Nach dem LG-Protestmarsch, 27.5.2023
Nach dem LG-Protestmarsch, 27.5.2023

Ich war gestern auf der Protestdemo der Letzten Generation gegen die Razzien in Deutschland. Das Ganze war ein langsamer Protestmarsch, der am Lendplatz begann. Vorne und hinten gingen Leute von der letzten Generation. Vom Marierhilferplatz aus führte der Marsch auf die Straße an der Mur. Dort löste die Polizei die Kundgebung vor dem Kunsthaus auf. Die Menschen der Letzten Generation klebten sich an der Straße fest, alle anderen gingen auf die Gehsteige. Die Polizei löste die Angeklebten einzeln ab. Die Leute auf den Gehsteigen – zwischen 50 und 100 – klatschten und skandierten „Ihr seit nicht allein!“ und „Menschen schützen ist kein Verbrechen!“, und das lang und laut.

Dann kam eine zweite, drohende Durchsage der Polizei: Die Versammlung sei aufgelöst und die „Sympathisanten“ müssten sich sofort entfernen. Es werde gefilmt, man nehme Personalien auf, und wer bleibe, müsse damit rechnen, angezeigt zu werden. Ich habe dem Polizisten in Zivil, der diese Durchsage gemacht hatte, gesagt, dass wir ihn unsererseits anzeigen könnten, weil das ein Eingriff in die Meinungsfreiheit sei. Ich wurde nicht nach meinen Personalien gefragt, wohl aber eine Dame, die etwas erregter protestierte. Sie weigerte sich, ging weg, und wurde dann regelrecht überwältigt und mit Schmerzgriffen in ein Polizeifahrzeug gedrängt. Mehrere andere, die auf das Geschehen aufmerksam geworden waren, wurden ziemlich brachial vom Polizeifahrzeug abgedrängt – verbunden mit der Aussage, das sei jetzt auch noch Widerstand gegen die Staatsgewalt. (Ich habe Fotos, ich publiziere sie hier aus Datenschutzgründen nicht.)

Als die Polizei die Versammlung auflöste, bezog sich diese Aussage offensichtlich auf den Marsch auf der Straße. Die Polizei griff auch nicht weiter ein, als die Teilnehmer:innen auf den Gehsteigen blieben. Erst die Sprechchöre und der Applaus für die Angehörigen der Letzten Generatiion – die völlig ruhig die ganze Prozedur über sich ergehen ließen – haben die Polizist:innen offensichtlich irritiert. Dann kam die zweite Auflösungsdurchsage, wobei völlig unklar war, auf wen oder was sie sich bezog. Die Gehsteige waren nicht abgesperrt, und die Polizei ging gegen Leute vor, die dort ihre Meinung äußerten, nicht gegen Passant:innen oder diejenigen, die sie nicht als Kundgebungsteilnehmer:innen identifizieren konnte.

Die Polizist:innen haben mehrfach falsch gehandelt: Sie haben nicht klar gesagt, was unter der Kundgebung zu verstehen ist, und was nicht. Sie haben deutlich aus der eigenen Erregung heraus gehandelt und deshalb nachgeschoben, auch die Proteste auf den Gehsteigen seien Teil der untersagten Kundgebung. Sie sind dann unverhältnismäßig und mit Gewalt gegen eine einzeln Person vorgegangen, die offensichtlich harmlos war.

Ich habe jetzt, um es vorsichtig zu sagen, deutlich weniger Vertrauen in die Polizei in Graz als vorher. Aktivist:innen der Letzten Generation – und auch bei Extinction Rebellion, wo ich mich engagiere – machen Aktionstrainings, um auch in emotional angespannten Situationen ruhig und gewaltos zu handeln. Etwas Vergleichbares scheint es bei den Polizisten, die gestern im Dienst waren, nicht gegeben zu haben. Dass eine Blockade aufgelöst wird, ist nachvollziehbar – aber nicht dass gegen Meinungsäußerungen mit Druck und Gewalt vorgegangen wird.

13 Kommentare zu “Polizei vs. Klimabewegung. Graz, 26. Mai 2023, 17:30 vor dem Kunsthaus.

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