Beim Klimareporter weist Linda Schneider auf eine neue Studie der Heinrich-Böll-Stiftung und des Konzeptwerks Neue Ökonomie hin, an der sie selbst mitgearbeitet hat: das Societal Transformation Scenario for Staying Below 1.5°C. Die Studie zeigt, wie das 1,5° Ziel durch eine Degrowth-Strategie erreicht werden kann.

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Ich habe am Sonntag auf einer langen Zugfahrt die Untersuchung zum Treibhausgas-Budget der Stadt Graz gelesen, die das Wegener-Institut vor einem Jahr publiziert hat. Man kann sie vom Portal der Stadt downloaden (PDF). Es handelt sich um die erste umfassende Untersuchung zum CO2-Budget der Stadt. Sie stellt dar, vieviel Treibhausgase die Stadt durch Produktion und Konsum erzeugt, und wieviele Anteile auf die einzelnen Sparten und Branchen entfallen. Außerdem haben die Autoren berechnet, um wieviel sich die Emissionen pro Jahr reduzieren müssen, damit Graz einen seiner Bevölkerungszahl entsprechenden, gerechten Anteil dazu beiträgt, dass die Ziele des Pariser Abkommens erreicht werden. Karl Steininger, der die Studie mit Christian Pichler verfasst hat, hat sich auch in anderen Publikationen mit Treibhausbudgets auf der Ebene lokaler Akteure beschäftigt, so 2020 in einem Papier zum Treibhausbudget der Stadt Wien.

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Habe eben den Artikel RCP8.5 tracks cumulative CO2 emissions (Schwalm, Glendon, and Duffy 2020) gelesen, über den in vielen Medien berichtet wurde (meine Hypothesis-Annotationen hier). Es geht darum, welches der Szenarien, die der Weltklimarat für die zukünftige Entwicklung vorgeschlagen hat, am realistischsten ist. Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass das Worst Case-Szenario RCP8.5 vom bisherigen Verlauf der CO2 Emissionen bestätigt wird: Die kumulierten Emissionen bis 2005 weichen nur um ca. 1% von diesem Szenario ab. Andererseits stellen sie fest, dass dieses Szenario auch die Risiken der wahrscheinlichen Entwicklung bis 2050 am besten erfasst. Zwar sind die aktuellen CO2-Emissionen niedriger als in RCP8.5—sie liegen zwischen diesem Szenario und dem nächstschlimmen RCP4.5. Aber die inzwischen bekannten Feedback-Mechanismen (z.B. Auftauen des Permafrosts, Zerstörung von Böden, zunehmende Waldbrände) tragen zusätzlich zum Treibhauseffekt bei, so dass das Business-as-usual-Szenario RCP8.5 den tatsächlichen Risiken der aktuellen Entwicklung am besten entspricht.


Kumulative Emissionen seit 2005

Gesamte kumulierte CO2-Emissionen von 2005 bis 2020, 2030 und 2050. Datenquellen: Historische Daten aus dem Global Carbon Project (6); Emissionen, die mit den RCPs übereinstimmen, stammen aus der RCP-Datenbank Version 2.0.5 (https://tntcat.iiasa.ac.at/RcpDb/); „business as usual“ und „business as intended“ stammen aus den Szenarien „Current Policies“ bzw. „Stated Policies“ der IEA (9). Die IEA-Daten (nur fossile Brennstoffe aus der Energienutzung) wurden mit der zukünftigen Landnutzung und den Industrieemissionen kombiniert, um die gesamten CO2-Emissionen zu schätzen. Die zukünftigen Landnutzungsemissionen wurden anhand linearer Trendanpassung an die Landnutzungsemissionsdaten des Global Carbon Project von 2005 bis 2019 geschätzt (6). Industrieemissionen werden auf 10% der Gesamtemissionen geschätzt. Die endgültigen IEA-Daten verwenden historische Werte bis 2020 und danach Szenariowerte. Biotische Rückkopplungen sind in keiner IEA-basierten Schätzung enthalten. Es ist zu beachten, dass die RCP-Antriebsniveaus (im Original: forcing levels) die Summe der biotischen Rückkopplungen und der menschlichen Emissionen darstellen sollen. (Übersetzung der Original-Bildunterschrift mit Hilfe von https://www.deepl.com/translator). Originalgrafik: https://www.pnas.org/content/early/2020/07/30/2007117117/tab-figures-data. Distributed under Creative Commons Attribution-NonCommercial-NoDerivatives License 4.0 (CC BY-NC-ND)

Ein Hintergrund dieser Veröffentlichung in den Proceedings der Akademie der Wissenschaften der USA sind Forschungen zur Klimasensitivität. Soweit ich informiert bin, ist dabei vor allem die Studie An assessment of Earth’s climate sensitivity using multiple lines of evidence (und das öffentliche Echo auf sie) relevant (Sherwood et al. 2020), bei der das radiative forcing, der Strahlungs-Antrieb, zu dem eine Verdoppelung der Treibhaugase gegenüber dem vorindustriellen Niveau führt, genauer angegeben wird als bisher. Sie beträgt danach mit 66% Wahrscheinlichkeit 2.6‐3.9 Grad Kelvin.

