Ich habe gestern etwas über die Spaltung in den westlichen Gesellschaften notiert: Auf der einen Seite die, die schon mehr oder weniger in der postindustriellen Gesellschaft leben, und auf der anderen Seite die, die in den geschlossenen Nationalstaaten des 20. Jahrhunderts leben wollen. Wenn die Situation heute Ähnlichkeit mit dem ersten Drittel des 20. Jahrhunderts hat, dann vielleicht am ehesten deshalb: Auch damals sind große Teile der Bevölkerung nicht mitgekommen oder nicht mitgenommen worden und haben auf rückwärtsgewandte und scheinbar starke Führungsfiguren mit grotesken Ideologien vertraut. Ich will damit nicht sagen, dass ich die Veränderungen in der Gegenwart als linearen Fortschritt interpretiere. Ich benutze auch den Ausdruck Gesellschaft nur näherungsweise.

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Gemeinsam ist den Themen, über die Dietmar und ich diesmal gesprochen haben, dass es um Social Media und News geht. Sonst hängen sie vor allem dadurch zusammen, dass wir die entsprechenden Links in den letzten Wochen gefunden haben.

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40 Minuten zu Social Media und News mit Dietmar Muchitsch und mir, 5. November 2018

Im Nachhinein denke ich, dass wir von unterschiedlichen Punkten aus auf dasselbe schauen: die Änderungen der Social Media-Nutzung und ihre Folgen, und zwar da, wo sie kommerzielle und politische Konsequenzen hat. Ich merke, dass ich mich selbst immer mehr von einer kommerziellen oder Marketing-Perspektive entferne, aber auch deshalb ist mir dieser Austausch und eine andere Perspektive wichtig. Ich möchte etwas verstehen und nicht nur aus einer Position interpretieren.

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Gestern war der Tag der Midterms in den USA, jetzt gerade ist die Zählung bei 218 Sitzen für die Demokraten im Repräsentantenhaus, also der Mehrheit. Die New York Times schreibt, dass sich die Spaltung des Landes wohl vertieft hat. (Update, 14:00: Jetzt in einer ausführlicheren Analyse: Midterm Election Results: 4 Key Takeaways). Genau wie in Europa gibt es eine Kluft zwischen den urbanen Bezirken, in denen es wirtschaftlich gut geht, und den ländlichen Zonen und wahrscheinlich auch manchen alten Industriestandorten. Diese Spaltung lässt sich mit einem Schema wie Bourgeoisie gegen Proletariat und seinen Abkömmlingen nicht erfassen, und daran müssen die Versuche scheitern, eine traditionelle linke Politik wiederzubeleben. Es ist aber auch klar, dass sich die alte Linke in zwei Gruppen aufspaltet: Diejenigen, die die Verlierer des Endes der alten Industriegesellschaft vertreten und nationalistisch und antiliberal argumentieren (Mélenchon, Wagenknecht) und diejenigen, die innerhalb der neuen digitalisierten, globalisierten oder wie immer man es nennen will, Strukturen gegen den Marktliberalismus und seine Folgen kämpfen (Varoufakis, Hamon, viele Grüne). Auf der Rechten gibt es einen ganz ähnlichen Unterschied zwischen wirtschaftsliberalen Konservativen (wie vielleicht jetzt Merz in Deutschland) und den Nationalisten und Autoritären. Zwischen diesen Lagern geht die liberale Mitte fließend in die liberalen Teilen der Rechten und Linken über. Diese Fraktionierung wird von den Parteien nur z.T. abgebildet – am besten vielleicht noch in Frankreich. Und Mehrheiten kommen nur durch Koalitionen jenseits der alten Lager zusammen, etwas durch Bündnisse der liberalen und antiliberalen Rechten oder die „nicht rechts – nicht links“-Politik von Macron und auch der GroKo in Deutschland.

Noch ein Update, 14:20: Michael Meyer schreibt, auch in Hinblick auf die Midterms, über den Cultural Divide und nennt eine Reihe von Texten dazu: It’s the culture, stupid!.