Angeregt durch die Mobile Journalism Site von Marcus Bösch habe ich am Wochenende das iPhone-photography-ebook von Misho Baranovic gelesen, und jetzt experimentiere ich zum ersten Mal ernsthafter mit der iPhone-Kamera. (Ich bin ein Android- und Google-Fan, aber die Kamera meines Nexus 5 bleibt leider um Dimensionen hinter der des iPhone zurück.)

In eine Folge von praktischen Tutorials hat Baranovic Interviews mit Protagonisten der iPhone-Fotografie eingestreut, die für mich die wichtigsten Teile des Buchs sind. Jedes Interview beleuchtet einen Aspekt, der vorher im Tutorial behandelt wurde: Vom Prozess des Aufnehmens und Aufnahmesituationen über die Bildbearbeitung mit mobilen Apps bis zum Sharing und den Beziehungen zwischen mobiler Fotografie und sozialen Medien. Dabei bittet Baranovic seine Interview-Partner immer wieder, an eigenen Bildern zu zeigen, was gerade besprochen wird.

Das Buch ist von 2012. Einige Informationen, vor allem die zu Apps, sind bereits überholt. Da sich Baranovic aber nicht in technischen Details verliert und immer erklärt, was man mit der iPhone-Kamera machen kann, bevor er beschreibt, wie man es macht, kann man seine Darstellungen leicht auf neuere Tools übertragen. Ich benutze selbst Camera Awesome und konnte alles für diese App übersetzen. Ich habe jetzt zum ersten Mal überhaupt einen Überblick über die vielen Photo-Apps und ihre Typen: von One-Touch-Apps wie Hipstamatic, mit denen man einen Aufnahmestil definieren kann, bis zu komplexen Bildbearbeitungs-Apps wie Filterstorm.

Ich kenne die Szenen der Street Photography und der iphoneography nicht. Baranovic‘ Buch werde ich jetzt als Wegweiser benutzen. Die Landschaftsaufnahmen von Robert Paul Jansen und das autobiographische Projekt Kokovoko von Jordi V. Pou bleiben mir nach dem ersten Lesen am intensivsten im Gedächtnis. Das Buch hat einen ausführlichen Referenzteil am Schluss, der außer einer Liste mit Links zünden interviewten Photographen viele weitere Ressourcen aufzählt.

Baranovic hat aus der Haltung heraus geschrieben, die er als Habitus der iphoneography vermittelt: aus dem Moment, auf den Austausch und den Dialog bezogen, mit Aufmerksamkeit für Details und Perspektiven. Eine Haltung, die viele historische Vorfahren hat: vom Flaneur des 19. Jahrhunderts über Simmels Fremden bis zur Aktionsforschung. Diese Haltung ist zugleich wissenschaftlich-analytisch und ästhetisch. Baranovic selbst ist Sozialwissenschaftler und Fotograf. In den verbindenden Teilen erzählt Baranovic, wie er zu dieser Haltung gefunden hat und aus ihr heraus arbeitet. Er ist ein sehr geschickter und unaufdringlicher Missionar eines mobilen Arbeits- und Lebensstils.

Ein Kommentar zu “Misho Baranovic‘ Einführung in die iPhone-Fotografie

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