Fressoz kritisiert in Le GIEC et l’histoire : les racines d’un malentendu (deutsch wörtlich: Der IPCC und die Geschichte: Die Wurzeln eines Missverständnisses, Fressoz, 2024a) die Ansicht, ein „Übergang“ zu erneuerbaren Energien werde zu der nötigen Dekarbonisierung des Energiesystems führen. Als Historiker stellt er fest, dass „phasenorientierte“ (frz: phasiste) Modelle technologischen Wandels den Entwicklungen der Vergangenheit und der Gegenwart nicht entsprechen. Neue Technologien setzen sich fast immer zusätzlich zu älteren durch, statt sie abzulösen. Ältere Technologien und die zu ihnen gehörenden Materialien werden durch die Verwendung neuerer Technologien umdefiniert, aber kaum abgelöst.
Das Wachstum bei den Erneuerbaren hat, wie Fressoz feststellt, bisher nicht zu einer Schrumpfung bei den Fossilen geführt, und es sei völlig unrealistisch, eine solche Schrumpfung von einem „Übergangsprozess“ zu erwarten, wie es auch der IPCC im dritten Teil des sechsten Sachstandsberichts tue.
Fressoz argumentiert mit historischen Fakten und zitiert viel entsprechende Literatur. Der Text gehört in das Umfeld seines Buchs zur Energiegeschichte (Fressoz, 2024c), das inzwischen auch auf Englisch vorliergt (Fressoz, 2024b; Joseph Gepp hat Fressoz dazu ausführlich im Standard interviewt: Fressoz, 2025).
Aus Fressoz’ Kritik an der Ideologie der „Energiewende“ ergibt sich die Forderung nach aktiver und schneller Reduktion der fossilen Energien, um die globale Erhitzung zu begrenzen. Auch wenn Fressoz hier den Ausdruck nicht verwendet, formuliert er eine klare (meiner Ansicht nach zwingende) Argumentation für eine konsequente Degrowth-Politik.