Viel Neues fällt mir nicht ein zu der Debatte, die Armin Thurnher durch seinen ISPA-Auftritt und seinen Leitartikel wieder angefacht hat— Helge und viele andere haben genug Antworten gegeben. Ich hatte vermutet, Thurnher würde das Thema nicht mehr aufgreifen, um sich nicht weiter zu demontieren. Aber er nimmt einer Szene, die den Falter ernst nimmt, übel, dass sie dessen Chefredakteur nicht mehr ernst nimmt—jedenfalls nicht, wenn er sich über das Internet äußert, über das er—Entschuldigung !—losschwadroniert, als könne man es (deliberativ) in den Griff bekommen, indem man ausmacht und diskutiert, wieviel an ihm gut und wieviel schlecht ist.
Thurnher schreibt lieber (und besser) über Thurnher als über das Web; er inszeniert sich theatralisch als Opfer einer Hetzmeute und als Sachwalter der Aufklärung. Helge vergleicht ihn mit einem spätmittelalterlichen Abt (und denkt vielleicht an Johannes Trithemius, dessen gedruckte Polemik gegen den Buchdruck Clay Shirky aufgriff). Aus meinem Studium fallen mir Gottsched und der Sturm und Drang ein—ich weiß nicht, wie weit der Vergleich trägt.
Schade finde ich, dass Thurnher seinen Kritikern nicht seine Augenhöhe zutraut, dass er ihnen nicht einmal Artikulationsfähigkeit zuspricht: Sie blöken und jaulen. Und weil sie als Masse den großen Einzelnen Thurnher verfolgen, werden auch nur die wenigsten namentlich erwähnt. Wer sich nur akklamativ statt deliberativ äußert, wird auch als Quelle nicht verlinkt. (Helge hat es allerdings geschafft, den Falter zum Print-Linkjournalismus zu bewegen—hoffentlich nicht nur bei seiner Antwort auf Thurnher.) Thurnher fordert den Diskurs, aber er spricht nicht mit seinen Kritikern, sondern polemisiert über sie.
Wenn ich es richtig sehe, gehöre auch ich zu den implizit Erwähnten. Thurnher wirft mir vor, ich traue ihm nicht zu Blogs zu lesen. Für den Fall, dass er diesen Beitrag findet, empfehle ich ihm das Cluetrain Manifesto, vor allem die Sätze 3 und 4:
Conversations among human beings sound human. They are conducted in a human voice.
Whether delivering information, opinions, perspectives, dissenting arguments or humorous asides, the human voice is typically open, natural, uncontrived.
Wir suchen einen Dialog mit menschlicher Stimme. Es liegt auch an Armin Thurnher, ob er zustande kommt.