Ein Leser dieses Blogs, den ich schätze, weil er scharfsinnig ist, hat mich per Email gefragt, ob ich jetzt jemanden für mich schreiben ließe. Die Qualität der Beiträge hätte gravierend abgenommen. Ich habe ihm geantwortet, dass das meine Alltagsform sei. Ich versuche im Augenblick, täglich etwas zu schreiben und es auch zu posten.
Vorher habe ich lange nur einmal in der Woche geschrieben, meist am Sonntag. Durch diesen Rhythmus habe ich meist über Themen geschrieben, über die ich länger nachgedacht hatte. Außerdem habe ich meist relativ sorgfältig nach Links und zusätzlichen Informationen gesucht.
Was bringt es, vom Sonntagsbloggen zum Alltagsbloggen übergehen? Und was ändert sich?
Ich hoffe, dass ich dabei lerne flüssiger zu schreiben. Ich möchte improvisierter bloggen, als ich es gewöhnt bin. Ich weiss, dass Bloggen Jazz ist, nicht klassische Konzertmusik, aber ich habe das bisher zu wenig beherzigt.
Eine Veränderung merke ich: Ich schaffe es zwar oft nur zu einer Zeit zu schreiben, in der ich nicht mehr ganz konzentriert bin. Aber ich muss nicht nach Themen suchen. Ich bin darauf eingestellt zu posten und das Gehirn greift offenbar gern auf, was sich dazu eignet.
Allerdings bin ich nicht sicher, ob ich diese Posts nicht von weiter durchgearbeiteten trennen sollte. Es sind Notizen, keine »fertigen« Texte. Ich habe überlegt, ob ich sie nicht besser in einem sozialen Netzwerk veröffentlichen sollte. Facebook und Google+ sind mir dazu aber zu sehr Konzernplattformen, von deren zukünftiger Politik ich mich nicht abhängig machen möchte. Und Diaspora ist mir zu unfertig; ich kann nicht korrigieren und der RSS-Feed ist noch nicht wirklich brauchbar.
Was mir deutlicher wird: Ob webspezifische Schreibformen wie Blogposts oder Tweets funktionieren, hängt davon ab, wie es den Schreibenden gelingt, mit den Streams zu arbeiten, in die diese Äußerungen eingebettet sind, seien es Kommentare, seien es weitere Posts. Gute Blogposts sind oft keine fertig redigierten Kurzessays, sie können oder müssen überholbar sein. Aber dazu müssen sie ihr Thema aus einer an den Moment gebundenen Perspektive behandeln, also zeigen, was der Autor in einem bestimmten Augenblick sieht und warum er es sieht. Wenn dieser Bezug auf den Moment fehlt, wird das Post zu beliebig, und das passiert beim schnellen Schreiben vielleicht leichter als bei mehrfach überarbeiteten Posts.
Ich weiss nicht, ob ich diesen Schreibrhythmus durchhalten kann, und ich bin selbst nicht sicher, ob ich am Ende mit den Ergebnissen zufrieden bin. Bis jetzt ist der schnelle Rhythmus für mich spannender. Ich kann nur hoffen, dass er die Texte lesbarer und nicht banaler macht.
Machen Sie Ihre Leser nun auch zu Alltagsbloglesern, schließlich sollten in einer Kommunikation alle Teilnehmer das selbe Tempo halten 😉
Finde ich gut. Alltagsbloggen. Würde ich auch gerne wieder hin, aber mache es im Moment nicht.
Habe vor einiger Zeit mit einem Sideblog begonnen, welcher einen eigenen Feed hat und nur in der Seitenspalte des Blogs aufgeführt ist. Ist allerdings auch nicht befriedigend, wenn der Großteil der Beiträge in der Sidebar erscheint, während die Hauptspalte verstaubt. Werde das, so ich wieder mehr blogge, oben die drei letzten aufwändigen Artikel lassen und darunter, vermutlich wieder als Stream, ich mag Streams, alle anderen Beiträge.
Ich habe für mich herausgefunden, dass ich weder das eine noch das andere bin, wenn ich ein Thema zu lange in meinem Kopf „schmoren“ lasse macht es mich wahnsinnig und ich ertappe mich dabei, dass ich andauernd daran denke, was ich dann bloggen werde und wie ich es formulieren werde. Im Endeffekt bin ich dann aber völlig ausgebrannt wenn ich mich dann tatsächlich an den Beitrag setze.
Ich bin dazu übergegangen – Entwürfe zu machen und diese dann weiter zu bearbeiten, das ist für mich zwar auch nur semi-optimal aber ich muss Dinge, die mich beschäftigen aufs „Papier“ bzw. das Bolg bringen – unabhängig ob ich sie hernach veröffentliche.
Liebe Grüße
Lieber Heinz,
die Unterscheidung Alltags- und Sonntagsblogger(in) finde ich schon wieder eine (geniale) Wortschöpfung, die einen komplexen Sachverhalt auf einen (eingängigen) Begriff bringt.
Und ich finde mich – definitiv – in ersterem Begriff wieder.
Die Vorteile für mich:
1. Es ist nach einigen Monaten ein (Lern-)Prozess über meinen Blog ablesbar, weil ich bestimmte Themen immer wieder (und dann hoffentlich auf höherem Niveau) aufgreife.
2. Brüte ich zu lange über ein Thema (Sonntagspost) veröffentliche ich es meist gar nicht. Von daher ist für mich nur Sonntagsbloggen keine Option, da diese im Nicht-Bloggen resultierte.
3. Ich bleibe im Schreibprozess. Schreiben = Denken = Reden = weiter Schreiben.
Bin gespannt, ob Dir das Alltagsbloggen auch auf Dauer liegen wird. Mich würd’s ob der höheren Postingfrequenz von Dir außerordentlich freuen!
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