In seinem Kommentar in der Kleinen Zeitung am Sonntag hat Hubert Patterer den Wiener Demonstranten gegen die schwarz-blaue Koalition vorgeworfen, sie schwängen die Nazi-Keule. Wer der Regierung eine rechtsextreme Gesinnung vorwerfe, banalisiere die Begriffe und mache sie beliebig.


Patterer verwendet den Ausdruck Nazi-Keule in der Überschrift, um auf seinen Artikel aufmerksam zu machen. Tatsächlich schwingt er die Nazi-Keule selbst in umgekehrter Richtung. Wer Teile der Regierung als rechtsextrem angreift, der setzt, so muss man schließen, die gesamte Regierung mit den Nazis gleich. Diese Vergröberung entschuldigt die FPÖ und diejenigen, die ihr politisch und publizistisch in die Regierung geholfen haben.
Die FPÖ hat zum Nationalsozialismus eine Beziehung, die man in der Semiotik als Kontiguität bezeichnet. Sie streift an, wie man in Österreich sagt, aber immer so, dass sie sich bei Bedarf sofort distanzieren kann. Kickls Formulierung vom Konzentrieren der Flüchtlinge ist dafür genauso charakteristisch wie sein Auftritt vor Identitären und anderen Rechtsextremen in Linz, die Unterstützung der "Aula" oder die Teilnahme der zweiten Nationalratspräsidentin an Julfest-Feiern. Unmissverständlich verweist man auf einen nationalsozialistischen Subtext, überlässt es aber dem Gegner, die Bedeutung dieser Signale zu formulieren, um dann laut "Haltet den Dieb!" schreien zu können. Kickl und die FPÖ haben dieses Spiel mit Doppeldeutigkeiten zur Virtuosität entwickelt. Wer den Gegnern Panikmache vorwirft, muss darauf achten nicht auf diese Strategie hineinzufallen.
Es geht nicht um die Scheinfrage, ob es sich bei der FPÖ nun tatsächlich um Nazis handelt oder nicht. Die FPÖ identifiziert sich selbst ganz offen mit den Gegnern der westlichen liberalen Demokratie. An dem Wochenende, an dem Patterers Kommentar erschien, hat Strache damit angegeben, wenn die FPÖ alleine wäre, könne sie es wie Orbán machen. Ein paar Tage davor haben er und sein Fraktionsvorsitzender sich von den Separatisten der Republika Srpska feiern lassen. Die FPÖ hat ein Kooperationsabkommen mit der Partei des russischen Diktators Putin geschlossen.
Wie andere bürgerliche Kommentatoren verharmlost Patterer die feindliche Haltung der FPÖ gegenüber einer offenen Gesellschaft. Für mich ist das ein Symptom für das Versagen der österreichischen Eliten, das die Regierungsbeteiligung der FPÖ erst möglich gemacht hat.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.