Gleich zu Beginn des letzten Falter-Podcasts Klima und Corona – die Geschichte zweier Krisen1 spricht Hans-Jörg Schellnhuber vom Bauen als dem Elefant im Klimaraum. Ca 40% aller Treibhausgasemissionen hängen direkt oder indirekt mit Gebäuden und dem Bauen zusammen. Beim Bauen und Wohnen, öffentlich und privat, werden die Veränderungen eines neuen Klimaregimes wahrscheinlich deutlicher im Alltag spürbar sein als in jedem anderen gesellschaftlichen Bereich. Trotzdem beschäftigt sich die öffentliche Diskussion viel weniger mit dem Bauen als mit der Mobilität und der Ernährung. Ein Grund dafür ist vielleicht, dass unsere Wohnformen und die Nutzung von öffentlichen Gebäuden und Infrastrukturen uns noch selbstverständlicher sind als die Mobilität und die Ernährung, bei denen wir als Einzelne mehrfach am Tag Entscheidungen treffen oder treffen können. Ein anderer ist möglicherweise, dass das Bauen sehr eng mit anderen Bereichen, z.B. der Energienutzung und den Beziehungen von Arbeit und Freizeit, verbunden ist, so dass es oft nicht selbst zum Thema wird.

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Ich habe neulich über den Aufsatz von Kallis und d’Alisa (D’Alisa & Kallis, 2020) über Degrowth und den Staat geschrieben. Ich denke seitdem weiter über die Thesen dieses Textes zum Staat nach. Ein Anlass dafür ist, dass ich immer wieder merke (oder befürchte), dass marxistische Konzepte, die ich aus der Nach-Achtundsechziger Zeit kenne, in der Klimabewegung wieder aufleben. Mich haben diese Konzepte, ich könnte auch sagen: mich hat diese Ideologie damals selbst stark beeinflusst, und ich habe mich vielleicht nie konsequent von ihr gelöst. Jetzt sehr ich in dem, was in dem Aufsatz als interstitial bezeichnet wird, einem Ausgangspunkt, um das marxistische oder traditionell sozialistische Modell der Transformation in Frage zu stellen – zum Teil vielleicht im Widerspruch zu den Thesen dieses Aufsatzes.

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Degrowth and the State (D’Alisa & Kallis, 2020) ist im ersten Teil ein Literaturbericht, im zweiten Teil die Skizze einer Theorie der Funktion des Staates bei der Transformation zu einer Degrowth-Ökonomie.

Der ausführliche Literaturbericht ordnet die Positionen der Degrowth-Theoretiker zum Staat in drei Gruppen (three logics and visions of systemic transformations: ruptural, interstitial and symbiotic) ein:

  • revolutionäre (ruptural) Ansätze, für die der Überganz zu einer Degrowth-Wirtschaft nur nach einer radikalen Transformation der Gesellschaft möglich ist,
  • interstitial-Ansätze, die darauf setzen, dass sich Elemente einer Degrowth-Ökonomie als eigene Zonen in der bestehenden kapitalistischen Wachstums-Ökonomie entwickeln,
  • symbiotische Ansätze, die auf eine schrittweise Umformung des bestehenden Wirtschafts- und Gesellschaftssystems setzen.
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