Am Freitag habe ich versucht, mit Studierenden unseres Studiengangs zu diskutieren, wie man Content-Strategie und Klimakommunikation im weitesten Sinn verbinden kann. Mich interessiert dabei nicht so sehr, wie man Content-Marketing oder PR für Inhalte der Klimabewegung machen kann, sondern ob und wie der Wahrheitsanspruch von Inhalten für die Content-Strategie relevant werden kann. Ich habe versucht, mich von verschiedenen Ausgangspunkten aus auf dieses Thema zuzubewegen:

  1. der Verbindung der Begriffe Bedeutung und Wahrheit in der analytischen Philosophie, vor allem bei Donald Davidson,
  2. der Unterscheidung zwischen Effizienz und Qualität von Inhalten, auf die ich durch Lucie Hyde aufmerksam geworden bin,
  3. der Problematik der Network Propaganda, wie sie nach der Wahl Trumps von Yochai Benkler u.a. untersucht worden ist,
  4. den Untersuchungen Naomi Oreskes‘ zur antiwissenschaftlichen Propaganda der fossilen Energiewirtschaft und zu einer wirkungsvollen Wissenschaftskommunikation,
  5. Margot Bloomsteins Überlegungen zum Designing for Trust in an Uncertain World.

Ich kenne oder verstehe diese Ansätze selbst unterschiedlich gut. Von und über Naomi Oreskes habe ich bisher nur Zeitungsartikel und Passagen in ihrem neuen Buch gelesen. Mit Aufsätzen von Davidson (den ich vor sehr langer Zeit in München bei einem Vortrag erlebt habe) habe ich mich immer wieder beschäftigt, ich kann aber nicht behaupten, dass ich seine Argumentationen ganz verstehe.

Ich versuche, von diesen Ausgangspunkten aus Thesen zu formulieren (was ich am Freitag noch nicht geschafft habe):

  1. Man kann nicht definieren, was Content ist, wenn man nicht berücksichtigt, dass er wahr oder falsch sein kann, also aussagt, wie etwas ist.
  2. Zu den Standards, die man braucht, um die Qualität von Inhalten zu bestimmen, kann und sollte der Anspruch auf überprüfbare Wahrheit gehören.
  3. Jede Art von Content-Strategie findet heute in einem durch Propaganda vergifteten Diskurs-Universum statt und muss sich in dem Kontinuum der rationalen Diskussion von Wahrheitsanprüchen situieren.
  4. Gegen die antiwissenschaftliche Propaganda interessierter Unternehmen und Unternehmer reicht es nicht, auf der Wahrheit wissenschaftlicher Erkenntnisse zu bestehen, sondern man muss Vertrauen in wissenschaftliche Communities erzeugen.
  5. Design for Trust bedeutet—gerade bei der Wissenschaftskommunikation—zu zeigen, wie wissenschaftliche Erkenntnisse entstehen und wie und wann sie revidiert werden.

Ich bin über diese Überlegungen noch nicht hinausgekommen. Ich weiss, dass sie umständlich sind. Aber vielleicht helfen sie dabei zu erfassen, was die Aufgaben der Content-Strategie in Verbindung mit der Kommunikation wissenschaftlicher Ergebnisse sein können. Zur Nützlichkeit und Nutzbarkeit von Inhalten gehört auch ihre Vertrauenswürdigkeit, und umgekehrt kann Vertrauen ein Ziel der content-strategischen Arbeit sein.

Vielleicht kommt man über die Begriffe des Vertrauen und Vertrauenswürdigkeit über eine eklektische Zusammenstellung von Ausgangspunkten zu dieser Thematik hinaus. Vertrauenswürdigkeit kann man als eine inhärente Qualität von Inhalten verstehen. In der Wissenschaftskommunikation im weitesten Sinn und konkret in der Klimakommunikation ist Vertrauenswürdigkeit ein explizites Ziel content-strategischer Arbeit, während sie sonst oft ein implizites Ziel bleibt. Vertrauenswürdigkeit hängt immer mit der Herstellung einer Beziehung zu Akteuren zusammen, übrigens auch innerhalb eines wissenschaftlichen Textes. Die Aufgaben von Content-Strategen in der Klimakommunikation wären dann immer auch damit verbunden—oder liefen darin zusammen—berechtigtes Vertrauen in Inhalte herzustellen.

5 Kommentare zu “Eine Rolle der Content-Strategie in der Klimakommunikation: Herstellung von Vertrauen

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