Was kann ich mit Facebook machen? Viel mehr als ich weiss, und mit jeder Entwicklerkonferenz wird es noch mehr. Selbst wer Facebook beruflich halbwegs verfolgt, wie ich es tun muss, kommt kaum mit. Die Möglichkeiten für Firmen wachsen im selben Tempo. Facebook wird zu einem Tool für everything social. Und Google versucht es noch zu übertreffen, um sich nicht zu viel vom Kuchen der Werbeerlöse abjagen zu lassen.
Facebook wird zum Microsoft Word der Social Networks. Die unüberschaubar vielen Funktionen sind dabei nur ein Problem. Ich habe zunehmend den Verdacht, dass sich einige von ihnen auch widersprechen. Zum Beispiel ist ein universales Kommunikationstool wahrscheinlich nicht gut als Umgebung für persönliche Mitteilungen geeignet. Circles und Freundeslisten blähen die Dienste nur noch weiter auf. Sie machen sie zu Meta-Netzwerken, und die sind wohl eben keine sozialen Netzwerke—im positiven Fall vielleicht eher ein Ersatz für Email.
Ich benutze seit zwei Wochen intensiver Path. Path ist ein leightweight social network mit Funktionen, die im Vergleich zu Facebook reduziert sind, allerdings kommen sie mir auch eine Stufe durchdachter vor. Man teilt nicht Statusmeldungen, sondern Momente, und man teilt sie mit höchstens 150 Menschen. Man kann mit Path nicht alles machen, aber einiges gut. So wie man auch mit Pinboard kein universales Kuratiertool hat, aber alles, was man zum Social Bookmarking braucht. Oder—das ist ein ganz anderer Bereich—wie man mit dem IA Writer besser schreiben kann als mit MS Word, weil man eben nur damit schreibt und nicht auch noch Texte formatiert, organisiert und mit anderen Anwendungen verbindet.
Mir ist Twitter immer sympathischer gewesen als Facebook, weil es so minimalistisch ist. Ich habe mich mit dem neuen Twitter noch nicht genug beschäftigt, aber ich fürchte, dass Twitter auch dabei ist sich aufzublähen. Allerdings ist Twitter schwerer zu ersetzen als Facebook. Twitter hat ein eigenes Inhaltsformat, Facebook nicht.
Ich habe auch noch einen anderen Zweifel an Facebook, der nicht so sehr mit den technischen Funktionen zusammenhängt, sondern mit der Art der sozialen Beziehungen dort (vielen anderen ist er vielleicht eher gekommen): In einem universalen Netz benutzt man möglicherweise unweigerlich Privates und Persönliches für professionelle oder wirtschaftliche Zwecke. Meine Freunde sind ein Ausweis meiner Reputation, sie vervielfältigen meine Botschaften, und sie bekommen vielleicht auch noch Hinweise auf Produkte zugespielt, die mir gefallen. Auch hier könnte es eine strukturelle Schwierigkeit geben: Die verschiedenen Beziehungstypen lassen sich vielleicht nicht in einem System oder Netzwerk harmonisieren.
Ich möchte mich hier nicht in einer Prognose für Facebook versuchen, und ich bin auch kein Facebook-Gegner. Aber ich merke, dass Facebook für mich persönlich an eine Grenze gestoßen ist. Alles, was ich mit Facebook machen kann, kann ich mit anderen Diensten noch besser machen. Die Vorstellung eines universalen sozialen Netzwerks ist möglicherweise in sich falsch, unabhängig davon, ob Facebook einzelnes weiter optimieren kann oder nicht.