Ein kurzer Hinweis auf ein Video mit einem Vortrag, den Bruno Latour bei der Konferenz What is an
organization? im Mai in Montréal gehalten hat:
(Update: Eingebettetes Video vorläufig herausgenommen, das ich das Autoplay nicht stoppen kann; 21.11.08)
[Weitere Bilder und Videos von der Konferenz
hier.]
Latour wehrt sich dagegen, Organisationen als Organismen
zu
verstehen, in denen sich die Mitglieder befinden. Stattdessen
beschreibt er, wie Organisationen durch Tools und Techniken ihr
Überleben in der Zeit sichern. Die wichtigsten Werkzeuge sind
Scripte, die regeln, wer sich wie verhält und wer welche Kompetenzen
hat. Die Mitglieder sind diesen Skripten zeitweise unterworfen,
zeitweise definieren sie sie neu. Dieses Flip-Flop — eine Zeit
lang unter, eine Zeit lang über dem Script zu stehen — ist für
Organisationen charakteristisch. Die Skripte und die übrigen Techniken
allein können nicht sicherstellen, dass die Organisation dauert, sie
haben eine Ablaufdatum und müssen immer wieder durch neue oder
veränderte Skripte ersetzt werden:
Organisieren ist reorganisieren.
Latour denkt radikal antiessentialistisch: Die Substanz einer
Organisation ist das Resultat der Prozesse des Organisierens, sie
kostet Anstrengung und Arbeit und wird immer wieder neu verhandelt.
Der Vortrag bietet einen guten Einstieg in die Arbeitsweise
Latours. Er ist auch als Performance ein Ereignis, nicht zuletzt wegen
einer durchgehaltenen Ironie, die sich wohl nicht vom Vorgehen Latours
trennen lässt.
An unserer Hochschule möchten wir in einer Gruppe versuchen, soziale Medien mit einer an Latour (und anderen
Forschern in der Tradition der Ethnomethodologie und
Konversationsanalyse) orientierten
Methode zu beschreiben. Der Begriff des Skripts, so wie Latour ihn in
diesem Vortrag verwendet, ist dafür möglicherweise ein guter Ausgangspunkt.