Eine Inhaltsstrategie ist eine Strategie für die Entwicklung und Pflege von Inhalten innerhalb einer Geschäftsstrategie. Sie dient nicht nur dazu, kurzfristig mit bestimmten Inhalten bestimmte Ziele zu erreichen.

Am Beispiel einer Partei: Eine Content-Strategie bezieht sich auf die Entwicklung der Inhalte der Partei, also der Publikationen, in denen die Partei sich und ihre Aktionen darstellt. Man muss sie unterscheiden von einer Kampagnen-Strategie, also der Definition der Inhalte für eine bestimmte Kampagne.

Die Optimierung der Inhalte für eine bestimmte Kampagne kann im Widerspruch zu einer langfristigen Inhaltsstrategie stehen, weil die kurzfristig optimierten Inhalte schwerer wiederverwendbar sind und den langfristigen Kommunikationszielen widersprechen können. Außerdem kann es durchaus sein, dass sie an den Nutzerinteressen vorbei produziert werden. Anders gesagt: Die Orientierung an der Kampagne kann gerade nicht inhaltsstrategisch sein.

Beim einem inhaltsstrategischen Ansatz versuche ich, Inhalte zusammenhängend als einen langfristigen Wert (Asset) für meine User und für meine Organisation zu entwickeln. Das muss man unterscheiden von der Bestimmung der Inhalte für mich selbst, also z.B. einem Parteiprogramm oder einem Aktionsprogramm. Inhalte sind die semantische Komponenten von Publikationen, die sich an User richten und mit denen User etwas tun. (Natürlich können die Mitglieder der eigenen Organisation auch User sein.)

Die Inhaltsstrategie wird entwickelt:

  • durch Analyse der vorhandenen Inhalte und ihrer Defizite
  • durch Analyse der Stakeholder-Bedürfnisse
  • durch die Angabe von Erfolgskriterien
  • durch Analyse der Userbedürfnisse
  • durch Definition von Botschaften und Tonalität
  • durch die Definition von Formaten und Modellen und den Anforderungen an das Content Management
  • durch die Definition von redaktionellen Prozessen (Workflows) und ihren Ergebnissen (Publikationen)
  • durch die Definition von Steuerungsmechanismen (Governance)

Damit eine Inhaltsstrategie erfolgreich ist, müssen alle diese Punkte abgearbeitet werden. Ein Defizit in einem dieser Bereiche kann eine Show-Stopper für die gesamte Strategie sein.

Der strategische Zugang zu den Inhalten besteht darin,

  1. die verschiedenen Aspekte von Inhalten zusammenhängend zu berücksichtigen, also Content holistisch anzugehen;
  2. sich am langfristigen Wert der Inhalte auszurichten, nicht am taktischen Erfolg einzelner Maßnahmen.

Ich nehme als Beispiel eine Contentstrategie für die Grünen im Grazer Griesviertel, die sich auf die Verkehrsplanung am Griesplatz bezieht. Man könnte wie folgt vorgehen:

  • Bestandsaufnahme zu den vorhandenen Inhalten, ihrer Nutzung bisher und ihrer Produktion,
  • Erarbeitung eines Briefing mit den Verantwortlichen (also der Bezirksgruppe der Grünen): Was will man mit den Inhalten erreichen? Was funktioniert derzeit nicht? Beispiel: Weder Wählerinnen noch Mitglieder verstehen, wie wir uns die Verkehrsflüsse am Griesplatz in Zukunft vorstellen.
  • Angabe von Erfolgskriterien: Wir haben eine Website, durch die jede und jeder im Viertel sofort verstehen kann, was die grüne Position zu diesem Problem ist und wie sie begründet ist. Wir stellen den Erfolg aufgrund der Nutzerzahl der Website sowie von Interaktionen wie Newsletter-Abos, Kontaktaufnahmen, wiederkehrender Besuch fest.
  • Analyse der User-Bedürfnisse: Wir verstehen, wer sich für die Entwicklung des Verkehrs am Griesplatz interessiert und welche Inhalte für die BewohnerInnen wichtig sind, um uns zu unterstützen.
  • Definition der Botschaften: Wir wissen, was und wir wir in allen Publikationen kommunizieren wollen, damit unsere Identität erkennbar ist.
  • Definition von Formaten und Modellen: Wir entwickeln die verschiedenen Inhaltstypen (z.B. Blogposts, Tweets, Fotos, Infografiken, Artikel) und ihre Beziehungen zueinander. Es geht darum, dass die User ein mentales Modell der Situation und ihrer Aktionsmöglichkeiten bekommen.
  • redaktionelle Prozesse: Wir überlegen uns, welche Inhalte wann publiziert werden und mit welche Ressourcen das zu bewerkstelligen ist.
  • Governance: Wir überlegen uns, wer für die Inhalte und ihre Publikation verantwortlich ist und wie der Lebenszyklus der Inhalte gesteuert wird.

Interview mit Klaus von Dohnanyi zur Zukunft der SPD heute im Deutschlandfunk: goo.gl/EFcVpE Ich kann nur zustimmen, vor allem der Aufforderung, angesichts der „Industrie 4.0“ nach vorne und nicht in die Vergangenheit zu schauen. /c @heinwitt

„Trump’s message of intolerance pushed him to victory, not social media algorithms. It may not be a coincidence that the same demographic that is most likely to be disconnected from the internet was most likely to vote for Trump.“

goo.gl/1UKjBT

In dem langen Wired-Artikel über Facebook (Inside Facebook’s Two Years of Hell) werden Content Marketing und Content-Strategie nicht erwähnt. Trotzdem betreffen die Veränderungen bei Facebook auch das Content Marketing. Denn für einen großen Teil der Marketing-Inhalte gilt auch, dass, wie es in dem Artikel heisst, Sensationalismus prämiert wurde, nicht Genauigkeit oder Tiefe. Online-Marketing, das nur dazu dient, Aufmerksamkeit zu erzeugen, unabhängig vom Wert der Inhalte, wird von Facebook, so kann man wenigstens hoffen, in Zukunft nicht belohnt werden.

Mich bringen dieser Artikel und die ganze Debatte darum herum dazu, die Content-Strategie noch deutlicher von „Kommunikation“ im Sinne der Erzeugung von Aufmerksamkeit zu unterscheiden. Wir bilden nicht Marketer aus, die Rezepte anwenden, um Kennzahlen zu steigern. Wir wollen verstehen und lehren, wie man Inhalte entwirft, die ihren Adressaten und ihren Urhebern langfristig am meisten nutzen.

Aufmerksamkeit zu erzeugen, kann nur ein Mittel, nicht das Ziel der Content-Strategie sein. Man braucht keine Content-Strategie, um Suchmaschinen zu manipulieren oder „virale Inhalte“ zu erzeugen. Unser Ziel muss die größtmögliche Qualität der Inhalte für ihre Nutzer sein—so wie Architekten brauchbare Häuser entwerfen sollten und nicht Fassaden behübschen. So gesehen sind Facebook und das Online-Marketing für uns vielleicht viel weniger relevant, als es zunächst wirkt.