Zeke Hausfather, einer der Autoren dieser Studie hat zu der Verteidigung von RCP8.5 in einem Twitter-Thread kritisch Stellung genommen. Darin geht er auf eine Reihe weiterer Forschungen und Modelle ein, aus denen sich ihm zufolge eine Relativierung der Wahrscheinlichkeit von RCP8.5 ergibt—wenn man das so formulieren darf.

Hinter der auf viele esoterisch wirkenden Frage nach der Wahrscheinlichkeit von RCP8.5 steht das—soweit man es wissen kann—wichtigste gesellschaftliche Problem der Gegenwart—ob und wie sich vermeiden lässt, dass die Erde das Holozän endgültig verlässt und sich zu einem Treibhaus entwickelt. Mich interessiert hier, wie dabei das Verhältnis von wissenschaftlichen, journalistischen und anderen Inhalten oder Veröffentlichungen zueinander ist, und ob sich Content-Strategien für diese Art von wissenschaftlicher Diskussion formulieren lassen. Wenn man wissenschaftliche Veröffentlichungen wie die zu RCP8.5 liest, merkt man schnell, dass sich hier nicht eine politische oder praktische Ebene von einer wissenschaftlichen abtrennen lässt, sondern dass es um die Interpretation komplexer Fakten geht, die, lax formuliert, sowohl naturwissenschaftlichen wie politischen Charakter haben, und die aber nicht (wie von den Klimaleugnern betrieben), politisiert werden dürfen, um unliebsame Folgen erkannter Fakten zu vertuschen.

Nachweise

Schwalm, Christopher R., Spencer Glendon, and Philip B. Duffy. 2020. “RCP8.5 Tracks Cumulative CO 2 Emissions.” Proceedings of the National Academy of Sciences, August, 202007117. doi:10.1073/pnas.2007117117.
Sherwood, S., M. J. Webb, J. D. Annan, K. C. Armour, P. M. Forster, J. C. Hargreaves, G. Hegerl, et al. 2020. “An Assessment of Earth’s Climate Sensitivity Using Multiple Lines of Evidence.” Reviews of Geophysics, July. doi:10.1029/2019RG000678.

Am Wochenende habe ich zwei wichtige Texte gelesen, die zentrale und meiner Ansicht nach nicht widerlegte Argumente dafür enthalten, für einen sofortigen und radikalen Wechsel unseres Wirtschaftssystems zu kämpfen. Die Argumentation der beiden Texte findet auf verschiedenen Ebenen statt. Es gibt aber viele Berührungspunkte zwischen ihnen. Beide stammen vom August 2018. In beiden geht es um die Risiken, die damit verbunden sind, dass bei einer weiteren Aufheizung der Erdatmosphäre Tipping Points erreicht werden. Jenseits dieser Kipp-Punkte ist eine noch schnellere und viel weiter gehende Erhitzung der Atmosphäre nicht mehr aufzuhalten. Diese Erhitzung ist mit dem Risiko verbunden, dass menschliches Leben nur noch auf Teilen der Erde oder überhaupt nicht mehr möglich ist.

Hothouse Earth Paper, Abbildung 1 (Quelle: siehe Text)
Hothouse Earth Paper, Abbildung 1 (Quelle: siehe Text): Eine schematische Darstellung möglicher zukünftiger Klimapfade vor dem Hintergrund der typischen glazial-interglazialen Zyklen (unten links). Der interglaziale Zustand des Erdsystems befindet sich an der Spitze des glazial-interglazialen Zyklus, während der glaziale Zustand am unteren Ende liegt. Der Meeresspiegel folgt der Temperaturänderung relativ langsam durch thermische Ausdehnung und das Abschmelzen von Gletschern und Eiskappen. Die horizontale Linie in der Mitte der Abbildung stellt das vorindustrielle Temperaturniveau dar, und die aktuelle Position des Erdsystems wird durch die kleine Kugel auf der roten Linie in der Nähe der Abweichung zwischen den Pfaden der stabilisierten Erde und der Treibhauserde dargestellt. Der vorgeschlagene planetarische Schwellenwert bei ∼2 °C über dem vorindustriellen Niveau ist ebenfalls dargestellt. Die Buchstaben entlang der Wege zur stabilisierten Erde/Treibhaus-Erde stellen vier Zeitabschnitte in der jüngsten Vergangenheit der Erde dar, die Einblicke in Positionen entlang dieser Wege geben können ( A, Mittel-Holozän; B, Eemisch; C, Mittel-Pliozän; und D, Mittel-Miozän. Ihre Positionen auf dem Weg sind nur annähernd.)
Übersetzt von H.W. mit Hilfe von www.DeepL.com/Translator
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In der letzten Woche hat Dieter Gerten vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung in der katholischen Hochschulgemeinde einen Vortrag über das Leben innerhalb der planetaren Grenzen gehalten.

Ich habe mich für den Vortrage und den Vortragenden auch interessiert, weil das Potsdam-Institut für mich inzwischen zu einem wichtigen intellektuellen Orientierungspunkt geworden ist. Auf das Institut gestoßen bin ich durch eine Diskussion zwischen Bruno Latour und Hans Joachim Schellnhuber im letzten Jahr.

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