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Screenshot, wirbrauchenkultur, 
Ein Projekt des ausreißer_Die Wandzeitung, Redaktion: Joachim Hainzl, Evelyn Schalk, Eva Ursprung
Design: Azam Shadpour
Supported by Kunsthaus Graz u. v. m.

Ana und ich waren gestern auf der Textperformance Das Alphabet des Autoritären im Kunsthaus. Evelyn Schalk, Joachim Hainzl und Eva Ursprung trugen einen dreistimmigen Text vor. Jede der drei Stimmen bestand aus Abschnitten, die jeweils mit einem Buchstaben des Alphabets und einem Stichwort überschrieben waren oder nur daraus bestanden, also zum Beispiel K wie Klimaterroristen.

Evelyn Schalks Teil enthielt längere Reflexionen über den immer stärkeren Faschismus hier in der Steiermark, aber auch in vielen anderen Regionen, und auf den Hass gegen die Ränder und das Außen. Eva Ursprung sprach aus der Position einer praktizierenden Künstlerin, die in ihrer Arbeit in Frage stellt, was gerade als Wirklichkeit vorgegeben wird. Joachim Hainzl, der den längsten Part hatte, zitierte Statements von der Facebookseite des steirischen Landeshauptmanns Mario Kunasek. Diese Statements einer Vielzahl von Fans oder Freunden des Landeshauptmanns rufen fast alle mehr oder weniger direkt zur Gewalt auf und erklären die freiheitliche Partei zur Vertreterin der Mehrheit der Bevölkerung gegen die undemokratischen „linken“, gerne auch „linkslinken“ Politikerinnen und Politiker der anderen Parteien. Kunasek hat diese Kommentare offensichtlich nicht gelöscht. Hainzl sprach Dialekt, trug die unsäglichen Zitate kabarettistisch vor und erklärte ihre Herkunft erst ganz am Ende.

Ohne Codewörter können Faschismus und Autoritarismus sich nicht durchsetzen. Die Veranstaltung gestern inszenierte unterhaltsam, aber vor allem auf gruselige Weise ein Lexikon dieser Codewörter und einiger Begriffe zu ihrer Analyse. Die FPÖ tut alles, um ihre Codewörter zu normalisieren. Diese Wörter und die mit ihnen verbundenen, emotional hochbesetzten scheinbaren Selbstverständlichkeiten sind soziale Objekte, über die sich die mit den Autoritären Sympathisierenden leicht zusammenfinden können. Ein Teil dieser Codewörter, zum Beispiel „Hausverstand“, kommt auch in anderen politischen und öffentlichen Diskursen vor. Sie schaffen eine Grauzone, in der die autoritären ideologischen Konstrukte mit dem Mehrheitskonsens zusammenfließen, obwohl der Zusammenhang immer deutlich macht, wer hier warum spricht.

Die Normalisierung des Autoritären und Faschistischen scheint mir die Aufgabe der jetzigen steiermärkischen Landesregierung im FPÖ-Playbook zu sein. Hier wird ein anderer Stil des Rechtsradikalismus praktiziert als der polarisierende eines Höcke oder auch Kickl, aber beide gehören zusammen. Die ÖVP setzt ihnen in ihrem Opportunismus und ihrer Wirtschaftshörigkeit keinen spürbaren Widerstand entgegen.

Die Performance gestern war Abschluss der #_Wir_brauchen_Kultur-Ausstellung, in der sich das Grazer Kunsthaus mit der steirischen freien Szene und besonders mit dem ausreißer solidarisierte, den das Land Steiermark durch eine offensichtlich politisch motivierte Streichung aller Förderungen in seiner Existenz bedroht. Ich hoffe, dass sie noch oft, und dass sie vor allem auch an Schulen vorgetragen und diskutiert wird. Die Wörter des autoritären Vokabulars sind Symptome des Verlangen nach Unterdrückung und Vernichtung der „anderen“. Dieses Verlangen schlägt in offenen Terror um, wenn die Autoritären – wie die FPÖ-Partner Trump und Putin – die Macht erobert haben.

One thought on “„Das Alphabet des Autoritären“: eine Warnung vor der Faschisierung der Steiermark

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