Rezepten und geben sich zufrieden, wenn die Gäste nicht rebellieren. Der organische Intellektuelle ernährt sich von Fastfood und Hausmannskost.

Martin Lindner hat mir gestern eine Küche gezeigt, in der eine neue und exakte Verarbeitung Eigenschaften gewöhnlicher Zutaten betont, die bisher niemand herausschmeckte. Venkatesh Rao analysiert in einem langen Post die Rhetorik des Hyperlinks, das er als Wasserstoffmolekül der Information bezeichnet. Rao fragt, welche Rolle Links bei der Konstruktion der Bedeutung eines Texts haben. Ich will seinen komplexen und anspielungsreichen Beitrag hier nicht referieren oder zusammenfassen, dazu muss ich noch mehr über ihn nachdenken. Wer sich dafür interessiert, was Hypertext ist, sollte ihn lesen. (Ich werden ihn beim Unterrichten des Schreibens für das Web sicher als einen Basistext benutzen.) Ich will hier nur drei Gedanken oder Themen hervorheben:

  1. Rao unterscheidet scharf zwischen Hyperlinks und herkömmlichen Verweisen in gedruckten Texten. Mit einem Link kann man auf eine Quelle verweisen, also zitieren, man kann aber auch auf ganz andere Informationen zeigen. Links vermischen Stimme, Figur und Grund, sie öffnen die Texte, geben dem Leser die Möglichkeit, eigene Wege in oder zwischen verschiedenen Texten einzuschlagen und heben letztlich die Einheit des Textes auf, lassen alle Texte zu einem werden.

  2. Rao begründet, warum Links zu einer eigenen Rhetorik von Hypertexten führen. Sie bilden nicht nur eine Zusatzschicht neben oder über anderen Textebenen. Dass sich eine verlinkter Text anders auf seinen Kontext bezieht als ein nicht verlinkter Text, drückt sich auch auf der sprachlich-stilistischen Ebene aus. Der Satz Amitabh stared grimly from a tattered old Sholay poster, ist z.B. für einen nicht-indischen Leser nur mit Zusatzinformationen zu entschlüsseln, die gedruckt anders (durch Kommentierungen und Erläuterungen) gegeben werden müssen als es im Web möglich ist, wo man schreiben kann: Amitabh stared down grimly from a ratty old Sholay poster. (Ich sage das hier sehr trocken; Rao führt es mit Beispielen, farbig und spannend aus.)

  3. Rao zeigt — quasi nebenbei — dass der Leser, wenn er einen Text im Web versteht, sich bei der Konstruktion der Bedeutung anders auf den damit verlinkten Autor bezieht als bei gedruckten Texten. Online-Profile des Autors beeinflussen z.B., wie dessen Blogposts interpretiert werden — und umgekehrt.

Eine wichtige Konsequenz dieser Überlegungen: Das Web ist nicht ein Metamedium, also eine Plattform für Text, Bild, Ton und andere Medien, sondern ein eigenes Medium, dessen Grammatik aud den verschiedenen Typen von Links besteht, die in ihm möglich sind.

Für die Analyse könnte der Ansatz Raos bedeuten, dass man für das Web charakteristische Phänomene als als spezifische Formen von Verlinkung oder zumindest als daran gekoppelt beschreiben kann (Web-Wissenschaft als Link-Wissenschaft). Online-Reputation ließe sich dann als Bedeutungkonstrukt erfassen, das von der Verlinkung von Online-Profilen, persönlichen Äußerungen z.B. in Blogs und einem transparenten sozialen Netzwerk abhängt. Auch für die Formate des Online-Journalismus sind Linktypen charakteristisch, durch die z.B. Blogposts, Wikis, Bookmarks und Foren aufeinander bzw. auf einen Topic bezogen werden. Die verschiedenen Formate von Microcontent (Blogs, Wikis, Microblogs) sind unterschiedliche Formen der Entwicklung von Text um Links herum.

Praktisch heisst das: Man führt in die Kommunikation im Web ein, indem man den Umgang mit Links lehrt. Das hört sich sehr bescheiden an — aber nur so lange, wie man Links als technische Phänomene und nicht als soziale Beziehungen begreift.

Norbert Bolz schreibt in Medienkompetenz und Weltwissen:

Was einer heute weiß, ist das recht zufällige Resultat riskanter Selektionen. Mit Bildung im humanistischen Sinn hat das nichts mehr zu tun. Statt Bildung fordert der Markt ein Lernen des Lernens. In der modernen Welt kann man nicht mehr für das Leben lernen, sondern macht die fundamentale Erfahrung: je mehr man gelernt hat, um so mehr muss man noch lernen. [Texte zur Medientheorie, p.328]

Zufällig bin ich vor ein paar Tagen auf diesen Text gestoßen. Am selben Abend twitterte mir Colin Gregory-Moores:

@heinz We have long paid lip service 2 non-hierarchical learning, but neglected the prerequisites: high-level literacy & critical thinking.

Ich mache immer wieder dieselbe Erfahrung. Nicht-hierarchisches Lernen — selbstgesteuertes Lernen, das sich nicht an fixen Autoritäten und Wissenshierarchien orientieren kann — setzt ein hohes Maß an Bildung und Kritikfähigkeit voraus. Dem Satz von Norbert Bolz würde ich entgegenhalten: Lernen des Lernens funktioniert nicht ohne Bildung — oder: Es ist eine ihrer wichtigsten Komponenten.